Land meiner Träume collin1
völlig aufgelöste Haushälterin hatte trösten müssen. Der Schock war Meggan so in die Glieder gefahren, dass sie viele Tage lang keine Tränen vergoss. Davids Gesicht war unverletzt. Die Räder der Kutsche hatten seinen Körper zermalmt. Meggan hatte beim Anblick der Leiche gar nichts empfunden. Diese hagere Gestalt mit gelblicher, blutleerer Haut, die sich stramm über die Knochen des Gesichts zog, war nur eine makabre Karikatur des Mannes, der ihr Ehemann gewesen war. In dem Augenblick, da sie sich abwandte, verbannte sie das Bild der Leiche aus ihrem Kopf. So wollte sie David nicht in Erinnerung behalten. Sie würde nur an seine Güte und Freundlichkeit denken und an die friedliche Zeit, die sie zusammen erlebt hatten. Sie würde sich an die zärtliche Liebe erinnern, die er ihr gegeben hatte. Eine Liebe, die sie in vollem Ma?e erwidert hatte. Sein Tod hinterlie? in ihrem Leben eine nicht zu schlie?ende L?cke. Bei ihrer Rückkehr machte Mrs. Mills sich unter Tränen daran, eine Kanne erquickenden Tee zu kochen, und Meggan sah die persönlichen Dinge ihres Mannes durch, die man ihr ausgehändigt hatte. Unter ihnen fand sie ein Saphirarmband. Am Tag der Beerdigung trug sie es, ungeachtet dessen, was andere denken mochten, über dem schwarzen Handschuh an ihrem Handgelenk. Das Armband war das letzte Geschenk ihres Ehemannes, und sie würde es zum letzten Abschied tragen. Madame Marietta unterstützte Meggan uneingeschränkt in dieser Entscheidung, Mrs. Harrison verfocht ihrer Natur gemäß die gegenteilige Position. »Ha!«, erklärte Madame, als die meisten Trauernden gegangen waren. »Die werden sich mächtig das Maul zerreißen. Dumme Frauen, alle zusammen, die nichts anderes haben im Leben als die Kinder, die sie ihren Männern gebären.« Meggan war zu müde, um ihr zuzustimmen oder zu widersprechen, und sagte gar nichts. Madames Groll gegen Frauen, die Kinder bekamen, gefiel ihr nicht recht. »Ich hatte ihm noch gar nicht von dem Baby erzählt.« Sie war nicht stolz darauf, aber sie war erleichtert, dass sie ihm diesen Schmerz erspart hatte. Jetzt spielte es keine Rolle mehr. »Wenn ich es ihm an dem Abend erzählt hätte, als ich es vorhatte …« Der Satz blieb unvollendet. Wenn sie doch nur weinen könnte. Wenn doch nur diese schreckliche Taubheit von ihr abfiele. »Sie müssen sich nicht aufregen, Meggan. Ihr Mann hat es gewusst.« »Was?« Madames Worte rissen Meggan aus ihrer Teilnahmslosigkeit. »Sie haben es ihm gesagt?« Madame besaß zumindest so viel Gewissen, ein reumütiges Gesicht zu machen. »Ich habe ihm bei die Juwelier getroffen. Er bat mich um mein Meinung, ob er die Armband kaufen solle. Ich fragte ihn, ob die Armband ein spezielles Geschenk f?r die Baby sei.? »Das haben Sie ihn gefragt?« »Es war ein ganz natürlich Frage.« Madame breitete verteidigend die Hände aus. »Ich wusste nicht, dass Sie es ihm verheimlicht hatten.« Meggan wurde ganz übel. »Was hat David darauf gesagt?« Madame wurde nervös. »Vielleicht war er ein bisschen überrascht. Ich erinnere mich nicht. Ich habe die Laden sofort verlassen. Ich habe nicht einmal die Unfall gesehen.« »Sie haben den Laden eiligst verlassen, weil Ihnen klarwurde, was Sie getan hatten. Vielleicht ist Ihnen sogar gedämmert, warum ich es ihm noch nicht gesagt hatte. Wie konnten Sie so gedankenlos sein?« »Jetzt geben Sie mir den Schuld an Ihren Indiskretion. Das kann ich nicht akzeptieren. Ich gehe.« »Ja, bitte gehen Sie, Madame. Ich möchte allein sein.« Zeugen hatten ausgesagt, David habe gedankenverloren gewirkt und sei der Gefahr nicht gewahr gewesen, als er auf die Straße trat. Im abgedunkelten Zimmer liegend, wusste Meggan ohne jeden Zweifel, dass Madames unachtsame Worte der Grund für Davids Tod gewesen waren. Auch sie selbst hatte Schuld am Tod ihres Mannes. Dieses Kreuz würde sie immer tragen. Von diesem Tag an hatte sie sich bis zu dem Augenblick, da Adam Winton mit Jane vor der Tür stand, geweigert, Besucher zu empfangen. Mr. und Mrs. Mills schützten ihre Privatsphäre mit allen Mitteln. Und wann immer Mrs. Mills die Schluchzer hörte, die klangen, als rissen sie ihre junge Herrin entzwei, war sie zur Stelle, um die Fluten mit einer Tasse starkem, süßem Tee einzudämmen und Meggan so viel Trost zu bieten, wie diese annehmen mochte.
Eines, was Meggan mit ihrem ererbten Wohlstand tun wollte, war, ihren Eltern einen behaglichen Lebensstil zu ermöglichen. »Du musst nicht mehr arbeiten, Pa.« »Was soll ich denn
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