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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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sich von ihren Fingern. Die grünen Ziffern der Digitalanzeige flackerten und erloschen. Und tschüss Computersicherung. Eins geschafft, blieben zwei. Leider würden die anderen beiden Schlösser schwerer zu knacken sein. Audrey winkte Ling in den Flur. Der Waschbär trottete hinaus. Audrey zog ein Stethoskop aus ihrem Anzug, hängte es sich um und drückte die Membran gegen die Tresortür.
    Kaldar beugte sich über sie und bewegte kaum die Lippen. »Magie?«
    »Das Schloss ist übel«, stöhnte sie. »Je hartnäckiger es ist, desto mehr Magie braucht man. Ein Viertelpfund fühlt sich an wie fünfhundert. Ich muss meine Kräfte schonen.«
    »Probleme?«
    »Kein Problem. Ich hab noch mehr drauf.«
    Behutsam berührte sie die Drehscheibe. Eins, zwei, drei, vier fünf … Drehung, Drehung, Drehung … mit einem leisen Klicken rastete die falsche Zuhaltung ein. Ein trockenes Geräusch, klar und unverkennbar. Wie gemacht, um einen Durchschnittssafeknacker zu täuschen. Abermals berührte Audrey die Drehscheibe. Drehung. Drehung. Drehung. Im Stethoskop hörte sie ein leises, gedämpftes Geräusch. Die wirkliche Zuhaltung. Ein kaum wahrnehmbarer Laut, doch sie hatte sich an solchen Kombinationsschlössern abgearbeitet, so lange sie denken konnte.
    Ling sauste ins Zimmer und schlitterte gegen die Wand.
    »Da kommt jemand«, flüsterte Audrey.
    Kaldar nickte, trat einen Schritt zurück und bezog Stellung neben der Tür.
    Audrey bewegte die Drehscheibe in die Gegenrichtung.
    Auf dem Korridor klangen Schritte. Sie zwang sich, nicht darauf zu achten.
    Drehung, Drehung. Klick. Drehung, Drehung. Zuhaltung. Und wieder zurück.
    Ein großer, schlanker Mann kam herein, dunkel gekleidet, mit einem Gewehr und hellblauen Überschuhen. Sie hielt ihr Stethoskop weiter gegen die Tresortür gedrückt.
    Sie sahen einander an. Der Wächter wollte das Gewehr hochreißen. Doch ehe der Lauf sich einen Millimeter rührte, drosch Kaldar dem Mann blitzschnell die Faust gegen die Kehle. Ihm blieb keine Zeit für eine Reaktion. Der zweite Hieb traf seinen Solarplexus, Kaldar packte den Mann, zerrte ihn vorwärts, drückte ihn hinunter, brachte ihn mit flüssiger Eleganz in die richtige Position, fast so, als bestünde der Wächter aus Knetgummi, bis Kaldar irgendwie hinter ihm zu stehen kam und ihm die Luft abdrückte und den Blutfluss zu seinem Gehirn unterband. Der Mann zuckte, zappelte, doch Kaldar hielt ihn behutsam fest, bis er erschlaffte.
    Wow, das war ja richtig schön.
    Kaldar ließ ihn zu Boden sinken und zog Klebeband und Plastik aus der Tasche.
    Die letzte Zuhaltung klickte. Audrey kam hoch, nahm das Stethoskop weg und winkelte mit nach außen gedrehten Handflächen die Arme an. Die Magie brodelte, brach sich Bahn und glitt in einer gewichtslosen, kristallinen grünen Welle über ihre Schultern. Dann hüllte die durchscheinende Farbe ihre Hände ein. Audrey drückte. Die Magie ergoss sich aus ihr in das Schloss und durchs Schlüsselloch. Der Tresor bebte, blieb aber fest verschlossen.
    Sie stemmte sich gegen den Schmerz und drückte fester.
    Das Schloss hielt.
    Fester.
    Der Schmerz wuchs in ihrem Innern, brannte immer heißer, der Preis für zu schnell freigesetzte Magie. Das Gewicht des Schlosses setzte ihr zu, als hätte ihr jemand ein Tonnengewicht auf die Schultern gewuchtet. Komm schon … komm …
    Metall glitt über Metall. Dann schwang auf gut geölten Scharnieren die Tür auf und offenbarte vier mit Bargeld vollgestopfte Fächer.
    Der Schmerz ließ nach. Audrey atmete aus. Kaldar grinste wie ein Idiot. So wie er sie ansah, wäre sie fast errötet, was für eine Callahan etwas heißen sollte.
    Er beugte sich zu ihr und flüsterte etwas zu laut: »Audrey, Sie sind zauberhaft.«
    Sie hätte nicht sagen können, ob er es ernst meinte. Aber sie wollte unbedingt glauben, dass es so war.
    Jack schlenderte neben George die Straße entlang und blinzelte in die frühmorgendliche Sonne. Beide Jungs sahen grandios dreckig aus. Zweimal waren sie den Hügel hinuntergerollt, und Georges Haare ähnelten jetzt Schmutzlumpen. Ihre Arme und Gesichter waren staubig. In Jacks Kopf hallte Kaldars Stimme nach: Weniger glücklich als hungrig . Hungrig. Und ob.
    »Alter«, sagte George.
    Er hatte den ganzen Morgen geübt, bekam es aber immer noch nicht richtig hin. »Nee, mehr d , weniger t . Alder.«
    »Alder.«
    »Alder.«
    »Okay, Alder.« George nickte.
    »Alles frisch? Wie steht’s?«, fragte Jack.
    »Und was antworte ich darauf?« George sah ihn

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