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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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nach. »Nehmen wir an, Sie sind Soldat. Sie haben sich freiwillig zu einem Himmelfahrtskommando gemeldet. Sie übernehmen die Verantwortung für Ihre Sicherheit und setzen Ihr Leben aufs Spiel. Wenn Sie draufgehen, selber schuld, niemand sonst kann etwas dafür. Schließlich hat Sie niemand gezwungen, vorzutreten und sich für den Einsatz zu melden. Ihr Vetter hat sich freiwillig gemeldet. Wenn er jetzt stirbt, ist sein Tod nicht Ihre Schuld.«
    Er musterte sie, aber sie sah kein bisschen besser aus.
    »Das ist wie im Kampf«, fuhr William fort. »Sie greifen an, oder Sie gehen in Deckung. Wenn Sie zögern, sind Sie tot. Wenn Sie einen Fehler machen und was abbekommen, ignorieren Sie den Schmerz, bis der Feind besiegt ist. Sie haben eine Entscheidung getroffen und wurden verwundet, schön, verbinden Sie Ihre Blessuren und machen Sie weiter. Für Bedauern und Haarspalterei ist später noch Zeit, wenn Sie gewonnen haben und mit einer Flasche und einer Frau im Arm auf Urlaub gehen.«
    Cerise sah ihn eine Sekunde lang an.
    Den letzten Teil hätte er sich besser schenken sollen.
    Ein mächtiges Gebrüll, bei dem sich die Haare an Williams Armen aufrichteten, hallte durch den Sumpf. In der Dunkelheit verbarg sich etwas Altes, Riesiges und Brutales und beobachtete sie mit hungrigen Augen. Als es brüllte, klang es, als hätte der Sumpf selbst eine Stimme gefunden, um seine Macht zu behaupten, eher er sie vollends verschlang.
    Ein zweites Brüllen stimmte in das erste ein, diesmal von links. William hob die Armbrust.
    »Der Gesang der alten Alligatoren«, erklärte Cerise.
    Er spähte in die Finsternis zwischen den riesigen Zypressen, beobachtete den Strom, sah jedoch nichts als Dämmer.
    »Danke«, sagte sie leise. »Dafür, dass Sie versucht haben, mich aufzumuntern, und dafür, dass Sie Urow gerettet haben. Das war nicht Ihr Kampf.«
    »Doch, war es«, widersprach er.
    Irgendetwas rührte sich im Geäst links. William legte die Armbrust an. Worum auch immer es sich handelte, es war menschlich und flink.
    Die Gestalt huschte durch die Zweige, in Dämmer gehüllt wie in einen Mantel, und sprang mit einem Satz auf den nächsten Baum. Untersetzter Körper, schwarze Haare. Dann schoss ein zweites Etwas durch die Zweige auf der rechten Seite. Diesmal in Schussweite der Armbrust.
    »Nicht schießen«, zischte Cerise. »Das sind Urows Kinder.«
    Die Gestalt links rannte los und sprang von den Zweigen in den Strom. Der graue Leib glitt durch das Wasser, dann warf sich der Junge aufs Deck.
    Sie schwammen wie die Fische. William nahm sich vor, nie im Wasser mit ihnen zu kämpfen.
    Das Kind erhob sich triefend. Ein junges Gesicht, sechzehn oder siebzehn Jahre alt, aber dieser Bursche war beleibt und muskulös wie ein Bär. Der Junge warf einen Blick auf den Körper des grauen Mannes und fletschte die Zähne zu einem ungezähmten Knurren.
    »Kupfervergiftung«, versetzte Cerise. »Sag deiner Mutter Bescheid, Gaston.«
    Der Junge tauchte unter.
    Der Strom beschrieb hier eine enge Kurve und weitete sich dann zu einem von mächtigen Zypressen gesäumten Teich. Ein Haus mit einer kleinen Terrasse thronte auf Stelzen. Aus Holzbalken und Stein errichtet, mit grün bemoostem Schornstein, sah es aus, als sei es dem Sumpf entsprossen wie ein Pilz.
    Eine Frau lief auf die Terrasse und hielt sich am Geländer fest. Leuchtend rote, zum Zopf geflochtene Haare fielen ihr über die Schultern: Urows Weib.
    Cerise ließ die Zügel schnalzen und entlockte den erschöpften Rolpies die letzten Kraftreserven. Mit einem Stoß erreichten sie den Steg.
    Die Frau funkelte sie an. William hatte den Eindruck, dass er und Cerise, falls ihre Augen Feuer versprüht hätten, auf der Stelle verbrutzelt wären.
    »Verdammt, Cerise. Was hast du ihm angetan?«
    Cerises Gesicht erstarrte zu einer undurchdringlichen Maske. Dann kehrte sie der Frau den Rücken zu. »William, helfen Sie mir, ihn hochzuheben?«
    »Kommt mit«, schnappte Urows Weib und lief voran.
    William fasste Urow unter den Armen und hielt inne, da er nicht wusste, wie er zweihundert Kilo Lebendgewicht auf den Bootssteg wuchten sollte. Da tauchte ein weiteres von Urows Kindern auf und stemmte sich an Bord. Dieser Bursche war älter und ebenso muskelbepackt wie sein Vater. Er griff nach dessen Beinen, und gemeinsam trugen sie ihn über den Landungssteg und weiter ins Haus.
    »Schnell!«, rief Urows Frau. »Hier, auf den Boden.«
    William folgte dem Jungen durch die Tür. Durch den engen Innenraum

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