Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)
die Tür. Sie hielt.
»Verstärkt«, stellte William fest.
»Lassen Sie mich mal!« Audrey drängte sich zur Tür vor. Magie strömte aus ihr. Sie spürte das Schloss – eine komplexe Zuhaltung – und zwei vorgeschobene Riegel. Verflucht. »Ich brauche ein paar Sekunden.«
Da wurden die Wachen auf sie aufmerksam.
William wirbelte herum, in seinen Händen funkelten Metallspikes. Zwei warf er Cerise zu, zwei weitere bohrte er in die Wand links, einen oben, einen über dem Boden.
»Moment, wir können das erklären!«, rief Francis. »Wir sind Gäste.«
Cerise rammte ihre Spikes in derselben Höhe in die rechte Wand.
»Das interessiert die nicht«, teilte William ihm mit.
Die Wachen eröffneten das Feuer. Ein Hagel geladener Kugeln prasselte durch den Korridor. Die Spikes blitzten auf. Ein blasser Schild blauer Magie flackerte zwischen ihnen auf und fing die Kugeln mitten im Flug ab.
Klickend gab die Zuhaltung nach. Ihr Zauber konzentrierte sich auf den obersten Riegel, versuchte ihn zurückzuschieben. Audrey legte mehr Kraft hinein. Der Riegel klapperte an Ort und Stelle. Massiv. Los, beweg dich, beweg dich !
»Wie sieht’s aus, Audrey?«, fragte Cerise.
»Noch … ein paar … Sekunden.«
Die Wachen ließen die Waffen fallen. Dann trabten die Vikinger mit gezückten Klingen heran.
»Süße?«, fragte William.
»Ich dachte schon, du fragst nie.« Cerise trat vor, vorbei an den Spikes.
»Lady Candra! Wo wollen Sie hin?« Francis stürzte ihr nach.
William packte seine Schulter und stieß ihn zurück. »Hiergeblieben, du Narr!«
Da glitt der oberste Riegel zurück. Audrey ließ Luft ab und lenkte ihre Zauberkraft nach unten, zum untersten Riegel. Sie erfasste ihn und zog: Es fühlte sich an, als wollte sie ein Auto hochheben.
Cerise griff unter ihren Rock und brachte eine schlanke Klinge zum Vorschein.
Die Vikinger musterten sie einen Augenblick lang nachdenklich – in ihrem beigefarbenen Kleid sah sie grotesk aus – und setzten ihren Angriff dann fort.
Cerise beugte sich vor. Ihr spitzer, rechter Schuh kratzte über den Boden.
»Helfen Sie ihr!« Francis ergriff Williams Arm. »Wenn nicht, lassen Sie wenigstens mich es tun!«
Ein weißer Funke fuhr über den Rand der Klinge.
Der erste Vikinger war kaum mehr zwei Meter entfernt.
Da schlug Cerise zu.
Sie bewegte sich so schnell, dass sie nur noch verschwommen zu sehen war. Hieb, Hieb, Hieb, dann hielt sie inne, wie eine Tänzerin mitten im Tanz. Von ihrem Schwert tropfte Blut.
Die ersten vier Vikinger schrien nicht einmal. Sie fielen nur. Der eine links blieb stehen. Sein Kopf glitt vom Halsstumpf und kullerte über den Boden, sein Leib sank in die Knie.
Die Wachen hielten inne. Francis klappte den Mund zu.
»Audrey?«, fragte Cerise, ohne sich umzudrehen.
»Ein Schloss noch.«
Dann griffen die verbliebenen Vikinger an. Wieder schlug Cerise zu, schnell, präzise, lautlos.
Der Riegel gab nach. Audrey ächzte, knickte halb ein, in ihrer Magengrube wuchs der Schmerz. Zu viel Magie in zu kurzer Zeit. Als sie sich wieder aufrichten konnte, stapelten sich die Leichen der Vikinger im Gang. Cerise wischte die blutige Klinge an ihrem Rock ab.
William riss die Tür auf, packte mit einer Hand Francis, mit der anderen Audrey und zerrte sie hindurch. Dann marschierten sie über die Befestigung der Burg ins Sonnenlicht hinaus. Cerise ging mit ausdrucksloser Miene hinter ihnen, ein wenig traurig, als hätte sie einen Tag im Gebet zugebracht.
William legte den Kopf in den Nacken und heulte. Der lang gezogene, schrille Ton seines Wolfsgesangs hallte über den Burghof, unheimlich am hellen Tag.
Im Turm rechts flog eine Tür auf, und Kaldar, Gaston und die Jungen stolperten im Sonnenlicht auf einen kleinen Balkon hinaus. Jacks Hände und Gesicht waren blutig, er grinste wie ein Quartalsirrer. Von Georges Rapier und Kaldars Schwert triefte Blut. Er sah sie, salutierte, ein breites Grinsen im Gesicht.
William riss sich die Jacke herunter. Um Brust und Taille spannte sich ein Geschirr.
»Was ist das?« Francis hatte endlich seine Stimme wiedergefunden. »Wer seid ihr?«
Cerise schüttelte ihr Kleid ab, darunter kamen ein enger, schwarzer Anzug und ihr Notfallgeschirr zum Vorschein. Auf dem Balkon zerrissen Kaldar, Gaston und die Jungen ihre Kleider.
William öffnete seine Jacke, riss ein weiteres Geschirr aus den Säumen, hängte es Francis um und hakte es mit einem kurzen Seil an seinem eigenen fest.
»Audrey, Sie kommen mit mir.« Cerise näherte
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