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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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dass jeder Quader mindestens fünfzig Pfund wog. Kaldar zweifelte nicht daran, als er die großen Brocken betrachtete. Der Wagen eines Teeverkäufers musste dem Bombardement in die Quere gekommen sein – zerschellte, blau-grüne Planken lugten traurig aus dem Steinhaufen.
    Die Trümmer waren blutbefleckt. Hier und da lagen Fleischfetzen, manche sahen aus, als könnten sie von Menschen stammen, andere wiesen seltsame, zu Trauben zusammengefasste Fischblasen auf. Drei Meter links hatte sich ein übergroßes fleischfarbenes Stück Tentakel um einen Stofffetzen gewickelt. Der gesamte Tatort war mit langen, gelblichen Schleimbatzen übersät. Zu allem Überfluss stank der Schleim nach tagealtem Erbrochenem. Streng und sauer. Die im Wind stehenden Hilfssheriffs auf der anderen Seite des Platzes kämpften tapfer gegen den Brechreiz an.
    Der Sheriff von Adriana, ein großer, breitschultriger Brocken, sah Kaldar finster an. Er hieß Kaminski und hegte unübersehbare Zweifel daran, dass Kaldars Anwesenheit an seinem Tatort das Ergebnis einer klugen Entscheidung war. Kaldar konnte es ihm nicht verdenken. Seine Haut war mindestens um zwei Schattierungen dunkler als die der meisten Gesichter ringsum. Er trug braunes Leder, das ihm weder zu eng noch zu weit saß, und wirkte schlank, biegsam und schnell, wie ein Mann, der schon früh am Morgen auf hohe Zäune kletterte.
    Der Sheriff starrte ihn an. Er hätte hingehen und sich vorstellen können, aber das würde keinen Spaß machen.
    Kaldar grinste. Der blonde Partner des Sheriffs kam durch die Menschenmenge auf ihn zu.
    Ein seltsames Gespann, die beiden, aber vermutlich äußerst erfolgreich. Und geachtet. Sie hatten sich nämlich gar nicht erst mit irgendwelchen Absperrungen aufgehalten, es gab nicht mal Flatterband. Der Tatort war durch Leuchtfarbe gekennzeichnet, ein Dutzend Hilfssheriffs passte auf, trotzdem hielten sich die Schaulustigen zurück.
    Polizisten waren überall gleich, dachte Kaldar. Im Broken nannten sie einen »Sir« und schossen mit Tasern auf einen, während sie einen im Weird mit »Master« anredeten und mit schwacher Blitzmagie bearbeiteten, doch ihr Blick auf der Straße – diese misstrauischen, abschätzigen, ausdruckslosen Augen – war überall derselbe. Polizisten bekamen alles mit, und die wenigsten waren dumm. Er hatte in beiden Welten zu viel auf dem Kerbholz, um sie zu unterschätzen.
    Der blonde Hilfssheriff blieb vor ihm stehen. »Ich bin Hilfssheriff Rodwell. Sie heißen?«
    »Kaldar Mar.«
    »Finden Sie die Zerstörung von adrianglianischen Sehenswürdigkeiten komisch, Master Mar. Vielleicht möchten Sie unser Gefängnis besuchen und ein wenig Zeit in unserer Gefängniszelle verbringen, um sich zu sammeln und uns allen zu erläutern, was Sie so erheitert?«
    »Herzlich gerne«, sagte Kaldar. »Allerdings könnte mein Arbeitgeber etwas dagegen einzuwenden haben.«
    »Und wer ist Ihr Arbeitgeber?«
    Kaldar ließ einen Funken Magie durch sein Rückgrat schießen. Der Ohrring in seinem linken Ohr leuchtete schwach auf, der Funke löste sich und blieb wie eine glanzlose Träne an dem Reif hängen. Die Träne wurde heller, und Rodwell erkannte sein Spiegelbild darin.
    »Kaldar Mar, Agent des Geheimdienstes von Adrianglia.« Die Träne funkelte und verging. »Der Spiegel dankt Ihnen für Ihre Hilfe, Hilfssheriff. Und danke, dass Sie den Tatort für mich gesichert haben.«
    »Eines würde ich gerne wissen.« Sheriff Kaminski sprach mit leiser Stimme. »Ist die Hand hierin verwickelt?«
    Kaldar überlegte sich seine Antwort gut. Er war auf ihre Unterstützung angewiesen. Das würde ihm die Arbeit beträchtlich erleichtern, außerdem musste er Kontakte mit der Exekutive anknüpfen. »Ja.«
    Einen Atemzug lang ließ sich der Sheriff das durch den Kopf gehen.
    »Woher wissen Sie das?«, wollte Rodwell wissen.
    Kaldar ging seine Möglichkeiten durch. Keiner der beiden Männer schien ihm ein Emporkömmling zu sein. Was sie machten, machten sie gut, und waren dort, wo sie waren, zufrieden. Wenn er sich herrisch und aristokratisch gab, würde er bei den beiden auf Granit beißen. Die kumpelhafte Tour würde auch nicht hinhauen – ihre Stadt stand in der Schusslinie, nach Scherzen war den beiden nicht zumute. Der direkte Weg dessen, der seinen Job machte, schien ihm am besten geeignet zu sein.
    Kaldar ließ noch eine halbe Sekunde verstreichen, als würde er die Bedeutung der Information abwägen, dann wies er auf einen ein Stück weit entfernt liegenden

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