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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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hatte Jasper gebeten, das Skript für das Kostümfest zu schreiben und Regie zu führen, da schon sein Großvater unvergessliche Valentinszeilen verfasst habe. Jasper fand den Job alles andere als befriedigend, an jeder seiner Formulierungen hatte irgendwer etwas auszusetzen, während Eugenia ihm ständig in den Ohren lag und ihn drängte, sozialunionistische Ideen einzubauen.
    »Mein liebes Kind, wie soll das gehen«, sagte er verzweifelt. »Ich meine, überlegen Sie doch mal, was haben George III und der Sozialunionismus gemeinsam? Nichts.«
    »Und Englands Glanz und Gloria?«, rief Eugenia mit großem Pathos.
    »Pfff, Glanz und Gloria. George III ist dem einfachen Mann nur in Erinnerung als ein Herrscher, der verrückt wurde und Amerika verlor. Das ist alles, was er für England getan hat, der arme alte Junge.«
    »Bedaure«, sagte Eugenia. »Wenn wir eine sozialunionistische Großkundgebung plus Kostümfest haben wollen, dann muss der Sozialunionismus irgendwie darin vorkommen.«
    Jasper raufte sich die Haare.
    Am nächsten Tag erschien Eugenia schon früh im Jolly Roger, nachdem sie sich die ganze Nacht mit dem Verfassen der Rede um die Ohren geschlagen hatte. Sobald Jasper aufgestanden war, überreichte sie ihm den folgenden Entwurf:
 
 
    REDE VON GEORGE III
    Heil! und Dank für alle eure guten Wünsche. Wir freuen uns, heute unter unseren loyalen arischen Untertanen von Chalford und Umgebung zu sein. In unserer Rede wollen wir euch von einem sehr eigentümlichen prophetischen Traum erzählen, den wir letzte Nacht hatten. Uns träumte, dass dieses unser glorreiches Land in dem Morast einer dahinwelkenden Demokratie versinkt. Amerika ist, wie ihr alle gewiss mit Schrecken erfahren habt, von dieser Krankheit bereits gezeichnet, und wohl schon bald werden wir es aus unserem glorreichen Empire hinauswerfen müssen. Aber nicht einmal diese wunderbar vorausschauende Aktion wird langfristig etwas bewirken. Nichts kann unser Land vor jenem Gift bewahren, das die Welt bedroht. Doch verzweifelt nicht, Briten! In unserem Traum haben wir gesehen, dass dann, wenn ihr versunken seid in dunkelster Nacht, regiert (sofern man dieses Wort verwenden kann) von einem Haufen schrecklicher alter Damen, die längst tot sein müssten, ein neuer Tag anbricht. Die alten Damen werden sich in ihre sündigen Betten verkriechen, und junge, siegreiche Kameraden werden ihren Platz in Westminster einnehmen. Die Straßen werden erfüllt sein von den Rufen junger Menschen, die, ein jeder seine kleine Fahne tragend, für die Verwirklichung eines glorreichen Britannien marschieren. Ein neuer Geist, der Geist des Sozialunionismus, wird über das Land kommen, in Britanniens welken Adern wird wieder Leben pulsieren, die verhasste Demokratie wird sterben. Und nun lasst uns alle die sozialunionistische Hymne »Land der Union Jackshirts, Mutter der Flagge« singen.
    »Gefällt sie ihnen?«, fragte Eugenia gespannt.
    »Eine prächtige Rede«, sagte Jasper, der wohl etwas Bier in die Nase bekommen hatte und in sein Taschentuch hustete.
    Mr Wilkins fand den Text sehr gut, aber zum Auswendiglernen viel zu lang.
    »Ach, Sie müssen es versuchen«, sagte Eugenia. »Eine solche Rede würde viel verlieren, wenn Sie sie ablesen. Lernen Sie jeden Tag einen Satz – Sie haben haufenweise Zeit.«
    »Ich werd’s versuchen«, sagte Mr Wilkins gutmütig.
    »Ich hoffe«, fuhr Eugenia fort, »Sie werden der sozialunionistischen Partei beitreten. Das kostet neun Pence im Monat, für das Union Jack Shirt müssen Sie fünf Shilling bezahlen und für das kleine Abzeichen Sixpence. Wenn Sie den Antrag unterschrieben haben, können Sie das Büro so oft nutzen, wie Sie wollen. Ich hoffe, dass wir dort möglichst bald Unterricht in Boxen und anderen sozialunionistischen Sportarten geben können, und jeden Dienstag wird ein geselliger Abend stattfinden. Also, machen Sie mit!«
    »Ich tue Ihnen jeden Gefallen, Miss Eugenia, aber ich fürchte, ich weiß überhaupt nicht, worum es geht. Moment mal, ist die Partei gegen Ausländer und gegen den Völkerbund? Dann würde ich nämlich mit Vergnügen beitreten. Verdammte Pest.«
    Mr Wilkins hatte einige Jahre auf einer Teeplantage auf Ceylon verbracht, wo »Pest« offenbar ein gebräuchlicher Ausdruck von Anerkennung ist.
    »So ist es«, sagte Eugenia ernst. »Manche von uns fordern ja eine generelle Sterilisierung der Ausländer, aber ich bin mir nicht sicher, ob unser Captain tatsächlich so weit gehen würde.«
    »Ausgezeichnet!

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