Landung ohne Wiederkehr
indem wir niemals zulassen, daß Ungleichgewichte ein gefährliches Ausmaß annehmen können.«
Marley sagte: »Das erinnert mich an einen Ausspruch, den Sie einmal taten: ›Der größte Aktivposten der Menschheit ist ein ökologisches Gleichgewicht.‹«
»Ja, das soll ich gesagt haben.«
»Es steht hinter Ihnen an die Wand geschrieben.«
»Nur die drei ersten Worte«, erwiderte Adrastus trocken. »›Der größte Aktivposten.‹«
»Sie brauchen den Ausspruch nicht zu vervollständigen.«
»Was kann ich Ihnen sonst noch sagen?«
»Könnte ich einige Zeit bei Ihnen verbringen und Ihnen bei der Arbeit zusehen?«
»Sie werden einen privilegierten Büroangestellten sehen, sonst nichts.«
»Oh, das glaube ich nicht. Haben Sie Verabredungen, bei denen ich zugegen sein könnte?«
»Eine Verabredung, die heute für Sie in Frage käme; ein junger Mann namens Tansonia; einer von unseren Mondleuten. Wenn Sie wollen, können Sie dabei sein, falls Sie Wert darauf legen.«
»Mondleute? Ich verstehe nicht ...«
»Leute von den lunaren Anlagen und Laboratorien. Wir sind froh, daß uns der Mond als Versuchsgelände und für bestimmte schmutzige Technologien zur Verfügung steht. Andernfalls müßte alles auf der Erde stattfinden, und es gibt schon so genug Schwierigkeiten mit der Ökologie.«
»Sie meinen, auf dem Mond finden nukleare Tests und Arbeiten mit strahlendem Material statt?«
»Ich meine vieles.«
Lou Tansonias Miene war eine Mischung aus kaum unterdrückter Erregung und Besorgnis. »Ich bin froh, diese Gelegenheit zu haben, Herr Generalsekretär«, sagte er atemlos. »Ich hatte Sie schon lange sprechen wollen.«
»Ich bedaure, daß es nicht eher zu machen war«, sagte Adrastus. »Ich habe mich erkundigt und eine ausgezeichnete Beurteilung Ihrer Arbeit bekommen. Der andere Herr dort ist Jan Marley, ein Schriftsteller, und Sie brauchen sich durch seine Anwesenheit nicht gestört zu fühlen.«
Lou warf dem Mann einen kurzen Blick zu und nickte, um sich mit erneutem Eifer Adrastus zuzuwenden. »Herr Generalsekretär ...«
»Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte Adrastus.
Lou folgte der Aufforderung mit der Ungeschicklichkeit, die man von einem erwartete, der sich den veränderten Bedingungen auf der Erde anpassen muß. »Herr Generalsekretär«, fing er wieder an, »ich wende mich an Sie persönlich in der Angelegenheit meines Genehmigungsgesuchs Nummer ...«
»Ich kenne es.«
»Sie haben es gelesen, Sir?«
»Nein, ich nicht, aber der Computer. Es ist abgelehnt worden.«
»Ja, darum bin ich gekommen! Ich bitte Sie um eine Revision der Entscheidung.«
Adrastus schüttelte lächelnd den Kopf. »Das ist eine schwierig zu erfüllende Bitte. Ich weiß nicht, woher ich den Mut nehmen sollte, eine begründete Entscheidung des Computers zu annullieren.«
»Aber Sie müssen es tun«, sagte Tansonia eindringlich. »Mein Arbeitsgebiet ist die Steuerung von Erbanlagen.«
»Ja, ich weiß.«
»Und die Genetik«, fuhr Tansonia fort, ohne die Unterbrechung zu beachten, »ist die Magd der Medizin, und das sollte nicht sein. Jedenfalls nicht in dem Umfang, wie es jetzt der Fall ist.«
»Komisch, daß Sie so denken. Sie sind selbst Mediziner, und ich habe mir sagen lassen, daß Sie gute Erfolge bei der genetischen Vorbeugung von Erbkrankheiten erzielt haben.«
»Ja, aber das will ich nicht weiterführen. Das können andere tun. Erbkrankheiten sind nur ein Detail und können lediglich bedeuten, daß die Sterblichkeitsrate ein wenig absinken wird und ein entsprechender Druck in die Richtung einer Bevölkerungszunahme erfolgt. Ich bin daran nicht interessiert.«
»Sie schätzen das menschliche Leben nicht hoch ein?«
»Meine Wertschätzung des menschlichen Lebens ist nicht unbegrenzt. Es gibt zu viele Menschen auf Erden.«
»Ich weiß, daß manche Leute so denken.«
»Auch Sie sind einer von diesen Leuten, Herr Generalsekretär. Sie haben Artikel veröffentlicht, aus denen es hervorgeht. Und die Folgen davon sind jedem denkenden Menschen offenbar – Ihnen mehr als jedem anderen. Übervölkerung bedeutet Enge und Unbequemlichkeit, und um diese Dinge zu verringern, muß die private Wahlfreiheit verschwinden. Sind genug Menschen auf einem Platz zusammengedrängt, so können sie sich nur dann alle niedersetzen, wenn sie es alle zugleich tun. Ist eine Menge eng genug zusammengedrängt, so kann sie sich nur durch geordnetes Marschieren rasch von einem Punkt zu einem anderen bewegen. Die Menschheit ist im Begriff, eben
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