Land der wilden Sehnsucht
in dem er sich verfangen musste – ob er wollte oder nicht. Dagegen gab es kein Mittel. Kein Wunder, dass auch Mark ihr erlegen war.
Du liebe Güte … so antworte doch. Kannst du nicht mehr sprechen?
Die innere Stimme brachte Sienna zur Besinnung. „Die Vögel haben mich mit ihrem Gesang geweckt“, erwiderte sie unbefangener, als sie es für möglich gehalten hätte. „Ich habe noch nie ein so vielstimmiges Morgenkonzert gehört.“
Blaine lachte und ließ den Blick in die Ferne schweifen. „In ein oder zwei Stunden wird die Luft schon wieder vor Hitze flimmern und uns mit ihren Spiegelungen täuschen“, sagte er. „Übrigens holen die gefiederten Freunde mich auch jeden Tag aus meinen Träumen … solange ich denken kann.“
Er drehte sich wieder zu Sienna um. Wie rein und makellos ihre Haut im milden Morgenlicht schimmerte! Er konnte dem Wunsch, sie zu berühren, kaum widerstehen. Sie war nicht die erste Frau, die ihn faszinierte, aber die erste mit einer fast magischen Aura. Er kannte sie nur wenige Tage und konnte sich kaum noch von ihr losreißen. Auch jetzt hätte er gern mit ihrem wundervollen Haar gespielt und sie fest in die Arme genommen. Er sah, wie sich ihre Brüste bei jedem Atemzug hoben und senkten und die zarte Spitze, die den tiefen Ausschnitt ihres Nachthemds säumte, bei jedem Herzschlag von Sienna zitterte.
Um auf andere Gedanken zu kommen, lehnte er sich mit verschränkten Armen gegen das Geländer und fragte: „Haben Sie auch schon die Halsbandsittiche gehört?“ Er zeigte auf eine Gruppe blühender Bäume. „Da drüben bilden sie eine ganze Kolonie. Es sind verhältnismäßig große smaragdgrüne Vögel mit einem Halsband, das unten schwarz und im Nacken rosafarben ist. Sie haben einen dunkel- bis korallenroten Ober- und einen roten bis schwärzlichen Unterschnabel.“
Sienna war froh über die Ablenkung, denn die Anziehungskraft, die er auf sie ausübte, empfand sie als fatal. Er strahlte eine Sinnlichkeit aus, die sie von Anfang an gespürt hatte, auch wenn er sie mit Strenge zu überspielen versuchte.
„Halsbandsittiche?“, wiederholte sie. „Stoßen die beim Fliegen diese eigenartigen Pfeiftöne aus? Ich habe nie zuvor so viele verschiedene Papageien gesehen.“
„Sie befinden sich hier im Land der Papageien“, erwiderte er. „Halsbandsittiche können unglaublichen Lärm machen.“
Was war das nur für ein banales Gespräch! Dabei träumte Blaine nur davon, länger mit ihr allein zu sein. Sie konnte ihn besänftigen oder erregen, ganz wie sie wollte. Das war gefährlich. Ein Mann des Outback wie er konnte eine Frau wie Sienna Fleury, die sich in Künstlerkreisen bewegte, niemals für sich gewinnen. Einen Paradiesvogel durfte man nicht in einen Käfig sperren.
Sienna hatte sein Mienenspiel beobachtet und ahnte, was in ihm vorging. Sie wollte ihn danach fragen, aber er kam ihr zuvor und erkundigte sich: „Woran dachten Sie gerade, als Sie mich rufen hörten?“
„Ich habe gebetet, dass wir diesen Tag alle heil überstehen“, antwortete sie. „Ich habe großes Mitgefühl mit Hilary … und natürlich auch mit Marcia. Doch sie ist jung und nimmt es leichter als ihre Mutter.“
„Haben Sie kein Mitgefühl mit mir?“
„Was für eine Frage!“
„Das ist keine Antwort.“
„Nein.“ Sienna wandte sich halb von ihm ab. Sein pechschwarzes Haar war noch vom Schlaf zerzaust. Eine einzelne Strähne fiel ihm keck in die Stirn. Er wirkte unglaublich lebendig und so männlich, wie es nur möglich war. „Ich hätte gern Mitleid mit Ihnen.“
„Eine amüsante Feststellung“, meinte er lächelnd. „Seltsamerweise haben Sie Amanda nicht erwähnt.“
„Sie sind ein guter Beobachter, Blaine“, sagte Sienna irritiert. „Sie haben Amanda und mich von Anfang an unter die Lupe genommen. Meine Cousine leidet bis heute unter dem frühen Verlust ihrer Eltern. Sie hat sich immer irgendwie im Stich gelassen gefühlt und ist unfähig, um etwas zu trauern. Sie wehrt sich dagegen … wie gegen einen heimtückischen Feind, den man nicht an sich heranlassen darf. Ihre Ehe mit Mark war schwierig und zum Schluss nicht mehr glücklich. Vielleicht hätte sie nicht lange gehalten, deswegen sollten Sie Amanda jedoch nicht zu sehr verurteilen. Ich weiß, dass Sie es tun.“
„Wie soll ich sie denn Ihrer Meinung nach beurteilen?“, fragte Blaine. „Marks Mutter existiert nicht für sie … Marcia genauso wenig.“
„Beide waren bisher Fremde für Amanda.“
„Wie kommt es
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