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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Mittagessen treffe. Er ist in letzter Zeit so düster.»
    «Morgen spiele ich Tennis im Club, mit Alissa, Vanessa
und Imogene. Nur dass Imogene nicht kann und Trish als
Ersatz schickt.»
    «Dann übermorgen», sagte er, «oder abends, wenn Floyd
und Eve im Bett sind.» Gregory war in seinem zweiten Jahr
am Brown College, Iris im ersten Jahr am Smith.
    «Abends bin ich zu fertig», sagte Phyllis. «Und übermor-
gen habe ich schon längst vergessen, worum es eigentlich
ging.«
    «Worum geht es denn eigentlich?», fragte er sie.
    «Darum, dass ich dich Hebe?», sagte sie schüchtern.
    Er machte aus ihrer Frage eine Feststellung: «Und ich
liebe dich.» Bei sich dachte er: Ich zerstöre das Leben dieser
Frau.
    «Es ist diese verdammte Stadt», sagte sie verdrossen.
«Wohin man sich auch wendet, sie ist immer da und mischt
sich ein.»
    «Es ist nur eine Stadt», sagte er.
    «Nein, Owen, das stimmt nicht. Die Leute in dieser
Stadt haben nicht genug zu tun und machen lauter Un-
fug.»
    «Nun ja, das ist der Wohlstand», sagte er zu ihr. «Hättest
du Lieber den Kommunismus?»
    Seit einiger Zeit schon dachte Owen, dass er die Affäre
mit Vanessa abbrechen musste, bevor sie explodierte und
noch einmal ein Chaos entstand wie nach Faye. Er konnte
nicht tief genug in die seltsame Ehe der Slades gucken,
doch er glaubte, dass sie, wie seine eigene auch, offene
Untreue nicht vertrüge. Schließlich war dies keine Hippie-
Kommune, kein von Felsen umgebener republikanischer Partnertausch-Club in den schneebedeckten Bergen des
nördlichen Mittleren Westens. Ein den Takt wahrendes
Gespinst von Anziehung und unerklärten Liebschaften
lag über diesen Menschen an der Ostküste. In letzter Zeit
hatte Owen sich zu Imogene Bisbee hingezogen gefühlt,
eine beachtliche Trinkerin mit einer heiseren Whiskey-
stimme und ergrauendem rabenschwarzem Haar, das von
einem Mittelscheitel aus streng nach hinten genommen
war, wie auf einer Daguerreotypie eines Vorfahren. Sie hat-
te blaues Blut und eine verletzte Anmut. Ihre Familie hatte
das Geld, mit dem Roscoe eine kleine, schlecht gehende
Anwaltskanzlei in der Stadt aufrechterhielt, wo er die Erb-
angelegenheiten von Freunden regelte und, dank langer
Ansässigkeit, Zugriff auf Fälle der Stadtverwaltung hatte.
Im späten Stadium einer Party war Imogene wiederholt ge-
gen ihn gestoßen. Einmal hatte sie mit verschwommenem
Blick seinen Daumen ergriffen und mit diesem reizvollen
Sprung in der Stimme gefragt: «Was gefällt dir nicht an mir,
Owen?»
    «Nichts», hatte er geantwortet. «Ich meine, da ist nichts,
was mir nicht gefällt. Wie kommt Roscoe mit seiner neuen
Schneeschleuder zurecht?»
    Trish Oglethorpe stellte sich dazu, drängte sich besitz-
ergreifend zwischen sie, obwohl er nicht mit ihr geschlafen
hatte und seine Visionen, sie für einen Dreier mit Vanes-
sa anzuwerben, verebbt waren. Doch ein Nachbild seines
Flirts und ein schwacher Widerhall seiner Masturbations-
phantasien, die sich nachts quer durch die Stadt über alle
schlafenden Fernsehantennen ausbreiteten, zog sie zu ihm
hin und ließ sie wachsam an seiner Seite bleiben, als war-
tete sie auf seinen nächsten Zug. Beide Frauen sahen ihn
sozusagen mit gequälter Erwartung an. Er sagte: «Ich lasse euch jetzt beide mal, dann könnt ihr über Tennis plaudern»,
wandte sich ab und machte sich auf die Suche nach Phyl-
lis, die in der Küche auf einem Barhocker aus Buchenholz
hockte und sich mit Ed und Henry Slade unterhielt – wie
in den alten Zeiten am MIT, wenn er sie in einem verräu-
cherten chinesischen Restaurant fand, wo sie behaglich mit
Jake Lowenthal und Bobby Sprock zusammensaß.
     
    Wenn Owen einen ernsthaften Annäherungsversuch bei
Imogene machen wollte, musste er erst mit Vanessa Schluss
machen. Aber würde er je wieder eine Frau wie sie finden,
eine so freimütige Sex-Freundin, so frontal und unerschro-
cken, mit so gleichmäßig mattfarbener Haut und einer Kli-
toris, die wie ein Penis funktionierte und ihm den Angriff
abnahm? Die gleiche Dreistigkeit und Energie machte sie
in der Stadt allgegenwärtig: Sie war Mitvorsitzende, wie
sie es nannten, des Fundraising-Komitees, das für einen
Anbau – mehr Büroraum, weniger für Ärzte, sondern viel-
mehr für die sich vermehrenden Verwalter und Buchhalter
der Krankenversicherung – am United Falls Hospital sam-
melte; das Krankenhaus lag in der Stadt, war aber auch für
die primitive Ortschaft Lower Falls sowie für diejenigen
Einwohner von Upper Falls zuständig, die

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