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Land Spielen

Land Spielen

Titel: Land Spielen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Mezger
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präsentieren. Andreas schnieft von Stunde zu Stunde mehr, wischt die Nase an seinem ausgebleichten T-Shirt ab (wie ein Jogger aus der Stadt sieht er aus). Die Frauen polstern mit den Trägern ihrer Trägerhemden die Träger ihrer Büstenhalter, knoten die Hemd„enden über dem Bauch zusammen.
    Tapfer sind alle Heuer, die Kleinen kämpfen gegen Langeweile an, Vera gegen Missmut den Helfern gegenüber, Andreas kämpft mit tränenden Augen, Moritz versucht, arbeitend aufzutrumpfen und nicht zu offensichtlich auf Christines schweißnasse freigelegte Rückenpartie zu starren.
    Das Wiesenspiel kennen wir gut, diesmal sind die Regeln durcheinandergeraten, die Kleinere von uns werden von der Wiese vertrieben. Weil ihnen Heugabeln von Erwachsenen aus den Händen genommen wurden, haben sie entdeckt, wie gut es sich auf dem trocknenden Gras hügelabwärts rollen lässt.
    Ins Freibad wollen wir, aber ein Freibad gibt es nicht in der Gegend, »Geht doch zum Dorfbach, wir kommen hier gut voran«, hören wir als Antwort. Trollen wir uns eben davon, früher waren Späße erlaubt, heute dürfen nur Erwachsene Spaß haben. »Später gibt es wieder mehr zu tun«, ruft uns Moritz hinterher, Christine winkt, wir winken nicht zurück.
    Das Wasser des Dorfbachs ist eisig und seicht, zum Baden taugt es nicht, wir suchen die tiefste Stelle, schließen Wetten ab, wer am längsten auf dem Bauch liegen kann. Fabian macht vor, was Kälteresistenz ist, Ralf lässt es sich nicht nehmen, den kleineren Bruder zu übertreffen, Ada steht bloß im Wasser, tastet mit den Füßen nach Steinen, die sich mit Zeheneinsatz bergen lassen. Dann wird herumgespritzt, das ist unfair, der Untergrund ist rutschig, wir landen viel zu oft im Nass, rappeln uns zitternd auf, stolpern mit blauen Flecken und blauen Lippen zurück nach Hause.
    Hier hat auch Andreas aufgegeben, er sitzt auf der Bank vor dem Haus, köpft ein winziges Plastikbehältnis, tropft sich den Inhalt in die Augen. Seine Aussicht ist verschleiert, er sieht auch so, dass seine Frau glücklich ist, er sieht klar, an wem es nicht liegt. Er gehe mal ins Dorf, bringe Bier und Würste, man könne hier ja ein Feuer machen. Vera nickt, nennt Dinge, die wir im Kühlschrank haben, und Dinge, die Andreas noch mitbringen könne. Dann zieht der Dorflehrer von dannen, schaut nicht zurück auf unser Feld, wo statt einer Mannschaft bloß noch ein Zweierteam hantiert. Heuhaufen aufschichten, damit diesmal nächtliche Feuchtigkeit nicht an all unsere wohlgetrockneten Halme herankommt.
    Noch immer kein Gewitter. Andreas breitet das Grillfleisch aus, die Kinder pusten in die Flammen, Christine setzt sich auf die Bank, streckt ihre Beine, lässt sich ein Bier reichen. Sie nennt das Leben wunderbar und den Muskelkater unausweichlich.
    Der Abend vergeht, der Morgen kommt. Auch am zweiten und dritten Tag gilt: der Blick in den Himmel, die Heuhaufen wieder zerteilen, später noch einmal wenden. Und dann ist es endlich so weit: Das Heu darf in die Scheune.
    Wo es anfangs süßlich und saftig roch, riecht es nun knisternd, am Hügelrand ballen sich die Wolken, ansonsten ist der Himmel klar.
    Am Nachmittag ist die Hitze drückend, sie presst den Schweiß aus den Poren, die spärliche Bekleidung klebt am Körper, am Horizont aus Bergen und Hügeln hängt eine Wolkenwand, die bald zusammenzubrechen droht. Nun braucht es alle Beteiligten, der Dorflehrer arbeitet mit Sonnenbrille und einem Tuch vor dem Mund, auch die Kleineren würden gerne Banditen spielen, rechen stattdessen hinter dem Lehrer her, engere Zinken finden vergessene Halme zwischen den Stoppeln. Wir verzieren unsere Wiese mit Heuwällen, wie Striemen laufen sie über das Feld, Moritz und Andreas stellen sich an je ein Ende, schieben mit ihren Gabeln die Bahnen zu Haufen, Vera und Christine beschäftigen sich mit Liegengebliebenem. Dann holt Moritz Sennenkutte und Heunetz, zieht das Netz unter dem Haufen durch, verknotet es zu einem tragbaren Bündel. Während Andreas Abstand hält von dieser Pollenschleuder, geht Moritz in die Knie, presst den Rücken gegen das Bündel, sucht über seinen Schultern Halt im Netz, Christine hilft den Fingern, die richtige Stelle zu finden, sie rückt auch die Kapuze der Sennenkutte zurecht.
    Vera schaut missmutig zu. Ihren Mann vor Nackenstichen zu bewahren, wäre ihre Aufgabe, auch wenn sie ihm heute lieber den Hals zerkratzt hätte.
    Schon ist Donner zu hören in der Ferne, bald kommt es, das Gewitter, Vera staut selbst ein

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