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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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ihn zurückbringen. Und selbst wenn, wie viele Leben würde seine Rettung kosten? Niemand war so viel Blutvergießen wert. Was auch immer seine Tochter darüber denken mochte.
    Die Brühe würde bald kochen. Sie beugte sich vor, kratzte die Fischgräten vom Hackbrett in den Abfallkübel und sah Füße in schwarzen Stiefeln in ihrer Küche stehen.
    Clara richtete sich ganz langsam auf, ihr Blick wanderte von den Stiefeln und den schwarzen Hosen zur Jacke, zu den breiten Schultern und schließlich zu dem Gesicht über dem dunklen Kragen. Es gehörte zu einem Mann unbestimmbaren Alters, irgendwo zwischen Ende zwanzig und Anfang vierzig. Eigentlich ein ganz nettes Gesicht. Doch dann blickte sie in seine Augen und erstarrte. Sie waren leer und hart wie Stein. Augen, die Ärger verhießen. Angst durchfuhr sie.
    Wie war der Mann an Gaston vorbeigekommen? Sie hatte keinen Laut gehört, keinerlei Tumult.
    »Limonen«, sagte der Mann und hielt ihr eine Handvoll der buckeligen Zitrusfrüchte hin. »Die brauchen Sie für die Fischsuppe, deshalb habe ich mir die Freiheit genommen, auf dem Weg durch Ihre Vorratskammer ein paar mitzunehmen. Soviel ich weiß, kommt es darauf an, sie papierdünn zu schneiden, damit sie nach dem Füllen der Schüsseln oben auf der Suppe schwimmen.«
    Die Augen ließen den Wunsch in ihr aufkeimen, die Hände zu heben und langsam zurückzuweichen, bis sie so weit weg wäre, dass sie um ihr Leben rennen konnte. Aber sie konnte nirgendwohin. Sie war hier zu Hause. Nebenan lagen hilflos Urow und das Baby. Clara richtete ihren Blick fest auf das Gesicht des Mannes. Schlaf weiter, Sydney. Schlaf weiter, denn wenn er dich kriegt, tue ich, was immer er von mir verlangt .
    »Also, wollen Sie die Limonen jetzt oder nicht?«
    Sie machte den Mund auf, in dem Wissen, dass, was immer sie sagte, ein Fehler sein und ihr nicht im Geringsten helfen würde. Die Worte kamen heiser heraus. »Verschwinden Sie aus meinem Haus.«
    Er seufzte, legte die Limonen auf die Arbeitsplatte und lehnte sich gegen den Küchenschrank, wie eine Krähe, die auf ihrem Grab krächzte. »Vor weniger als acht Stunden waren zwei Leute hier. Sie brachten einen Thoas mit und ließen ihn in Ihrem Haus. Dieser Thoas, wer ist das? Ihr Mann?«
    »Raus«, wiederholte sie und wich zurück. Das Hackmesser in ihrer Hand war nutzlos. Er würde es ihr einfach abnehmen und sie damit in Stücke hacken.
    »Verstehe. Also der Ehemann. Er wurde verwundet. Sie haben mein Mitgefühl. Ich hoffe, er kommt wieder auf die Beine.« Der Mann nickte gravitätisch. »Aber er interessiert mich nicht so sehr wie die zwei, die ihn hergebracht haben. Eine war Cerise Mar. Ich würde gerne wissen, wer ihr Begleiter war. Ich möchte alles über diese zweite Person erfahren. Aussehen. Alter. Akzent. Alles, was Ihnen irgendwie hilfreich erscheint.«
    Er sah sie mit einem strahlenden, umwerfenden Lächeln an. »Wenn Sie mir sagen, was ich wissen will, mache ich den Abflug und Sie können sich wieder Ihrem Essen widmen. Die Brühe duftet übrigens himmlisch. Also, was sagen Sie?«
    Er fixierte Clara, die plötzlich panisch zögerte, wie ein Vogel in einem gläsernen Käfig. Die von dem Mann ausgehende Bedrohung war so stark, dass sie sich tief innen ängstlich zusammenkrümmte und das in ihrer Magengrube klaffende Loch zu beschirmen versuchte.
    »Das ist ein ehrlich gemeintes Angebot.« Er beugte sich vor. »Verraten Sie mir, was Sie wissen, und ich verschwinde wieder.« Er fuhr mit den langen Fingern durch die Luft. »Wie ein Geist. Eine unerfreuliche, aber harmlose Erinnerung, die mit der Zeit verblasst.«
    Sein Blick bestärkte sie in der Ansicht, dass er nicht bluffte. Wenn sie ihm sagte, was er wissen wollte, würde er ihr nichts tun. Sie empfand das Bedürfnis, freundlich zu ihm zu sein. Es wäre ganz leicht …
    Aber er hatte Urow wehgetan. Der Gedanke setzte ihrem Zögern ein Ende. Er oder jemand, der für ihn arbeitete, hätte ihr um ein Haar den Mann genommen. Und wenn sie ihn ließ, würde er ihr auch ihre Kinder nehmen.
    »Ich fürchte, ich stehe ziemlich unter Zeitdruck«, sagte er.
    Clara holte tief Luft und warf das Hackmesser nach ihm. Als er den Griff der breiten, wirbelnden Klinge packte, fegte sie den Topf mit Fischbrühe vom Herd und schleuderte ihn in seine Richtung.
    In einem breiten Sturzbach ergoss sich die brodelnde Brühe über den Mann. Sie stürzte zur Tür, um ihn von dem Baby und von Urow abzulenken.
    Ein tierisches Knurren schierer Wut trieb sie wie

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