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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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oder für
    eine Hutfabrik in Danbury ein Programm für Kostenrech-
    nung, Gehaltsabrechnung und Lagerkontrolle entwickelte,
    stellte er bei sich eine verminderte Fähigkeit fest, logische
    Ketten zu verbinden und zu kombinieren, eine Wirrheit in
    seinen Neuronen, die vielleicht auf eine Sättigung durch
    Erinnerungen an Sex mit Faye und Vorfreude darauf zu-
    rückzuführen war. Doch er war zuversichtlich, dass am
    Ende neue geistige Stärke aus diesem Sprung ins sexuelle
    Abenteuer erwachsen würde. Seine Ehe mit Phyllis hatte
    in ihren Anfängen – wenn er nur neben ihrem schlafen-

    212
    den Körper lag, in unbewusster Partnerschaft mit ihrem
    Atmen und ihren Träumen – zu Geistesblitzen geführt, de-
    ren frühreifes Produkt schließlich DigitEyes gewesen war.
    Nach ein paar Jahren jedoch waren viele konkurrierende
    Programme dieser Art auf den Markt gekommen, wäh-
    rend seine Visionen von einet grafischen Computer-User-
    Schnittstelle durch die Grenzen der Hardware selbst und
    die hohen Kosten für Hardware vereitelt wurden.
    Hohe Kosten – vielleicht lief es darauf hinaus: Faye war,
    so schien es, zu teuer für ihn, er konnte sie mit jemandem
    teilen, aber er konnte sie sich nicht allein leisten.
    «Natürlich tun das die Menschen», sagte Phyllis zu
    ihm, erschöpft, sogar zärtlich, aus der dem Ambiente von
    Cambridge entstammenden Weisheit heraus, die sie als
    Mädchen absorbiert hatte. «Sie sehen sich mit verliebten
    Blicken. Sonst wäre alles so grob. Das Ficken», fügte sie
    erklärend hinzu. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte sie
    dieses Wort nie benutzt, aber die Gegenkultur hatte das
    verändert. Phyllis mochte die fauxpauvreMode der jun-
    gen Leute, ihre Ablehnung von Make-up, ihre Hinwen-
    dung zu radikalen Fragen, ihre Neigung zu Theorie und
    ihren Glauben an den kontroversen Diskurs; es war ihr hei-
    matlich vertraut, etwas, das zu ihrem Leben gehörte, bevor
    es sie, dank E-O Data, ins durchschnittliche Middle Falls
    verschlagen hatte. «Nicht dass man dich verklären müss-
    te – du bist ein attraktiver Mann, Owen.
    »
    «Das sagst du jetzt.»
    «Ich habe dir das von Anfang an gesagt, so gut ich’s
    konnte. Ich bin nicht so überschäumend wie
    ye.
    Fa
    Attrak-
    tiv, und sie hat außerdem geglaubt, dass du reich bist.»
    «Wenn sie das gedacht hat, dann hat sie sich geirrt. Die
    neue Version von DigitEyes verkauft sich sehr schleppend.

    213
    Das Sketchpad-Programm, von Lincoln Laboratories, hat
    einen Teil des Markts besetzt. Dazu kommt, dass Ed sich
    Sorgen macht um diesen neuen Mini-Computer, den PDP-
    8, den DEC rausbringt, für nur achtzehntausend. Jeder
    kann sich so einen leisten, und der Markt für standardi-
    sierte Programme wird expandieren. Auf den Kunden zu-
    geschnittene Programme, wie wir sie machen, sind dem-
    nächst überholt.» Da ihre Ehe sich vor ihnen als Abgrund
    auftat, war er froh, sich auf den Boden der Technologie zu
    retten. Auch Phyllis war es, ein paar Augenblicke lang.
    «Wirklich? Da sagt Ed mir ganz was anderes. Er sagt, je
    mehr Menschen Computer besitzen, umso besser für das
    Software-Geschäft. Und sowieso hat Faye das alles nicht
    gewusst. Sie wollte dich als Ehemann, Liebling, so wie
    eine ihrer niedlichen neuen Verkleidungen. Das ist die
    Tragödie der Frauen, findest du nicht? Das Einzige, womit
    wir handeln können, ist das Ficken, und seit es die Pille
    gibt, is der
    t
    Preis drastisch runtergegangen.»
    «Bitte, hör auf, so derb zu reden. So bist du nicht.»
    «Ich dachte, du magst derbe Frauen. Oder wenigstens
    krasse. Doch, ich bin so, Owen. Du hast mich dazu ge-
    macht, mit dieser miesen kleinen Stadt voller gescheiter-
    ter Exgroßstädter und deiner grotesken Verknalltheit in
    Faye. Erst musste ich mich mit deinem Betrug abfinden
    und jetzt mit deinem pubertären Gejammer post festum.
    Meine Mutter hatte Recht: Du warst nicht der Richtige
    für mich. Du warst zu sehr der kleine Junge. Mein Vater
    war derjenige, der dich mochte, obwohl ich euch beide nie
    mehr als sechs Worte habe wechseln hören. Aber nachdem
    er mir Hank ausgetrieben hatte, glaubte er wohl, er schul-
    dete mir was.»
    Röte war ihr in die Wangen gestiegen, am Hals herauf;
    21
    4
    ihre Augen, silbrig bei manchem Licht, blitzten in seltener
    Empörung. Er verkniff sich ein bewunderndes Schmun-
    zeln: Phyllis hatte ein seltenes Talent dafür, Dinge zu
    durchschauen, bis auf die blanken Knochen. Arme Faye,
    ja, sie hatte ihn aufgefordert, praktisch zu sein, und hatte
    ihm

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