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Land der Sehnsucht (German Edition)

Land der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Land der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamera Alexander
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Aufmerksamkeit. Ein Mann überquerte direkt vor dem Restaurant die Straße.
    Sie erkannte ihn sofort, und auch seine finstere Miene konnte die Freundlichkeit, mit der er gestern Abend Monsieur Colby begegnet war, nicht aus ihrem Gedächtnis löschen. Seine entschlossenen Schritte waren so groß, dass sie drei Schritte hätte machen müssen, während er einen machte. Sie folgte ihm mit ihrem Blick, bis er um die Ecke bog und aus ihrem Blickfeld verschwand. Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und starrte in die Richtung, in die er gegangen war. Was konnte bei einem Mann, der so freundlich zu sein schien, so eine starke Wut entfachen?
    „Mademoiselle Girard?“
    Lillys Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Als sie die Besorgnis in den Augen des Mädchens sah, tat Véronique ihr Verhalten sofort leid. „Je suis désolée, Lilly. Ich war gerade in Gedanken ganz woanders.“
    Lilly wiederholte den unbekannten Satz und sprach ihn fast perfekt aus. „Das heißt: Es tut mir leid?“
    Véronique nickte und wandte dann den Blick von Lilly ab. „Mein Kompliment. Du lernst sehr schnell, aber …“ Sie seufzte bedrückt. „Ich fürchte, ich bin im Moment keine gute Gesellschaft. Mein Gespräch mit Monsieur Sampson in seinem Mietstall hat nicht den Erfolg gebracht, den ich mir erhofft hatte.“
    Lilly sah sie aufmerksam an. „Er konnte Ihnen keinen Fahrer empfehlen?“
    Er wollte nicht, traf die Sache wohl eher, aber Véronique mochte nichts Negatives über den alten Mann sagen. Seine Besorgnis um sie, auch wenn sie ungebeten und deplatziert war, schien nur ihr Wohl im Blick zu haben. „Er wusste keinen Fahrer, der im Moment eine neue Arbeit sucht. Aber er hat mir einen Wagen zum Verkauf angeboten.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Leider ist mein Können in der Kunst, einen Wagen zu fahren … wie würdest du es nennen …“
    Da ihr das Wort, das sie suchte, nicht einfiel, holte Véronique ein kleines Buch mit dem Titel Grammatik und richtiger Gebrauch der englischen Sprache aus ihrer Handtasche. Manchmal suchte sie immer noch nach dem richtigen englischen Wort. Und gelegentlich schlich sich ihre Muttersprache in ihre Gespräche ein, besonders wenn die Worte in den zwei Sprachen ähnlich waren.
    Sie blätterte in dem Büchlein, das deutliche Gebrauchsspuren aufwies. „Ah ja! Meine Fahrkünste lassen zu wünschen übrig.“
    Lilly grinste, aber Véronique sah, wie der Verstand hinter ihren veilchenblauen Augen auf Hochtouren arbeitete. Sie hatte Lilly noch nicht verraten, aus welchem Grund sie in Willow Springs war. Lilly vermutete, genauso wie Bertram Colby, dass sie eine Vergnügungsreise machte und vorhatte, die umliegende Landschaft zu besichtigen. Was für ein lächerlicher Gedanke, dass jemand den weiten Weg aus Paris auf sich nähme, um hier eine Vergnügungsreise zu machen!
    Véronique merkte sich das neue Wort und steckte das Buch wieder weg. Sie dachte daran, Lilly die Wahrheit zu sagen. Aber sie rang auch mit dem Gedanken, dass sie, obwohl sie damals erst ein kleines Mädchen gewesen war, vielleicht irgendwie die Schuld am Verschwinden ihres Vaters trug. Ihre Mutter hatte ihr wiederholt versichert, dass dies nicht der Fall sei, aber die Zweifel waren trotzdem geblieben.
    Véronique verdrängte ihre Bedenken und beschloss, sich ihrer neuen Freundin anzuvertrauen. Sie begann mit dem letzten Wunsch ihrer Mutter und erzählte die ganze Geschichte. Sie spürte, wie ihre Last deutlich leichter wurde, je mehr sie erzählte.
    Lilly hörte ihr zu, ohne sie zu unterbrechen. Schließlich atmete sie laut aus. „So etwas Schönes habe ich selten gehört, Mademoiselle Girard. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie viel Sie auf sich genommen haben, um hierher zu kommen.“
    „Oui, die letzten Monate waren schwer, aber der mühsamste Teil meiner Reise liegt noch vor mir. Aber ich habe das Gefühl, dass ich jetzt in eine Sackgasse geraten bin.“
    „Etwas, das wir versuchen könnten …“ Lilly beugte sich vor und unterstrich mit energischen Bewegungen ihrer Gabel ihre Worte. „Wir könnten eine Anzeige im Postamt aufgeben. Mein Vater hat so etwas schon einmal gemacht. Mr Brantley hat ein Schwarzes Brett, an dem die Leute Zettel anbringen können, die bestimmte Dinge oder Dienste suchen oder brauchen. Wir könnten auch ein paar Anzeigen in der Stadt aufhängen. Und wir könnten den Namen Ihres Vaters daraufschreiben. Vielleicht erinnert sich jemand an ihn.“
    Bei diesen Vorschlägen besserte sich Véroniques

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