Land der Sehnsucht (German Edition)
nebenan lag, hatte er Jennings’ Handwerkskunst bewundert. Der Wind und Regen hatten die ganze Nacht weitergetobt, doch in der Blockhütte war es gemütlich warm und trocken geblieben.
Der Himmel war heute strahlend blau. Keine einzige Wolke war zu sehen. Dieses Land musste fast an das Land grenzen, für das er bei Clayton ein Angebot abgegeben hatte. Auf jeden Fall lag es in der gleichen Gegend. Das war ihm gestern auf der Fahrt schon aufgefallen.
„Okay, wir können gehen.“ Jennings kehrte mit einer Säge für zwei Männer zurück. „Wenn wir zu zweit sägen, müssten wir den Baum in spätestens zwei Stunden aus dem Weg geräumt haben.“
Jack band die Pferde los. „Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, Jennings.“ Sie gingen ein paar Schritte. „Und wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich Ihnen gern ein paar Fragen über Ihr Land stellen und darüber, wie Sie …“
In diesem Moment fiel Jacks Blick auf einen großen Stein unterhalb einer riesigen Tanne, die in der Nähe der Blockhütte wuchs. Als er begriff, was es war, trat er näher. Während er den Namen und die Inschrift las, die in den Grabstein eingraviert waren, verlangsamte er seine Schritte und blieb dann ganz stehen, um erstaunt die Jahreszahlen darunter zu lesen.
Jennings’ Blick wanderte von ihm zum Grabstein und dann wieder zu Jacks Gesicht. Er lachte leise. „Das ist eine eigene Geschichte.“
Jack nickte. „Das hoffe ich doch. Und ich wette, sie ist gut.“
„Sie ist gut, und sie ist lang.“ Jennings deutete auf den Weg. „Ich kann sie Ihnen beim Sägen erzählen.“
Kapitel 35
„I ch kann Ihnen gar nicht sagen, was für eine herrliche Überraschung das für sie sein wird, Miss Girard.“ Claire Stewartson bedeutete Véronique, ihr durch den Gang zu folgen. Miss Maudies Schlafzimmertür war geschlossen. Claire klopfte leicht und flüsterte Véronique zu: „Manchmal macht sie um diese Zeit einen Mittagsschlaf.“
Claire öffnete die Tür ein paar Zentimeter und trat dann zur Seite.
Miss Maudie lag im Bett und hatte die Augen geschlossen. „Vielleicht sollte ich lieber ein anderes Mal wiederkommen“, flüsterte Véronique, aber Claire schüttelte den Kopf und ließ die Tür angelehnt. Véronique folgte ihr wieder in die Eingangshalle.
„Wenn es Ihnen nichts ausmacht zu warten … Sie wacht bestimmt bald auf. Wenn ich ihr sage, dass Sie hier waren und ich Sie wieder habe gehen lassen, mache ich mich bei ihr genauso unbeliebt wie Dr. Hadley. Und das will ich nicht!“ Sie zwinkerte. „Sie können im Salon warten, wenn Sie möchten. Es dauert bestimmt nicht lange. Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen?“
„Non, ich brauche nichts. Merci, Madame.“
Claire ging wieder in die Küche. Véronique stand neben dem Sofa und wusste, dass sie es sich bequem machen sollte, konnte es aber nicht. Sie hatte über eine Woche gebraucht, um den Mut aufzubringen, Miss Maudie zu besuchen, und sie war innerlich immer noch ganz angespannt. Sie wusste selbst nicht warum.
Jack hatte angeboten, sie zu begleiten, aber sie hatte das Gefühl, dass dies etwas war, das sie allein tun musste. Sie hatte es sogar geschafft, den Wagen allein zu fahren, und hatte jede Meile in Napoleons und Charlemagnes Gesellschaft genossen. Als sie die Stadt hinter sich gelassen hatte, war ihr jedoch der beunruhigende Gedanke gekommen, dass sie keine Ahnung hätte, was sie tun müsste, wenn eine Felge bräche.
Wenn sie sich an jenen Tag mit Jack und an dieses heimtückische Stinktier erinnerte, musste sie lächeln. Sie hielt sich die Hand an die Nase und schnupperte. Manchmal konnte sie den schrecklichen Gestank immer noch riechen, aber Jack sagte, das bilde sie sich nur ein.
Ein Schauern verdrängte diese eher lustige Erinnerung, als sie an die Gefahr dachte, die ihnen auf der Fahrt nach Sluice Box gedroht hatte – sowohl von Sol Leevy und seinen Männern als auch von den Naturelementen in den Bergen von Colorado. Nachdem sie die Nacht bei der Familie Jennings verbracht hatten und anschließend nach Quandry weitergefahren waren, hatte Jack auf dem Rückweg vom Berg überaus ruhig und nachdenklich neben ihr gesessen.
Noch bevor er dann schließlich doch den Mund aufmachte, hatte sie schon gewusst, was er sagen wollte.
„Ich halte es für besser, wenn du mich in Zukunft nicht mehr begleitest, Véronique. Wenn Leevy und diese Männer beschlossen hätten …“ Er biss die Zähne zusammen. „Wenn sie beschlossen hätten, dir etwas zu tun, hätte ich sie
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