Landpartie mit drei Damen
obschon er sie aus politischen oder anderen Gründen nicht heiraten konnte, alljährlich ein wappenverziertes Döschen mit einem getrockneten Rosenblatt schickte.
Sie beschloss, dass sie sich hinfort in tiefster Trauer um ihr verwitwetes Herz kleiden würde. Und wäre es nicht wundervoll, ihren Vertrauten zuzuflüstern: »Ich habe ihn zum Abschied gedrängt. Er wollte alles für mich aufgeben, doch das konnte ich nicht zulassen. Er muss an seine Karriere denken, seine Pflicht erfüllen, sein Leben leben. Es ist besser so. Wenn ich ihm seinen Willen gelassen hätte, würde er mich mit der Zeit vielleicht sogar hassen – so bleibt unsere Liebe frisch, ewig. Nein, mein Herz ist gebrochen, aber ich bereue nichts.« Auf diese Weise ging Mrs Laces ohnehin sehr lebhafte Fantasie jetzt ständig mit ihr durch.
Die Party sollte auch die Gelegenheit bieten, Noel deutlich zu machen, dass er nicht der einzige Verehrer in ihrem Leben war – eine unnötige Geste, da für den armen Noel ohnehin feststand, dass man bei ihrem Anblick nicht anders könne, als sie zu begehren. Zu diesem Zweck wurden der kunstsinnige Mr Leader und seine Kollegen aus Rackenbridge eingeladen, jenem nahe gelegenen Athen, aus dem Anne-Maries kultivierte Eroberungen bis dato stammten.
Der große Tag dämmerte gewitterschwül herauf, und bald nach dem Frühstück donnerte es auch schon im Hause Lace. Major Lace, der sich gerade eine Pfeife stopfte, um dann hinauszugehen und nach einer erkrankten Kuh zu sehen, bemerkte beiläufig: »Ist heute nicht dein Saufgelage, Bella?«
Anne-Marie zuckte zusammen. Sie konnte es nicht leiden, wenn man ihren richtigen Namen verwendete, ihr missfiel das Wort »Saufgelage«, und sie fand, dass Major Lace hätte wissen müssen, dass dies der große Tag war.
»Ich habe ein paar Leute zum Cocktail eingeladen«, sagte sie mit ihrer Gesellschaftsstimme. »Meintest du das?«
»Genau! Ich wusste doch, es war heute. Gestern bei der Auktion ist mir der alte George Wilkins über den Weg gelaufen; ich habe ihm gesagt, er soll unbedingt vorbeischauen. Gut, dass es mir noch eingefallen ist. Er wird richtig Leben in die Bude bringen.«
Anne-Marie erstarrte, doch dann brach es leidenschaftlich aus ihr heraus. Sie weigere sich, Mr Wilkins auf ihrer Party zu dulden, er sei ganz unmöglich, ein widerlicher Mensch, dumm und ungehobelt. Sie könne ihn nicht ausstehen. Sie hasse sein rotes Gesicht, Hubert wisse das ganz genau, Hubert habe ihn nur aus Boshaftigkeit eingeladen, um ihr alles zu verderben. Alles. Sie brach in Tränen aus.
Major Lace hörte sich diese Vorwürfe mit Verwunderung an, doch der Ausdruck auf seinem freundlichen runden Gesicht wich allmählich dem aufrichtiger Empörung.
»Du bist ein furchtbarer Snob, meine Liebe«, sagte er, sobald er ein Wort vorbringen konnte. »Ich weiß, was du denkst, dass deine neuen tollen Freunde den armen alten George Wilkins nicht leiden können – hm? Tja, da hast du dich geirrt. Denn ich wette jede Summe, sie können ihn leiden. Er ist der amüsanteste Bursche, den ich kenne, und überhaupt mag den ollen Wilkins einfach jeder – nur du nicht.«
»Ich bin kein Snob!«, rief Mrs Lace wütend. »Wenn ich ein Snob wäre, wäre ich dann mit armen Künstlern wie Leslie Leader befreundet? Im Gegenteil, die Leute halten mich sicher für viel zu anspruchslos. Es ist doch nicht snobistisch, von Freunden bestimmte Eigenschaften zu erwarten – und ich persönlich verkehre lieber mit kultivierten Menschen. Ich verabscheue Vulgarität. Aber darum geht es gar nicht. Du kannst Mr Wilkins gern ein andermal einladen. Für diese Party kommt er absolut nicht infrage.«
»Und warum?«
»Aus den Gründen, die ich bereits genannt habe. Er ist unpassend und furchtbar insoigné. Außerdem würde Leslie Leader sofort gehen, wenn Wilkins erscheint. Er hasst ihn.«
»Du meine Güte, wirklich? Mr Leader steigt in meiner Wertschätzung. Ich hätte gar nicht gedacht, dass diese Trantüte es überhaupt fertigbringt, jemanden zu hassen. Trotzdem sollten wir es riskieren, finde ich, wär ja peinlich, Leader in letzter Minute einfach so wieder auszuladen.«
»Das kommt überhaupt nicht infrage. Ich werde Mr Wilkins sofort anrufen und ihm sagen, dass du dich geirrt hast.«
»Meinetwegen, Anne-Marie, wenn du unbedingt willst, aber ich warne dich, ich werde auf deiner blöden Party nur erscheinen, wenn Wilkins kommt«, sagte Major Lace mit entschlossenem Gesicht.
»Unsinn, Hubert, natürlich musst du
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