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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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überfüllten Linienbus benutzt hatte. Seine Schultern waren zu breit, seine Haltung zu dominant. Wenn er in eines der überlaufenen Einkaufszentren im Broken käme, würden sich die Leute dort wahrscheinlich überschlagen, um ihm Platz zu machen.
    Seine Haare waren schon nicht schlecht, wurden aber von seinen Augen und seinem Gesicht locker in den Schatten gestellt. Selbst wenn er, so wie jetzt, ganz ruhig dasaß, blieb einem beim Anblick seiner Augen die Luft weg. Das waren die Augen eines Edelmanns aus dem Weird, der Gehorsam verlangte und seine Befehle, ohne mit der Wimper zu zucken, vollstrecken würde. Statt wie ein Edge-Geborener auszusehen, wirkte Declan wie ein Blaublütiger, der sich für Halloween ein Kostüm aus einer anderen Welt ausgesucht hatte.
    Und ihm sollte sie die komplizierten Regeln des Edge erklären. Wie fand sie bloß die richtigen Worte?
    »Wenn im Broken ein Mann eine Frau überfällt, ruft man die Polizei«, begann sie. »Die sucht nach Beweisen, und wenn es genug davon gibt, wird der Mann verhaftet, angeklagt, vor Gericht gestellt und anschließend, falls es zum Schuldspruch kommt, ins Gefängnis gesteckt. Wie läuft das im Weird?«
    »In Adrianglia gehen wir ganz ähnlich vor«, antwortete Declan. »Der Sheriff prüft die Beweislage und nimmt den Schuldigen in Gewahrsam. Wenn die Festnahme fehlschlägt, werden Kopfgeldjäger hinzugezogen, bleibt der Erfolg aber aus, wird der Marschall verständigt. Also jemand wie ich.«
    Da würde sie die Kopfgeldjäger vorziehen. Die waren sicher auch schlimm, aber bestimmt nicht so schlimm wie er. »Dann ist es Ihr Job, Verbrecher festzunehmen?«
    »Nur manche. Man muss schon etwas Außergewöhnliches verbrochen haben, um meine Aufmerksamkeit zu erregen. Fahren Sie bitte fort.«
    »Wissen Sie, was im Edge passiert?«
    »Ich nehme an, Sie werden mich gleich aufklären«, sagte er.
    »Nichts.« Sie musterte sein Gesicht, weil sie sehen wollte, ob er das kapiert hatte, aber so, wie er sie ansah, hätte er ebenso gut eine Maske tragen können. »Im Edge gibt es keine Polizei, keinen Marschall, keinen Sheriff oder sonst irgendeine Schutzmacht. Es gibt auch keine unabhängige dritte Partei. Stattdessen bleibt die komplette Gemeinde von East Laporte auf ihrem Hintern sitzen und wartet ab, was als Nächstes passiert. Weil wir so wenige sind, kennt jeder jeden, und alles, was wir tun, hat unmittelbare Folgen.«
    Sie holte tief Luft. »Wenn hier eine Frau überfallen wird, ist das eine Sache zwischen ihrer Familie und der Familie des Angreifers. In manchen Fällen einigt man sich auf eine Wiedergutmachung oder Bestrafung. Sonst liegen die Streithähne womöglich die nächsten paar Jahrzehnte mit ihren Kanonen auf der Lauer und versuchen gegenseitig, ihr Hirnschmalz übers hiesige Grünzeug zu verspritzen. Keiner steht auf Fehden, sie sorgen nur für Chaos: Viele Familien hier sind untereinander verwandt, und wenn eine Fehde ausbricht, kann darüber schnell ganz East Laporte in Flammen aufgehen. Dann werden Unschuldige verletzt, und die Geschäfte leiden darunter. Viele von uns handeln mit den Karawanen aus dem Weird, verkaufen, was sie dabei eingetauscht haben, anschließend im Broken und verdienen damit einen schönen Batzen Geld nebenbei. Aber wenn die Karawanen mitbekommen, dass es eine Fehde gibt, lassen sie die betroffene Stadt aus und ziehen woandershin.«
    Er nickte.
    »Also vermeiden wir Fehden lieber und bleiben vernünftig. Das heißt, dass die Bestrafung dem Verbrechen angemessen sein muss. Sagen wir, jemand hat versucht, mich zu entführen. In dem Fall wäre es mein gutes Recht, denjenigen zu töten, und das habe ich auch schon getan.«
    Declan warf ihr einen prüfenden Blick zu. »Sie haben jemanden getötet?«
    »Zweimal. Aber nur in Notwehr. Mein Vater und mein Großvater haben auch schon getötet, um mich zu schützen. Darüber regt sich hier keiner auf. Klar, die Verwandten von denen, die wir umgebracht haben, hassen uns dafür und würden alles daransetzen, mein Leben zu ruinieren, wenn sie die Möglichkeit dazu bekämen, aber die öffentliche Meinung ist auf meiner Seite. Schließlich wurde ich angegriffen, jeder an meiner Stelle würde sich verteidigen. Klingt doch ganz vernünftig, oder?«
    »Wenn’s denn sein muss.«
    »So, dann zu Brad. Ich war noch ein Kind, und ich dachte, ich liebe ihn. Ich geriet in der schwierigsten Zeit meines Lebens an ihn und hoffte, er würde mir Geborgenheit geben. Dass er mein Fels in der Brandung sein würde.

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