Landy, Derek -Skullduggery 4
spürte sie die dicke Staubschicht unter ihren Händen. Auf den Ellbogen
robbte sie vorwärts, stieß mit dem Kopf an die Decke und biss die Zähne
zusammen, weil es so wehtat. Jetzt verstand sie das Gesagte.
"...
wie nett von ihnen, mir etwas zum Spielen zu geben, findest du nicht auch? So
aufmerksam. Sie wollen nicht, dass ich Langeweile habe."
Walküre
kroch weiter und zerriss ein Spinnennetz, das sich über ihr Gesicht legte.
Schnell wischte sie es beiseite und versuchte, ihr geistiges Auge vor Bildern
von Spinnen, die durch ihr Haar krabbelten, zu verschließen. Vor ihr war eine
Verzweigung und ein Ende führte in das Zimmer, aus dem die Stimmen kamen.
Walküre schlängelte sich bis dorthin, legte das Gesicht an den kalten Stein
und lugte in den Raum.
Tanith war
nicht gefesselt oder an eine Wand gekettet, wie Walküre es erwartet hatte. Sie
saß auf einem Stuhl, die Hände flach auf den Armlehnen, die Beine
übereinandergeschlagen. Ihr gegenüber saß auf einem identischen Lehnstuhl ein
alter Mann. Sein weißes Haar stand in Büscheln vom Kopf ab und er hatte dunkle
Ringe unter den Augen. Es dauerte einen Moment, bis sie Kenspeckel erkannte.
Neben
beiden Stühlen stand jeweils ein kleiner Tisch.
Auf
Taniths Tisch stand eine Tasse mit Untertasse, auf dem neben Kenspeckel eine
Teekanne und ein Schälchen mit Würfelzucker. Der gesamte Raum war mit Steinplatten
verkleidet, doch die Stühle standen auf einem Läufer und an einer Wand hing ein
ausgefranster Wandteppich. In der Ecke sah sie eine Lampe ohne Schirm. Die Glühbirne
war zerbrochen. Es war ein schwacher Versuch, der Kargheit und Eigenartigkeit
des Raums Wärme und Normalität zu verleihen, und er wirkte deshalb nur umso
verstörender.
Kenspeckel
trank einen Schluck Tee und stellte die Tasse mit einem leisen Pling auf die
Untertasse zurück.
Taniths
Gesicht war angespannt und schweißnass. Ihre Augen waren blicklos und ihr
Körper war wie erstarrt. Walküre suchte nach einer Fessel oder sonst einem Zeichen
dafür, dass Taniths magische Kräfte ausgeschaltet worden waren, konnte jedoch
nichts erkennen.
Auf der
Armlehne, die dem Luftschacht am nächsten war, sah sie einen kleinen
eingetrockneten Blutfleck. Sie folgte dem Weg, den das Blut genommen haben
musste, und erst jetzt besah sie sich Taniths Hände genauer. Auf den ersten
Blick war nichts Ungewöhnliches zu erkennen, aber es war, als hätte sie jemand
ohne besondere Sorgfalt mit einem Tuch gesäubert, schnell und ohne darauf zu
achten, dass auch alles Blut weggewischt war.
Walküre
sah auf Taniths Handrücken Metall glänzen und erkannte, dass ihre Hände auf die
Armlehnen genagelt worden waren. Ihr Magen rebellierte.
Sie wollte
schreien und Tränen traten ihr in die Augen. Ihr Blick fiel auf zwei weitere
Nägel. Sie waren dick und sahen lang und alt aus und waren durch Taniths Schlüsselbeine
geschlagen worden, damit sie auf dem Stuhl nicht vornüberkippte. Ein fünfter
Nagel ragte gleich oberhalb des Knies aus Taniths rechtem Bein. Er ging nach
unten durch bis zum linken und hielt die beiden in dieser
übereinandergeschlagenen Stellung.
Kenspeckel
sagte wieder etwas, doch Walküre achtete nicht auf seine Worte. Sie bekam keine
Luft mehr. Plötzlich war es viel zu heiß in dem Luftschacht und eng, viel zu
eng. Sie musste hier sofort raus. Sie musste den Weg, den sie gekommen war,
zurückrobben, musste die Tür einschlagen und diesen Restanten aus Kenspeckels
Körper reißen. Nur das stand jetzt an. Das war das Einzige, das zählte.
Walküre
versuchte zurückzurobben. Sie hatte eine Mordswut im Bauch. Die Wut brodelte,
kochte und sprudelte ihre Speiseröhre hinauf. Walküre bewegte sich nicht. Sie
konnte nicht rückwärts robben. In ihre Wut mischte sich Panik und schürte sie.
Eine leise Stimme irgendwo in Walküres Kopf sagte ihr, sie solle sich beruhigen,
doch sie hörte nicht darauf.
Sie kroch,
so schnell es ging, weiter vorwärts, ächzend und ohne sich darum zu kümmern, ob
das Wesen, das nicht Kenspeckel Grouse war, sie
hören konnte oder nicht. Und dann war unter ihr nichts mehr und sie rutschte
in die Tiefe. Sie fluchte, als es abwärts ging, und versuchte, Halt in einer
Nische zu finden, riss aber nur ein Rattennest mit. Die Ratten quietschten
neben und unter ihr und sie schlug um sich und versuchte, sie loszuwerden. Ihr
Kopf knallte auf Stein. Ihr Körper zuckte.
Sie spürte
Helligkeit und Hitze.
Sie
kullerte durch das Loch und fiel ungefähr einen Meter tief. Direkt unter
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