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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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und wusch die Nervosität von ihr ab. Sie entspannte sich.
    Sie schlug die Augen auf. Der trächtige Himmel verhieß Regen. Die dunklen Bohlen des Bootsstegs glitten an ihr vorüber. Williams Gesicht geriet ins Blickfeld. Vom Bootssteg aus beobachtete er sie.
    Er starrte sie vollkommen baff an, wie ein kleiner Junge, der gerade einen komisch aussehenden Käfer entdeckt hatte.
    »Hi«, rief sie.
    »Was machen Sie da?«
    »Lass mich treiben.«
    »Wieso?«
    »Das entspannt. Sollten Sie auch mal versuchen.« Zu spät ging ihr auf, dass sich das wie eine Einladung anhörte. Na toll. Einfach toll. War es eigentlich zu viel verlangt, dass sie überlegte, bevor sie den Mund aufmachte? Springen Sie zu mir rein, Lord Bill ! Ich schwimme und hab kaum was an …
    William schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Moment mal. Was sollte das heißen, nein? »Warum nicht?«
    »Ich mag Wasser nicht.«
    »Warum?«
    William verzog das Gesicht. »Es ist nass. Und das Fell … die Haare stinken danach noch stundenlang nach Fisch.«
    Cerise blinzelte. War das sein Ernst? »Schwimmen macht doch Spaß.«
    »Nein. Schwimmen befördert einen von A nach B. Was Sie da machen, ist was anderes. Sie wollen ja nirgendwohin.«
    Er hatte offenbar zu allem was zu sagen, der gute Lord Bill. »Schwimmen tut Ihnen gut, und Ihre kostbaren Haare können Sie anschließend shampoonieren. Sie sehen gut aus, nachdem Sie sie gewaschen haben.«
    Er schnitt eine Grimasse.
    »Ich wette, die Frauen aus dem Weird sagen Ihnen immer, was Sie für tolle Haare haben, Lord Bill.« Jede Wette, dass sie ihm auch ständig sagten, er sei schön wie die Sünde.
    Sein Gesicht verdüsterte sich. »Die Frauen aus dem Weird sagen mir gar nichts. Die reden nur mit mir, wenn ich sie dafür bezahle.«
    Nun, das konnte alles Mögliche bedeuten. William betrachtete sie. »Wenn Sie genug davon haben, in diesem Schlammloch herumzuplanschen, würde ich gerne nach Sicktree aufbrechen.«
    Cerise zog die Augenbrauen hoch. »Schlammloch?«
    »Für Sie mag das ja wie ein riesengroßer, kristallklarer Bergsee aussehen, aber glauben Sie mir, das ist bloß ein schmuddeliger kleiner Tümpel. Ich wette, der Grund besteht auch bloß aus Schlick. Aber statt nach verdorbenen Spaghetti mal nach Fisch zu stinken wäre immerhin ein Fortschritt …«
    Er stand kurz davor, selbst ein Bad in diesem See zu nehmen, wusste es jedoch noch nicht. Cerise kam hoch, fand Halt im schlammigen Untergrund. Das Wasser reichte ihr nurmehr bis unter die Brüste, und das nasse T-Shirt klebte ihr am Leib. Williams Blick haftete an ihrer Brust. Ja, schau ruhig hin, Lord Bill ! Schau ruuuuhig hin !
    Cerise hob eine Hand. William beugte sich vor, bis er fast über dem Wasser hing. Seine kräftigen, trockenen Finger schlossen sich um ihre. Sie lächelte, nahm seine Hand, beugte die Knie und warf in dem Versuch, ihn in den See zu befördern, ihr ganzes Gewicht in die Waagschale.
    Williams Armmuskeln traten vor. Er straffte sich, und sie fühlte sich aus dem Wasser gehoben. Er klaubte sie heraus und hielt sie einen Moment über dem See fest.
    Ihr sträubten sich die Nackenhaare. Niemand war dermaßen stark.
    Die Andeutung eines Lächelns kräuselte Williams Mundwinkel. Er setzte sie vorsichtig auf dem Bootssteg ab und fasste sie bei den Schultern. »Alles okay?«
    Er stand zu nah.
    Cerise hob ihr Kinn. »Alles gut.«
    Er machte ein merkwürdiges Gesicht, eine leicht hungrige, besitzergreifende Miene. Seine Hände auf ihren Schultern fühlten sich trocken und warm an.
    Nur ein kleiner Schritt, und sein Brustkorb würde ihre Brüste berühren.
    Sag was, Idiotin. Hol ihn da raus . »Retten Sie häufig Landstreicherinnen aus Schlammlöchern, Lord Bill?«
    »William«, erklärte er leise. Es klang wie ein Antrag.
    »Wie geht’s Ihrer Seite?«
    Er ließ sie lange genug los, um sein T-Shirt hochzuheben. Der Verband war verschwunden – wahrscheinlich hatte er ihn abgenommen, der Idiot –, die Kratzer waren verschorft. Er besaß tatsächlich gutes Heilfleisch.
    William neigte den Kopf und sah sie an. Es lag nichts Bedrohliches in seinem Blick, dennoch hatte sie das deutliche Gefühl, dass ihr ein großes, umsichtiges Raubtier nachstellte. Sie mussten aus diesem verdammten Sumpf raus, in die Stadt, wo es andere Menschen gab und wo sie ihn loswerden konnte …
    »Schwimmen wäre vielleicht gar nicht so übel«, sagte er.
    Oh, nein. Nein, nein, nein .
    Cerise blickte an ihm vorbei und versuchte, sich etwas einfallen zu lassen. Ihr Blick fiel auf

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