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Land des Todes

Land des Todes

Titel: Land des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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einen felsigen, kahlen Ort gewandert, an den ich ihr nicht folgen konnte. Manchmal hasste ich sie. Andere Frauen gingen sanfter mit ihren Töchtern um, und ich beobachtete sie stets mit inbrünstigem Neid, wenn sie ihre Mädchen in die Arme nahmen und küssten. Oh, ich habe meiner Mutter längst verziehen: Es waren die Sorgen, die ihre liebevolle Seite erfrieren ließen. Dennoch gestaltete sich dadurch eine ohnehin schwierige Zeit für mich noch schwieriger.
    Meinem Vater stand ich nicht nahe. Obwohl er mich durchaus lieb hatte, wusste ich, dass er sich immer einen Sohn gewünscht hatte. Nur ein einziges Kind zu haben, obendrein noch eine Tochter, stellte eine dauerhafte Enttäuschung in seinem Leben dar. Manchmal, wenn er die ganze Nacht getrunken hatte, schlug er meine Mutter. Doch in der Hinsicht war er nicht schlimmer als viele Männer im Dorf und besser als einige, denn abgesehen von einigen blauen Flecken verletzte er sie nie. Ich fürchtete mich hauptsächlich vor ihm, und ich bin nicht sicher, ob ich ihn je wirklich geliebt habe. Aber trotz alledem war er mein Vater, und ich wollte nicht, dass er starb.
    Lina war nicht so taktlos, dass sie vor Aufregung jubilierthätte, als die Vendetta im Roten Haus Einzug hielt, dennoch konnte sie ihr Interesse nicht verbergen. Die Blutrache stellte etwas dar, wovon sie ausgeschlossen war. Und das widerstrebte ihr zutiefst, da sie immer im Mittelpunkt von allem stehen wollte. In meiner Einsamkeit wandte ich mich an sie, und unsere Freundschaft, die in den vorangegangenen Jahren etwas verblasst war, erblühte angesichts ihrer Anteilnahme von Neuem. Ich glaube, ich tat ihr aufrichtig leid, und sie bemühte sich bestmöglich, mich zu trösten. Wenn sie wollte, konnte sie eine bezaubernde und aufmerksame Gefährtin sein.
    Es mag merkwürdig anmuten, doch den meisten Trost in jener Zeit fand ich in Dameks Gesellschaft; zwar sprach er sehr wenig, aber in ihm steckte etwas, das mit tiefem Mitgefühl auf das Leid anderer ansprach. Eines Tages fand er mich weinend hinter dem Holzklafter, wo ich mich nach barschen Worten von meiner Mutter versteckt hatte. Ich bemerkte seine Anwesenheit erst, als er mir eine Hand auf die Schulter legte, was mich zusammenzucken ließ. Mit Tränen in den Augen schaute ich auf, verlegen, weil ich entdeckt worden war, doch er kauerte sich hin und bot mir ein Taschentuch an, um mein Gesicht abzutupfen.
    »Nach einer Weile wird es nicht mehr so weh tun«, meinte er nur, als mein Schluchzen verebbte.
    Mein Unbehagen verflog, denn ich wusste, Damek würde niemandem erzählen, dass er mich weinend wie ein kleines Kind vorgefunden hatte. »Es fühlt sich aber nicht so an«, erwiderte ich schließlich.
    »Am Anfang fühlt es sich immer schlimm an«, sagte er. »Aber dann gewöhnt man sich daran, und es ist nicht mehr so schlimm.« Ich wollte ihn fragen, woher er das wusste, verkniff es mir jedoch; wir alle wussten, dass Damek nie über seine Vergangenheit sprach. Er starrte auf seine Füße, als suchte er dort nach weiteren Worten, und wir saßen eine Zeit lang schweigend da, während ich mich sammelte.
    Nach einer Weile half er mir auf und musterte mein Gesicht. »Niemand wird merken, dass du geweint hast«, sagte er. »Ist besser so, oder?« Er lächelte, und ich erwiderte das Lächeln zaghaft. Ich erinnere mich, dass er ein sehr süßes Lächeln besaß. Danach suchte ich bisweilen seine Gesellschaft, wenn mir etwas aufs Gemüt schlug. Er stellte nie Fragen; wir unterhielten uns einfach über dies oder jenes, bis ich mich besser fühlte. Es war schlichte Freundlichkeit, und ich habe sie nie vergessen.
    Vermutlich fällt es schwer, das zu verstehen, zumal Damek seither so grausam geworden ist; aber vielleicht sind die grausamsten Menschen, die anderen so leichtfertig Schmerz zufügen, jene, die genau wissen, was es heißt, Schmerz zu empfinden. Manchmal frage ich mich, ob jener Junge von damals noch irgendwo in Damek weiterlebt oder ob Damek ihn als Mann ermordet hat. Falls er es tat, mochte dies sein schlimmstes Verbrechen gewesen sein.
    Als das Tauwetter einsetzte, zog mein Vater los, um seinen Mann zu töten, danach reiste er pflichtbewusst zum Palast, um den Blutzoll zu bezahlen. Bei seiner Rückkehr hielten wir das Ehrenfest ab. Zweifellos finden Sie es befremdlich, wenn man bedenkt, wie ich zu der Vendetta stehe, aber als ich ihn im rötlichen Schein des flackernden Lichts am Kopf des Tisches sitzen sah, war ich stolz auf ihn. Es sollte das einzige Mal in

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