Landleben
treffe dich bei der neuen Mall,
vor Arnes. Du kennst unseren Wagen – ein rotbrauner Mer-
cedes. Ruf mich Montag an, falls es Schwierigkeiten gibt.
Wenn jemand anders am Apparat ist, sag, du hättest deine
Brille gefunden.»
«Das ist alles so kaltblütig!», protestierte e
r.
Darüber musste sie lachen. «Owen, du musst lernen»,
sagte sie feierlich, «praktisch zu sein. Das Leben ist kein
Traum, durch den du einfach so hindurchspazieren kannst.»
Sie war die Lehrerin; das gefiel ihm.
Der Platz für das Picknick war ein zwanzig Hektar gro-
ßes Naturschutzgebiet, Whitefield’s Rock genannt. Der
große Evangelist hatte angeblich hier gepredigt, aber Wis-
senschaftler bezweifelten das inzwischen und glaubten,
der Topographie nach müsse er von einem ähnliehen Fels-
vorsprung aus, ein paar Meilen entfernt, gepredigt haben.
Der Fels selbst, von vielen Füßen glatt getreten und mit
Zigarettenstummeln und Lutscherstielen in den Spalten,
war nicht ihr eigentliches Ziel; sie fanden eine Lichtung,
weitab vom Pfad, geschützt vor dem Septemberwind und,
so hofften sie, vor den Blicken von Spaziergängern. Das
Naturschutzgebiet mit seinen religiösen Anklängen war
nie stark besucht und lag nach Labor Day praktisch ver-
lassen da. Im Sommer hatten andere vor ihnen dieses ge-
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heime Fleckchen entdeckt: Unter einem Busch glitzerte
eine Bierdose, und das Gras, weich und gelblich wie dau-
erhaft im Schatten liegendes Gras, war stellenweise flach
gedrückt. Sie hatte eine Decke und das Picknick in einem
gut gefüllten Korb mitgebracht, doch weder Owen noch
Faye hatten Appetit darauf, nicht einmal auf den portu-
giesischen Rosé in der bauchigen Flasche mit Schraubver-
schluss. Sie fielen sich in die Arme, als wollten sie sich vor
den Blicken des anderen verstecken. Er konnte es nicht
glauben, das ungeheuerliche Wunder, dass eine andere
Frau als Phyllis ihn küsste, sein Ohr leckte, in seinen Ar-
men seufzte und sich nicht widersetzte, als er anfing, ihre
Bluse aufzuknöpfen.
Faye hatte sich für Hartford angezogen: ein Kostüm aus
hellem, paprikarotem Tweed über einer cremefarbenen
Seidenbluse, dazu zweifarbige Schuhe mit hohen Absät-
zen, die sie im Auto gegen alte Treter ausgetauscht hatte.
Sie nahm den Picknickkorb von der Decke, damit sie sich
ausstrecken konnten. Er knöpfte ihr die Bluse auf, und sie
hob den Arm, damit er an die Haken und Ösen kam, ihren
Büstenhalter. Ihr Rücken war knochiger, als er es gewohnt
war; um den Büstenhalter zu lockern, klappten sich ihre
Schulterblätter nach innen, wie beim gymnastischen Sit-
ting-up. Ihre Schultern waren braun von ineinander über-
gehenden Sommersprossen, ihr flacher Bauch war gebräunt,
wo Phyllis’ Bauch blass und von Schwangerschaftsstreifen
gezeichnet war. Er wollte laut aufschreien, als Fayes Brüs-
te, kleiner und fester als die seiner Frau, zum Vorschein
kamen und von seinen zitternden Händen, seinen vorsich-
tigen Lippen berührt werden konnten. Die Bäume um sie
herum bildeten eine grüne Wand, sie zuckten und wogten
in der Brise, zeigten die silbrige Unterseite ihrer Blätter,
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und hier und da war ein Ahornblatt oder ein Buchenblatt
schon gelb geworden.
Als sie mit ihren Brüsten fertig waren, hob sie, nüch-
tern und sachlich, die Hüften von der Decke. «Den Rock
auch», erklärte sie, «er zerknautscht sonst.» Er zog an dem
Tweed, aber ihre Hüften, breiter als ihre Schultern, hielten
ihn fest. «Die Knöpfe sind an der Seite!», sagte Faye in
dem dringlichen, unsanften Ton, in dem seine Mutter einst
gesagt hatte: Fass das nicht an!
Er knöpfte ihn auf, und der Rock glitt nach unten, und
dann, mit dem feinsten Hauch von genitalem Geruch, die
seidene Unterhose, heller als ihr Büstenhalter. Sie glitt
nach unten, wie damals bei Elsie, aber das war in tiefer
Dunkelheit gewesen, und dieser Moment ereignete sich
in hellstem Tageslicht. Die Enthüllungen folgten einander
zu rasch, als dass er hätte folgen können, wie Geschenke
bei einer zu schnell abgespulten Geburtstagsparty. Fayes
Schamhaar war spärlicher als das von Phyllis, zwei zarte
Wellen, die sich in einer Kupferkrone in der Mitte ihres
Venushügels trafen. Er wollte ihr Gesicht sehen, wollte se-
hen, wie sie sein Gesicht betrachtete, als er zum ersten Mal
diese Essenz, diese Crux ihrer Weiblichkeit sah. Einerlei,
wie lang oder kurz ihre Zukunft sich vor ihnen dehnte, es
würde nie wieder ein erstes Mal wie
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