Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)
Pfefferminzbonbons lutsche.«
Kaldar packte sie. Im einen Augenblick saß er noch dort, und im nächsten zog er sie mit fester Hand an sich. Sein Gesicht kam ihr viel zu nahe. Seine Augen waren hellbraun, wie alter Whiskey, und er sah sie nun an, wie Männer eine Frau ansehen, wenn sie jeden anderen Gedanken aus ihrem Kopf verbannt haben. Ein kleiner Stromschlag durchzuckte sie. Sie war sich ziemlich sicher, dass keiner von ihnen beiden darauf geachtet hätte, wenn jetzt in der Kabine ein Vulkan ausgebrochen wäre.
»Mm, Audrey«, sagte er mit tiefer, vertraulicher Stimme. Der Klang ihres Namens fühlte sich an wie Samt auf ihrer Haut. Ihre Nackenhaare sträubten sich.
»Sie lassen mich jetzt besser los.«
»Wissen Sie, was der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist?«
»Da fallen mir gleich mehrere ein.« Oh, ja, ja, und ob, und was für lustige Unterschiede. Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, würde sie sich vielleicht sogar näher damit beschäftigen, aber nicht jetzt.
Kaldar beugte sich über sie. Sie spürte den Hauch seines Flüsterns im Ohr. »Der Unterschied ist, dass ich keinen Taser benötige.«
Er wandte sich ihr zu, sein Mund kam ihr so nahe, dass der Abstand zwischen ihnen sich mit Hitze füllte. Er sah sie an, nahm ihren Anblick in sich auf, sein Blick schweifte über ihre Augen, ihre Wange, ihren Mund …
Sie spürte seinen Atem über ihren Mund streichen, den ersten sanften Kontakt seiner Lippen mit ihren, die hitzige Berührung seiner Zunge. Sie ließ zu, dass ihre Lippen sich teilten, dann glitt seine Zunge in ihren Mund. Sie trafen einander, sein Geschmack überschwemmte sie – er schmeckte nach Zahnpasta und Aprikosen und irgendeinem ausgefallenen Gewürz, einfach köstlich. Er rückte ihr zu Leibe, neckend, lockend, während sie so tat, als gefalle ihr das nicht, doch dann erwiderte sie seine Zärtlichkeiten, wieder und wieder, verführerisch und Dinge versprechend, die sie niemals wahr werden lassen wollte.
Dann lösten sie sich langsam voneinander. Ihr Körper vibrierte wie eine zum Zerreißen gespannte Saite, und ehe sie einen Schritt zurücktrat, spürte sie einen der eben erwähnten Unterschiede sich hart an ihren Bauch schmiegen.
Unverwandt blickte Audrey in seine selbstgefälligen Augen und verpasste ihm eine Ohrfeige. Eine ziemlich kräftige, laute Klatsche. Danach tat ihr die Hand weh.
Kaldar ließ sie los und rieb sich das Gesicht. »Was sollte das denn jetzt?«
»Ich habe Nein gesagt, Sie haben es trotzdem getan.« Und es war fantastisch gewesen. Sie würde sich noch an diesen Kuss erinnern, wenn sie mal alt und grau war.
Kaldar sah sie vergnügt und ein wenig gierig an. Seine glatte Oberfläche war verschwunden, doch die Überbleibsel waren gefährlich, ruchlos und außerordentlich schädlich. Audrey hatte vom Moor gehört. Eine wilde Gegend, und Kaldar war dort groß geworden, was ihn wild und verrückt machte. Hinter dem aalglatten Gebaren kam der wirkliche Mann zum Vorschein – ein echt heißer Typ.
Mit 18 musste er eine Landplage gewesen sein. Vor allem mit dem Gesicht. Heute war er älter und klüger, kam besser mit dem Irrsinn in ihm zurecht, der, tief unter der Oberfläche verborgen, immer noch da war und den er nun zu ihrem Vorteil entließ. Tja, sie hatte eben echt Glück.
Kaldar zwinkerte ihr zu. »Es hat Ihnen gefallen. Sie haben sich lebendig gefühlt und ziemlich grün ausgesehen.«
Dreckskerl . »Oh, dann haben Sie mir mit dem Kuss das Leben gerettet?«
»Nun, wenn Sie es so sehen wollen.«
Arroganter Schwachkopf . »Tun Sie mir einen Gefallen, lassen Sie mich das nächste Mal, wenn Sie meinen, man müsste mir das Leben retten, einfach sterben. Das wäre mir echt lieber.«
Er lachte.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich gehe mit den Jungs an die Front. Sie bleiben, wo Sie sind. Sie und Ihre Lebensretterküsse müssen sich mal ein bisschen abkühlen.«
Audrey hob Ling vom Boden auf und marschierte nach vorne in die Kanzel.
Der Drache ging in den Sinkflug und kreiste über der Lichtung, was sich kaum weniger aufregend anfühlte als die rasante Abfahrt in einer Achterbahn. Audrey klammerte sich an ihren Sitz. Vorne in der Kanzel gab es nur zwei Plätze, und die Jungs hatten ihr gnädigerweise den Platz neben Gaston und vor dem riesigen Windschutz überlassen, was sie bereits bitter bereute.
»Das wird schon«, erklärte Gaston ihr. »Man kann Flugdrachen nur schwer bremsen, deshalb fliegen wir eine Minute lang immer engere Kreise. Eigentlich
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