Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
Weilchen so weitermachen, ohne je ganz gesättigt zu sein.« Er lachte leise, und ihr wurde übel.
»Ist Ihnen klar, dass Sie Menschen töten? Familien? Kinder?«
»Aber natürlich«, gab er im Ton nachsichtigen Tadels zurück und beugte sich zu ihrem Wehr vor, als wolle er ihr ein Geheimnis anvertrauen. »Um ganz ehrlich zu sein, ich habe mich nie für Menschen interessiert. Sie sind ein lästiger Haufen, ständig nur mit ihren Pflichten, Erwartungen und anderem Kleinkram beschäftigt.« Er rieb sich die Hände, als wolle er etwas Klebriges daran loswerden. »Das habe ich hinter mir, meine Liebe, ich habe den Gipfel des menschlichen Ehrgeizes erklommen und dort nur den nächsten Berg gefunden, ohne dass mir die blaue Blume der Erfüllung geblüht hätte.«
»Vielleicht sind Sie verrückt«, sagte sie.
»Geistige Gesundheit wird allgemein überschätzt. Auf Glück kommt es an, meine Liebe. Sie in Besitz zu nehmen, süße Fleischstreifen aus Ihrem Leib zu reißen und Sie dann zu verschlingen würde mich unendlich viel glücklicher machen als alle Weisheit und Vernunft der menschlichen Rasse. Womit wir beim Grund meines Besuchs hier wären. Sie haben Declan Zutritt zu Ihrem Haus gewährt.«
»Und?«
»Declan hat ein Problem. Schauen Sie, wenn er mich nicht findet, kann er mich auch nicht töten. Also hält er mir Sie und Ihre Brüder sozusagen wie schmackhafte Süßigkeiten als Köder unter die Nase. Und Sie sind so …« Er seufzte. »Bezaubernd. Verführerisch. Irren Sie sich nicht, meine Liebe, ich werde Sie töten. Declan weiß das ebenso gut wie ich. Er hofft lediglich, dass er mich dazu zwingen kann, Sie zu seinen Bedingungen umzubringen. Denn wenn er sich auf die Suche nach mir begeben wollte, müsste er sich dem Wolf stellen, und das will er lieber vermeiden. Sie waren nämlich mal Freunde, er und der Wolf.«
Allmählich wurde sie stocksauer. »Und weshalb erzählen Sie mir das alles?«
»Ihr Leben hat keinerlei Nutzen für Sie.« Er deutete auf das Haus hinter ihr. »Sie hocken auf diesem jämmerlichen Streifen Land armselig im Dreck, wie die Ratten auf einer riesigen Müllkippe zwischen zwei blühenden Zivilisationen. Wozu noch kämpfen, wenn das Ende längst feststeht? Niemand wird Ihnen helfen. Früher oder später gehören Sie alle mir.«
»Das glaube ich kaum.«
Casshorn blickte an ihr vorbei. »Sag es ihr, Declan. Sag ihr, dass ich recht habe.«
»Wie ich sehe, hast du auch noch Irrsinn auf die Liste deiner Unzulänglichkeiten gesetzt«, ließ sich Declans eisige Stimme vernehmen.
»Wieso sind Sie so unvernünftig? Ich kriege Sie ja doch.« Casshorn seufzte. »Letzte Nacht habe ich einen Mann verspeist. Leider verschlingen meine Bluthunde ihre Opfer für gewöhnlich, aber dieser Mann ging an mich, als besondere Aufmerksamkeit. Ich habe ihn schnell gegessen, gierig, und das Einzige, was ich davon hatte, war mein Entzücken, als seine Magie auf mich überging. Davon zehre ich, darum geht es mir, davon hänge ich ab, und ich tue alles, um aufs Neue davon zu kosten. Es gibt kein Entkommen. Warum die Qualen unnötig verlängern? Ich biete Ihnen die Möglichkeit, etwas aus Ihrem Leben zu machen. Nähren Sie mich. Werden Sie Teil von mir und den meinen.«
»Verstehe.« Rose stemmte die Hände in die Hüften. »Also, ich sage Ihnen jetzt, wie wir’s machen: Zuerst töte ich Ihre Bluthunde, dann spüre ich Sie auf und bringe Sie ebenfalls um, und meine Brüder spielen danach mit Ihrem Kopf Fußball. Auf die Art können Sie was Nützliches aus Ihrem Leben machen. Und tschüss.«
Sie trat über die Wehrsteine, um freies Schussfeld zu haben. Sofort erfasste sie seine gierige Magie, doch ihr Zorn explodierte in einer strahlend weißen Eruption, in der die Lache ebenso verging wie der Bluthundkadaver. Casshorn verschwand.
Rose drehte sich langsam um und sah Declan auf der Veranda stehen.
»Sie haben mich angelogen!« Rose rang um Fassung. »Sie haben so getan, als wollten Sie mich heiraten, haben mich zu diesen dämlichen Prüfungen gedrängt, dabei wollten Sie die ganze Zeit bloß Casshorn umbringen.«
»Ich habe nicht gelogen. Lediglich zugelassen, dass Sie die falschen Schlüsse ziehen«, erwiderte er grimmig.
Ihre Wut ließ sie alles kristallklar sehen. »Wie heißt Ihr Kumpel, Declan? Der sich in einen Wolf verwandelt? Den Casshorn adoptiert hat?«
»William«, antwortete Declan.
Oh, lieber Gott.
»Aber der Mann, den Sie kennengelernt haben, ist vielleicht nicht derselbe William«, sagte
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