Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
schneller als sie. Wenn eine solche Katze sie lautlos und geduldig aufspüren und ihren Unterschlupf finden würde …«
Jack grollte und fauchte. Und ob er mit ihnen kämpfen würde. Er würde …
»Kein offener Kampf. Alles muss elegant und lautlos vor sich gehen. Wie bei einem Dolch, der den Richtigen im Dunkeln erwischt. Spüre die Bestien auf. Finde ihren Unterschlupf. Lass dich nicht blicken. Wenn du das schaffst und mir zeigst, wo sie stecken, hast du dir das Messer redlich verdient.«
Er lächelte. »Aber das ist ein Abenteuer für morgen. Jetzt müssen wir erst mal schauen, was wir mit dir anstellen. Ich habe dich eingefangen. Kommst du jetzt in aller Ruhe mit mir wie ein kluges, geduldiges Raubtier, oder muss ich dich wie eine wilde Bestie in dem Netz hinter mir herschleifen?«
Rose saß auf dem Dachboden, die gewaltige, staubige Enzyklopädie des Weird aufgeschlagen auf ihrem Schoß. Der Wälzer war über einen halben Meter groß, fast eine Elle dick und höllisch schwer, sodass ihre Oberschenkel schwitzten und unter ihrer Jeans allmählich taub wurden.
Sie hatte das Bestiarium durchgeblättert, aber nichts entdeckt, das den Bluthunden irgendwie ähnlich sah. Also hatte sie sich auf gut Glück die Enzyklopädie vorgenommen.
Sie blätterte die Riesenseiten um und versuchte, ein bisschen bequemer zu sitzen. So langsam wurde auch ihr Hintern taub.
Adrianglia, formelle Anreden . Sie ging die Ränge durch … Earl, Earl von »Name des Besitztums«. Lord »Name« . Sie gähnte und schlug eine Seite um.
Earl – abgeleitet vom nordischen jarl . Entspricht dem Comte des Gallischen Reiches. Landbesitzender Edelmann über dem Vicomte, aber unter dem Marquis.
Wie hieß er gleich noch mal … Earl Carmine? Nein, Camarine. Ja, das war’s. Sie blätterte zum Register vor und stieß rasch auf Earl Camarine .
Earl Camarine: Edelmann, Herrscher der Grafschaft Camarine, übernommene Domäne des Herzogs der Südprovinzen. Durchweg nur als Ehrentitel gebräuchlich.
»Ehrentitel.« Sie wusste nicht genau, was das bedeutete, aber allmählich ging ihr doch ein Licht auf. Obwohl er so etepetete auf Manieren achtete, war Declan nicht mal ein richtiger Earl. Rose kicherte.
»Rose!« Sie schob das Buch vom Schoß, stieg die Dachbodenleiter hinunter und klopfte den Staub von ihrer Jeans. »Georgie, bist du draußen?« Sie marschierte auf die Veranda. »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst im Haus bleiben?«
Declan stand im Vorgarten. Jack schmiegte sich in seine Arme. Mit geschlossenen Augen. Er schnurrte leise im Schlaf und bearbeitete mit seinen Krallen Declans Arm. Declan zuckte nicht mal mit der Wimper. »Ich glaube, er ist fix und fertig. Wo soll ich ihn hinbringen?«
Ihre Welt stand kopf, und es verschlug ihr die Sprache. Sie brauchte einen Moment, um zu sich zu kommen, aber als sie sprach, klang ihre Stimme fast wie immer: »Ich nehme ihn.«
Declan legte ihr Jack behutsam in die Arme. »Er würde das bestimmt nicht gerne hören, aber ich finde, er gibt ein hübsches Kätzchen ab.«
»Da hätten Sie ihn mal als Baby sehen sollen«, sagte Rose ungeachtet ihres Entsetzens. »Nichts als Flaum und Büschel an den Ohren. Jede Sekunde war wie ein Tierschnappschuss in National Geographic .«
Sie trug Jack ins Haus und legte ihn vorsichtig auf sein Bett.
Eine Stunde später servierte sie das Abendessen. Jack schlief weiter. Nach dem Essen zog Georgie sich zurück und las zum x-ten Male InuYasha , Rose kochte eine Tasse Tee und verzog sich damit auf die Veranda. Doch sie blieb nicht lange allein.
Declan setzte sich neben sie auf die Stufen. »Enttäuscht?«
Seine Stimme verriet keinen Spott, also zuckte sie die Achseln. »Ja. Wie haben Sie das gemacht?«
»Ich habe vier Fallen ausgelegt und die offensichtlichste mit einem Messer als Köder versehen, bei dessen Anblick ihm schon in meinem Zimmer das Wasser im Mund zusammengelaufen war.«
Was hatte sie denn erwartet? Jack war gerade mal acht. Sie hatte ihm eine Riesenlast aufgebürdet. Was sie besser von vornherein gelassen hätte. Bei der Vorstellung, wie Declan Jack im Wald nachspürte, hatte sie nicht im Traum daran gedacht, dass er Fallen aufstellen und Köder auslegen könnte. »Jungs und Messer«, murmelte Rose. »Da gibt’s kein Halten mehr.«
»Da wachsen wir nie raus.«
Er ganz sicher nicht, wenn man bedachte, wie viele Schwerter und Messer er mit sich herumschleppte. Auch Dads altes Zimmer war bis unter die Decke mit Klingen vollgestopft.
Im weichen
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