Landlust für Anfänger: Erlebnisse einer Ausgewilderten in der Toskana
schaufelte Schnee. Das Problem war, wohin mit dem Zeug? Der Weg ist eng, die Böschung meist hoch und der Wald dicht. Also musste er ständig etliche Meter zurückfahren, um an den wenigen freien Stellen seine Last abzuladen. Nach zwei Stunden hatten sie das Haus erreicht.
Viva Italia!
Sofort fuhren wir, mit langer Einkaufsliste, los. Träumten von Fleisch, Fisch, Gemüse und Obst. Ungefähr 800 Meter weit. Dann standen wir vor der letzten steilen Abfahrt. Logischerweise werden Waldwege nicht gesalzen. Mein kluger Mann hielt an, stieg aus, und schon rutschte er die ersten zehn Meter auf dem Po hinab, bevor er sich in den Graben retten konnte. Pures Eis.
Keine Chance. Umkehren, weiterhin Brot und Nudeln, oder Nudeln und Brot essen und auf bessere Zeiten hoffen.
Barbara und Rolf, die fünf Kilometer entfernt wohnen, hatten Erbarmen. Sie luden uns zu einer kleinen Reise ein. Wir packten sofort eine Tasche, zogen die Skianzüge an, fuhren die besagten 800 Meter, rutschten mehr oder weniger auf dem Po die steile Abfahrt hinunter und dort erwartete uns Barbara im Auto. Wir stiegen ein, reisten auf schneefreier (!), gesalzener Straße drei Kilometer, parkten und stapften einen Kilometer durch und über Schneewehen zu ihrem Haus. Der Weg war bislang nicht geräumt worden, aber unsere Freunde waren intelligenter oder erfahrener – wahrscheinlich beides – und hatten ihr Auto rechtzeitig vor der Schneeattacke an der Straße, die oberhalb ihres Hauses verläuft, geparkt. Wirklich kluge Leute.
Wir haben fantastisch gegessen. Schon nach einer kurzen Phase des Verzichts werden Huhn, Karotten und Kartoffeln zur Delikatesse.
Dann haben wir bis drei Uhr in der Nacht Karten gespielt und ein paar Stunden in der Ferienwohnung geschlafen. Toll!
Nach einem opulenten Frühstück mit Schinken, Salami und Käse reisten wir wieder ab. Klar, einen Kilometer Fußmarsch, nun bergauf, durch den Schnee, drei Kilometer Autofahrt - nein, jetzt kommt eine Variante. Es gab einen Schlenker ins Dorf, damit wir unsere Rucksäcke wieder mit Trinkwasser, Mehl und Nudeln füllen konnten. Der nette Ladenbesitzer schenkte uns diesmal zwei Äpfel. Erst dann stiegen wir am Fuße des nun steilen Anstiegs aus, der aber auch in diese Richtung sauglatt war, und erreichten mehr oder minder auf allen Vieren unser Auto mit dem wir nach Hause schlingerten.
Dort erwartete uns das nächste Wunder. Man könnte fast von „E. im Wunderland“ sprechen. Das Wasser ist zurück! Es fließt wieder aus dem Hahn! Wir können wieder duschen! Müssen nicht mehr zum Haare waschen Schneewasser auf dem Herd erwärmen und auch keine Dreckpartikel aus dem Tee fischen! Großartig!
Der Schnee ist dahin geschmolzen. Und mit ihm ein vielversprechender Garten. Die Bilanz der Frostschäden ist deprimierend. An eigentlich ewig grünen Oleandern hängen nur noch braune Blätter. Die Kakteen präsentieren sich als trauriger Matsch. Andere Pflanzen werden wohl überleben, stehen aber nur als arme Gerippe da mit abgebrochenen Zweigen. Am schlimmsten aber hat es die Olivenbäumchen getroffen. Alle Kronen sind erfroren.
Was bleibt uns anderes übrig, als sie wieder auszubuddeln und zu ersetzen?
Absägen, sagte Marco, der Gärtner, der sie züchtet. Er blieb unerbittlich. Nein, er wolle keine neuen Bäume an uns verkaufen. Die Stämme seien okay und schon im September hätten wir schönere Kronen als zuvor. Ein Olivenbaum brauche ein Jahr, um sich zu entschließen, an einem neuen Standort auch nur eine neue Wurzel zu schlagen und ein neues Blatt anzusetzen. Warum wir dieses Jahr wegwerfen wollten?
Wieder zuhause griffen wir zur Motorsäge.
Nun staksen 14 nackte Stöcke aus einem tristen Feld. Direkt vor der Terrasse.
Da ist es doch schön, wenn es Freunde gibt, die Dich aufbauen. Stolz darauf, als sei es ein Verdienst, 200 Meter tiefer zu wohnen, riefen sie: „Das sieht ja furchtbar aus! Also bei uns ist nichts erfroren.“ Genau das wollten wir in diesem Moment hören.
Und alle sind Experten. Nein, nein, die würden leider nie wieder ausschlagen. Auf 600 Metern Höhe solle man sowieso keine Olivenbäume haben. Auch Oleander seien ganz falsch. Wir hätten ja wirklich den schönsten Blick, aber würden nun mal auf der Bergstation leben. Bergstation? Ja, so würde man unser Haus in der Umgebung nennen.
Na toll. Hier ist also nicht mehr Toskana, hier ist Bayern oder gleich Österreich. Fehlt nur noch, dass sie uns winterfeste Pflanzen empfehlen und uns ab und zu in ihre
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