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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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»Sie sind still. Und du trinkst das jetzt.«
    Es war doch nur Baldrian, und sich mit Ignata anzulegen war, als wollte man mit einem Pitbull diskutieren. Cerise kippte die Flüssigkeit in einem tiefen Zug. Feuer und Nacht flossen durch ihre Kehle.
    »Was hast du da reingetan?«
    »Wasser, Baldrian und ein sehr starkes Schlafmittel. Dir bleiben ungefähr fünf Minuten, um in dein Zimmer zu kommen und zu duschen, sonst fällst du auf der Stelle in Ohnmacht.«
    »Ignata.«
    »Ignata, Ignata, Ignata.« Ignata wedelte mit den Armen. »Wann hast du zum letzten Mal gegessen oder geschlafen? Und? Fällt dir dazu nichts ein? Heute Nacht musst du schlafen, morgen musst du dich ausruhen, übermorgen führst du unser Aufgebot zu den Sheeriles, und danach werde ich keine Zeit mehr für dich haben. Weil ich dann nämlich alle anderen zusammenflicken muss. Also wirst du jetzt schön gehen! Husch, husch! Nimm deinen Blaublütigen ruhig mit!« Sie deutete mit einem langen Finger auf William. »Sie begleiten sie und passen auf, dass sie nicht schon auf der Treppe zusammenklappt.«
    Cerise seufzte und wandte sich der Treppe zu. William folgte ihr.
    »Sie ist verrückt«, meinte er.
    »Nein, sie versucht bloß, sich zusammenzureißen und nicht in Tränen auszubrechen. Ihre Mutter und ihr Bruder hätten draufgehen können. Und ihr sind die Hände gebunden, deshalb kommandiert sie mich herum.«
    Er zog die Stirn kraus. »Sie meinen, aus Rache.«
    »Ja, ein bisschen. Mein Vater hat immer gesagt: Wenn du die Verantwortung trägst, bleibt immer alles an dir hängen. Sie gibt mir ein bisschen die Schuld.« Die Schritte wurden immer mühsamer, so als würde irgendwer langsam Blei in ihre Knochen gießen. »Sie würde sich das nicht mal selbst eingestehen, aber sie gibt mir die Schuld.«
    »So ist das also, wenn man eine große Familie hat«, sagte er.
    Ihr Kopf wurde ihr nun zu schwer. Ihre Lider wollten sich von ganz alleine schließen. Vor der Tür zu ihrem Zimmer blieb sie stehen. »Ja, so ungefähr. Das Schlimmste haben Sie noch gar nicht erlebt. Haben Sie eigentlich ein Zimmer?«
    William fletschte die Zähne. »Ja. Kaldar hat es mir gezeigt.«
    Er sprach Kaldars Namen aus, als würde er ihn am liebsten erwürgen.
    »Ich bin Ihnen wegen der Würmer nicht böse«, teilte sie ihm mit, während sie sich bemühte, ihre Gedanken zu ordnen. Sie gähnte. »Tut mir leid, ich bin sehr schläfrig.«
    »Schon okay«, sagte er. Er war ein wenig zu nah an sie herangetreten.
    »Was für ein Blaublütiger sagt denn okay , Lord Bill? Sie müssen bei Gelegenheit Ihre Tarnung nacharbeiten.« Sie gähnte. »Sie würden einen schrecklichen Spion abgeben. Versprechen Sie mir, dass Sie keinem meiner Vetter ein Leid zufügen, solange ich schlafe, nicht mal Kaldar.«
    William sah sie an.
    »Ich bin erschöpft und fühle mich elend. Versprechen Sie’s. Keine abgerissenen Köpfe, keine gebrochenen Knochen … nichts, das mich bedauern lässt, dass ich Sie meiner Familie vorgestellt habe.«
    »Versprochen«, antwortete er.
    »Danke.«
    »Gern geschehen.«
    »Das kleine Mädchen hat etwas von einem Monster im Wald gesagt«, sagte er.
    Etwas in ihrer Brust vollführte einen Satz. »Das ist sie .«
    William sah sie weiter an.
    »Lark«, sagte sie mit brennender Brust. »Sie glaubt, sie ist das Monster.«
    William schloss sie in die Arme. Sie hätte etwas sagen sollen, ihn von sich stoßen. Aber sie war so müde und so niedergeschlagen, und seine Arme waren so stark und tröstlich. Er hielt sie an sich gedrückt, und der dumpfe Schmerz, der an ihr nagte, ließ nach. Es fühlte sich so gut an, dass sie sich einfach gegen ihn sinken ließ. Er senkte den Kopf. Sie sah ihm dabei zu, ohne zu begreifen, wieso er das tat, bis seine Lippen über ihren Mund strichen.
    »Schlaf gut«, sagte er. »Ich passe so lange auf deine Familie auf.«
    Dann ließ er sie los.
    Cerise schloss die Tür und starrte sie an, nicht sicher, ob sie einander gerade wirklich berührt hatten oder ob sie sich das nur eingebildet hatte. Sie kam zu keinem Ergebnis, setzte sich aufs Bett, um sich die Stiefel auszuziehen. Als sie den linken abgestreift hatte, kippte das Bett und stürzte ihr auf den Hinterkopf.
    William erwachte im dunklen Schlafzimmer. Die Luft war kühl, und durch die Vorhänge fiel ein schmaler Streifen Mondlicht auf den Fußboden. Einen Moment lang blieb William still liegen und blickte mit hinter dem Kopf verschränkten Armen zur Decke.
    Er hatte Cerise geküsst, und sie hatte es

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