Landung ohne Wiederkehr
und Schuldgefühle hinter sich bringen. Und eine meiner Sorgen, als ich in den zwei Räumen in einer fremden Umgebung saß und auf die Lieferung meiner Gebrauchsbibliothek wartete, war die Frage, ob ich noch würde schreiben können.
Ich erinnerte mich meiner Kurzgeschichte »2430 n. Chr.«, die ich normalerweise entrüstet zurückverlangt hätte. Doch nun, nur um zu sehen, ob ich es könne, begann ich am 8. Juli 1970, fünf Tage nach meinem Umzug, eine weitere Kurzgeschichte, die Priestleys Zitat widerlegen sollte. Ich nannte sie THE GREATEST ASSET.
Ich schickte das Manuskript dem »IBM-Magazine«, und Sie werden es nicht glauben, aber nachdem sie meine zweite Geschichte gelesen hatten, entschieden sie sich schließlich doch für die erste. Es war völlig verwirrend. War meine zweite Geschichte so schlecht, daß sie die erste gut erscheinen ließ? Oder hatten die Leute es sich anders überlegt, bevor ich die zweite Geschichte geschrieben hatte, und waren bloß nicht dazu gekommen, es mir zu sagen? Ich argwöhne letzteres. Wie auch immer, »2430 n. Chr.« wurde im Oktober 1970 im »IBM-Magazine« veröffentlicht.
2430 n. Chr.
Zwischen Mitternacht und Morgen, wenn der Schlaf mich flieht und die alten Wunden zu schmerzen beginnen, habe ich oft eine alptraumhafte Vision von einer zukünftigen Welt, in der es Milliarden Menschen gibt, alle numeriert und registriert, doch ohne einen Schimmer von Genius, ohne einen einzigen ursprünglichen Geist, eine reiche Persönlichkeit auf dem ganzen überfüllten Globus.
J. B. Priestley
»Mit uns wird er reden«, sagte Alvarez, als sie zusammen zur Tür hinausgingen.
Bounting nickte. »Der soziale Druck muß ihn früher oder später integrieren. Ein komischer Typ. Ich verstehe nicht, wie er der genetischen Anpassung entgehen konnte. Aber reden Sie mit ihm; er irritiert mich so, daß ich zu leicht die Ruhe verliere.«
Alvarez war groß und ziemlich mager, mit der sehnigen Gestalt, die man bei einem Menschen erwartete, der viel von körperlicher Betätigung hielt, der zum Beispiel gewohnheitsmäßig Treppen benutzte und Aufzüge verschmähte, so daß manche nahe daran waren, ihn selbst für einen unsteten und unzuverlässigen Charakter zu halten. Bounting, rundlicher und mehr der Bequemlichkeit zugetan, verließ das Haus nur, wenn es wirklich keine andere Möglichkeit gab, und war infolgedessen sehr bleich.
»Ich hoffe, wir zwei werden ausreichen«, sagte er bekümmert. »Warum sollten wir nicht? Wenn irgend möglich, wollen wir vermeiden, daß die Sache außerhalb unseres Sektors ruchbar wird.«
»Richtig! Wissen Sie, ich frage mich wirklich, warum es ausgerechnet in unserem Sektor sein muß. Die ganze Welt ist ein einziger Ameisenhaufen, und es muß in unserem Wohnblock sein.«
»Dafür wird man uns als Verdienst anrechnen, wenn wir die Angelegenheit regeln«, sagte Alvarez.
Bounting warf ihm einen zweifelnden Seitenblick zu. »Meinen Sie?«
»Es liegt bei uns.«
Der Bodenbelag aus mit Altgummi gebundenem Feinkies dämpfte ihre Schritte. Sie passierten mehrere Seitenkorridore, die um diese Zeit nur mäßig belebt waren. Ihr Ziel war eine der letzten Wohnungen am Korridor, auf den ersten Blick wie die paar tausend anderer im Block, aber umwittert von etwas Ungreifbarem und Beunruhigendem. Und es lag etwas in der Luft.
»Riechen Sie's?« murmelte Bounting.
»Ich habe es schon des öfteren gerochen«, sagte Alvarez naserümpfend. »Unmenschlich.«
»Buchstäblich!« bekräftigte Bounting. »Er wird nicht erwarten, daß wir sie uns ansehen, oder?«
»Wenn er sie uns zeigen will, können wir leicht ablehnen.«
Sie läuteten, dann standen sie schweigend und warteten, während das Summen des allgegenwärtigen Lebens um sie her, sonst kaum noch wahrgenommen, unerklärlich an Intensität zu gewinnen schien.
Cranwitz öffnete die Tür. Er sah mürrisch aus. Er trug die gleichen Kleider wie sie alle; dünner, grauer Stoff, einfacher Schnitt. An ihm sahen sie jedoch unordentlich und zerknittert aus. Er selbst schien zerknittert, das Haar zu lang, die Augen blutunterlaufen und unstet.
»Dürfen wir eintreten?« fragte Alvarez mit kalter Höflichkeit.
Cranwitz trat zur Seite, daß sie passieren konnten.
In der Wohnung war der Geruch stärker. Cranwitz schloß die Tür hinter ihnen, und sie ließen sich unaufgefordert in der engen Wohnküche nieder. Cranwitz blieb stehen und sagte nichts.
Alvarez räusperte sich und begann: »In meiner Eigenschaft als
Weitere Kostenlose Bücher