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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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anderen in der Familie auch. Liebe war das eine. Und die Einigung zweier Sumpfclans über die Mitgift und den Ehevertrag das andere. Damals hatte er keine Bedenken gehabt. Richard und Meline schienen füreinander geschaffen. Beide ernsthaft, ohne sich zu verzetteln. Rückblickend waren sie sich zu ähnlich gewesen.
    »Das ist Memaws Schuld«, meinte Gaston. »Sie will immer alle verheiraten. Ich weiß noch, wie mein großer Bruder sich darüber beklagt hat. Kaum war er zwanzig, hat sie ihm Schuldgefühle eingeredet: Oh, ich werde bald sterben, ohne jemals deinen Nachwuchs gesehen zu haben. Wenn du dir doch ein nettes Mädchen suchen würdest, könnte ich mich glücklich und zufrieden einäschern lassen. Sie ist wie ein Ervaurg – wen sie erst mal am Wickel hat, den lässt sie erst wieder los, wenn er aufgibt.«
    »Mir ist sie nie damit gekommen.«
    »Komisch. Wo du doch immer die hübschesten Dinger angeschleppt hat.« Gaston grinste. »Vielleicht hatte sie Angst, Onkel. Mit Kaldar Nummer zwei und Kaldar Nummer drei wäre nichts mehr sicher gewesen. Man hätte irgendwas liegen gelassen, und, schwupp, wäre es weg gewesen, kein Mensch hätte gewusst, was daraus geworden war.«
    Kaldar blickte auf den Fluss. Niemand hatte je von ihm erwartet, dass er sich irgendwo niederließ, nicht mal seine eigene Familie. Man hielt ihn einfach nicht für einen Familienvater.
    Er dachte zurück, erinnerte sich an Gesichter und Namen, an Männer, die er im Moor gekannt hatte, Freunde. Einen nach dem anderen verlor er aus den Augen, und ein oder zwei Jahre später erfuhr er dann, dass sie geheiratet hatten. Irgendwann traf er sie zufällig, sie stellten ihm ihre Frauen vor und musterten ihn mit mehr Eifer als erforderlich. Er konnte sich die anschließende Unterhaltung am Esstisch vorstellen. Ehefrauen konnten wenig mit ihm anfangen – er würde vermutlich nur ihre Männer in Schwierigkeiten bringen, und seine ehemaligen Freunde wollten ihn auch nicht zu ausführlich mit ihren Frauen plaudern lassen.
    Die Ehe war eine Falle. In dem Moment, in dem ein Mann vor dem Traualtar das Wörtchen »Ja« aussprach, gab er seine Freiheit auf. Er durfte keinen anderen Frauen mehr nachstellen. Und um über den verabredeten Zeitpunkt hinaus auszubleiben, erforderte die Erlaubnis seiner Frau. Wenn er mit seinen Kumpels einen über den Durst trank, gab es daheim garantiert Streit. Stets musste er angeben, wo er hinwollte, wann er zurück sein würde, mit wem er unterwegs war und wieso er überhaupt etwas anderes vorhatte, als zu Hause zu bleiben und Stoffe für neue Vorhänge auszusuchen. Ein verheirateter Mann führte kein sorgenfreies Leben mehr. Er war Versorger, Ehemann, Vater. Seine Burg gehörte ihm nicht mehr. Ihm wurde dort allenfalls gestattet, nach den Regeln einer anderen zu leben. Dabei hatte er bereits Nancy Virai, die ihm sagte, wo er hingehen und was er dort machen sollte. Und mehr Überwachung würde er keinesfalls hinnehmen.
    »Geht es Audrey gut?«, wollte Gaston wissen.
    »Alles gut.«
    »Oh, prima. Sie hat mich um ein Messer gebeten. Ich glaube, sie fürchtet sich davor, alleine zu schlafen.«
    »Das alles ist für sie viel schwerer als für uns«, sagte Kaldar. »George geht jeden Tag mit dem Tod um. Er hat sich längst damit abgefunden. Und Jack tötet Tiere im Wald, seit er laufen kann. Er macht sich nicht groß Gedanken darüber. Du und ich, wir stammen aus dem Moor. Audrey hat nur sehr wenig Erfahrung mit Gewalt. Das gehörte einfach nicht zu ihrem Leben.« Und ihre jüngste Begegnung mit Gewalt hatte ihr eine Heidenangst eingejagt. Sie machte nicht den Eindruck, als würde sie zusammenbrechen, andererseits war Audrey eine ausgezeichnete Schauspielerin.
    Genialer Schwindler. Ein Esel schimpft den anderen Langohr.
    Auch er kannte Nächte, in denen er sich davor fürchtete, alleine zu Bett zu gehen. Eigentlich hatte er es ihnen beiden heute Abend leichter machen wollen, aber manchmal scheiterte man selbst mit den allerbesten Plänen.
    »Sie ist lustig«, meinte Gaston.
    Kaldar sah ihn an.
    »Und hübsch. Und sie kauft dir nichts von deinem Blödsinn ab.«
    »Ich glaube, es wird Zeit für dich, schlafen zu gehen.«
    Gaston grinste, seine Augen glänzten. »Wie du wünschst, Onkel.«
    Er machte sich auf den Weg zur Treppe, drehte sich aber noch einmal um. »Wenn du Kinder hättest, wären das dann meine Cousins ersten oder zweiten Grades?«
    »Hau ab.«
    Gaston lachte. Im nächsten Moment verkündete ein Stakkato schneller

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