Land der Sehnsucht (German Edition)
war, dass Christophe ihr wieder geschrieben haben könnte, aber als sie den zusammengefalteten Zettel in Mr Bairds Hand sah, verwarf sie diese Hoffnung schnell. Vielleicht war es eine Antwort auf die Anzeige nach einem Fahrer, die sie am Nachmittag im Postamt aufgehängt hatte. Sie hatte angegeben, dass Interessenten sich im Hotel bei ihr melden sollten. Das erinnerte sie daran, dass sie Mr Baird von ihrer Anzeige in Kenntnis setzen musste.
Er nickte, als sie es ihm erklärte. „Oh, das ist kein Problem, Miss Girard. Ich sage es der Chefin, damit sie auch Bescheid weiß.“
Sie schaute ihn einen Moment verständnislos an.
Mr Baird schmunzelte. „Ich sprach von meiner Frau … Mrs Baird.“ Er zwinkerte. „Sie ist hier der eigentliche Chef. Ich tue nur, was sie mir sagt.“
„Merci.“ Véronique nahm die Nachricht entgegen und nickte kurz. Sie gewöhnte sich allmählich an die lockere Art der Menschen in diesem Land, auch wenn sie nicht behaupten konnte, dass sie sie verstehen würde. Sie warf einen Blick auf die kurze Nachricht und war zuerst nicht sicher, was sie damit anfangen sollte.
„Ich hoffe, es ist eine gute Nachricht“, bemerkte Mr Baird, der sich wieder seiner Zeitung widmete.
Véronique las die Nachricht noch einmal und lächelte. „Oui, ich glaube schon. Herzlichen Dank, Monsieur.“ Mit neuem Elan in ihren Schritten war sie schon bei der Treppe, bevor ihr etwas einfiel. „Monsieur Baird, wären Sie so freundlich und würden veranlassen, dass mir heute Abend ein Bad eingelassen wird?“
„Natürlich, Madam … aber es wird eine Weile dauern.“ Er deutete nach oben. „Ein anderer Gast ist vor einer Minute ins Badezimmer gegangen. Er dürfte aber bald fertig sein. Dann klopfe ich an Ihre Tür.“
Sie seufzte, da sie sich nach einem Bad sehnte, aber noch mehr nach einem Bett. „Ich bin ziemlich müde. Könnten Sie stattdessen veranlassen, dass es mir gleich morgen früh eingelassen wird?“
Nachdem sie eine Uhrzeit vereinbart hatten, stieg Véronique die Treppen zum zweiten Stock hinauf. Badezimmer, die man mit anderen teilte, waren ihr nicht unbekannt. Sie waren in Paris weit verbreitet. In den unteren Schichten. Aber ein Badezimmer mit jemandem vom anderen Geschlecht zu teilen, das war eine neue Erfahrung. Eine Erfahrung, an die sie sich erst noch gewöhnen musste.
Als sie im zweiten Stockwerk ankam, wurde ihre Aufmerksamkeit auf ein plätscherndes Geräusch gelenkt. Sie blieb stehen und bemerkte, dass sie sich direkt vor der Tür des Badezimmers befand. Als sich von der anderen Seite der Tür her Schritte näherten, verschwand sie eilig im Gang. Sobald sie sicher in ihrem Zimmer war, ließ sie sich aufs Bett fallen und kicherte über ihre übertriebene Reaktion, dann warf sie noch einmal einen Blick auf die Nachricht von Monsieur Jake Sampson.
Darin stand: Mademoiselle Girard, kommen Sie morgen früh zum Mietstall. Ihr Wagen wartet auf Sie.
Kapitel 6
Véronique stieg in das dampfende Bad und ließ sich langsam in das warme Wasser sinken. Sie drückte die Schultern hinten an die Wanne und streckte ihre Beine aus. Das heiße Wasser erwärmte ihre Muskeln und entspannte sie. Es war himmlisch. Mit einer Ausnahme: Hatten die Amerikaner etwas gegen duftendes Badewasser? Vielleicht hatten sie aber auch von ihren europäischen Verwandten einfach noch nichts über Duftbäder gelernt.
Sie hatte viel Platz, bevor ihre Füße das andere Ende der Wanne erreichten. Deshalb glitt sie tiefer ins Wasser und tauchte den Kopf ein, damit ihre Haare gründlich durchnässt wurden. Sie tauchte wieder auf, wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und atmete die feuchte Luft tief ein.
Monsieur Sampsons Nachricht kam ihr in den Sinn. Während sie darüber nachdachte, was er damit gemeint haben könnte, rieb sie den rauen Seifenblock zwischen ihren Händen und strich den Schaum über ihre Arme und Beine. Das trockene Klima dieses Territoriums trocknete ihre Haut aus, und diese Seife würde dem ganz sicher nicht entgegenwirken. Sie hatte vor drei Wochen den Rest ihrer Lieblingslotion aus Limone und Salbei aufgebraucht, obwohl sie sie nach ihrem Aufbruch aus Paris sorgfältig rationiert hatte. Vielleicht könnte sie im Kolonialwarenladen nachfragen, ob man …
Der Griff an der Badezimmertür wackelte.
Instinktiv sank Véronique tiefer in die Wanne und wünschte sich, es gäbe etwas schützenden Schaum auf dem Wasser. Hatte sie das Schloss an der Tür verriegelt? Das hatte sie doch bestimmt …
Der
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