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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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fernhielt.
    Er zwang sich, trotzdem nach dem Schal zu greifen.
    »Nein!« Kaldar umklammerte sein Handgelenk.
    »Nicht anfassen«, sagte Catherine. »Es ist sehr empfindlich, und Sie machen sich bloß die Finger schmutzig. Deshalb trage ich Handschuhe. Sehen Sie?« Sie krümmte die Finger vor ihm.
    Sie log. Diese schöne Ikone mit dem netten Lächeln log, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Er musste jetzt etwas Menschliches sagen. »Tut mir leid.«
    »Schon gut.« Kaldars Finger ließen sein Handgelenk los. »Sie ist nicht eingeschnappt. Oder, Cath?«
    »Ganz und gar nicht.« Catherine schenkte ihm ein nettes, warmherziges Lächeln, während ihre Hände weiter vergiftetes Garn verhäkelten.
    Was für eine Familie.
    »Gut, also, dann geh ich mal was Essbares besorgen.« Kaldar drehte sich auf dem Absatz um und trollte sich.
    Catherine lehnte sich zu ihm hinüber. »Er hat Sie genervt, nicht wahr?«
    »Er redet.« Viel. Zu. Viel. Er plappert wie ein Teenager am Handy und rückt mir auf die Pelle, sodass ich ihm am liebsten das Genick brechen würde, wenn er mich bloß weiter anatmet .
    »Kann man wohl sagen«, stimmte Catherine ihm zu. »Aber er ist kein schlechter Kerl. Was Brüder angeht, hätte ich es weit schlimmer treffen können. Sind Sie und Cerise zusammen? Ich meine, richtig zusammen?«
    William erstarrte. Menschliches Verhalten war so leicht ausrechenbar, trotzdem glaubte er ziemlich sicher, dass man diese Frage besser nicht stellte.
    Catherine ließ ihre langen Wimpern flattern und setzte ihr übliches entspanntes Lächeln auf.
    »Nein«, sagte er.
    Catherine verzog leicht das Gesicht. »Eine Schande. Gibt es denn irgendwelche Pläne in dieser Richtung?«
    »Nein.«
    »Verstehe. Sagen Sie ihr nicht, dass ich gefragt habe. Sie mag es nicht, wenn wir neugierig sind.«
    »Mache ich nicht.«
    »Danke.« Catherine atmete aus.
    Diese Familie glich einem Minenfeld. Er musste die Füße still halten und durfte nichts mehr sagen, sonst würde er sich nur noch mehr Ärger einhandeln. Und falls ihm irgendwer hier einen handgearbeiteten Sweater anbot, würde er ihr oder ihm den Hals brechen und sich schleunigst in die Wälder absetzen.
    Da kam Lark in die Bibliothek. Sie trug einen Korb, aus dem es nach frisch gebackenem Brot und Kaninchenbraten mit gekochten Pilzen duftete. William lief das Wasser im Mund zusammen. Er war halb verhungert. Das ging fast so weit, dass es ihm egal war, ob es sich um vergiftetes Essen handelte.
    Die Kleine ging vor ihm in die Knie. Sie war jetzt sauber, ihre Haare gebürstet. Sie sah aus wie eine kleinere Version von Cerise. Lark zog das Tuch vom Korb und entnahm ihm eine Teigtasche. »Pirogen«, erklärte sie. »Bist du der, der Peva getötet hat?«
    »Ja.«
    Lark berührte den Kolben von Pevas Armbrust.
    »Gut. Dann darfst du mit uns essen.« Sie riss die Teigtasche in zwei Hälften, reichte ihm eine und biss selbst in die andere. »Onkel Kaldar hat gesagt, ich soll das so machen. Damit du weißt, dass kein Gift drin ist.«
    William biss in seine Hälfte. Es schmeckte himmlisch. »Kannst du mit einer Armbrust schießen?«
    Lark nickte.
    Er nahm Pevas Armbrust und hielt sie ihr hin. »Nimm.«
    Sie zögerte.
    »Sie gehört dir«, sagte er. »Ich hab schon eine, und meine ist besser.« Die Armbrust des Spiegels war leichter und zielgenauer.
    Zuerst sah Lark ihn an, dann die Armbrust, nahm sie ihm aus der Hand, wie ein Welpe einen Knochen stibitzt, und rannte damit auf nackten Füßen wie der Blitz davon. Unter der Tür fuhr sie herum. Schwarze Augen funkelten ihn an. »Geh nicht in die Wälder. Da gibt’s ein Monster.« Sie drehte sich wieder um und rannte den Korridor entlang.
    Er sah Catherine an. Ihre Hände bewegten sich nicht mehr. Ihr Gesicht wirkte traurig, wie auf einer Beerdigung.
    Etwas stimmte nicht mit Lark. Früher oder später würde er herausfinden, was.
    Leichte Schritte kamen über den Korridor, und ein Mann erschien in der Tür. Ungefähr eins sechzig groß, zierlich, blond, aber dunkelhäutig wie ein Mar. Er lehnte sich gegen den Türrahmen und musterte William mit blauen Augen. »Sie sind ein Blaublütiger.«
    William nickte.
    »Sie wissen über die Sheeriles Bescheid.«
    William nickte abermals.
    »Ich bin Erian. Als ich zehn war, schoss Sheerile senior meinem Vater mitten auf dem Marktplatz in den Kopf. Da war meine Mutter schon seit Jahren tot. Ich hatte nur meinen Vater. Ich stand einfach da, von oben bis unten mit seinem Blut bespritzt.«
    Und?
    »Cerises Eltern,

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