Landy, Derek - Tanith Low - Die ruchlosen Sieben
seine Lippen und küsste den Handrücken. Tanith lächelte. „Ich heiße Tabitha. Ist das Ihr Haus? Es ist wunderschön.“
„Oh, danke sehr. Aus welcher Region Frankreichs kommen Sie?“
Tanith lachte. „Toulouse. Aber ich bin überrascht, dass Sie es gemerkt haben. Ich dachte, ich hätte meinen Akzent schon längst verloren. Da sieht man’s mal wieder, man kann einfach nicht verleugnen, woher man kommt.“
„Warum sollten Sie das auch wollen?“, fragte Johann. „Toulouse ist ein herrliches Fleckchen Erde. Und von dort kommen einige der schönsten Frauen der Welt.“
„Tatsächlich?“
„Das habe ich zumindest gehört.“
„Mr Stark, kann es sein, dass Sie mit mir flirten?“
Jetzt lachte Johann. „Es ist nur geflirtet, wenn Sie sich geschmeichelt fühlen.“
„Dann ist es geflirtet.“
„Sagen Sie, Tabitha, mit wem sind Sie hier?“
Tanith drehte den Kopf ein kleines Stück. „Meine Freunde sind dort drüben. Verzeihen Sie mir, Mr Stark, ich bin uneingeladen gekommen. Meine Freunde haben mir zwar versichert, dass Sie nichts dagegen hätten, aber … sie sind notorische Lügner. Doch selbst wenn Sie mich jetzt sofort rausschmeißen, hat sich der Abend trotzdem gelohnt.“
„Ich glaube, ich kann Ihnen verzeihen, Tabitha. Allerdings nur unter der Bedingung, dass Sie mich Johann nennen.“
„Gerne, Johann. Sagen Sie, was muss eine Frau tun, um dieses wunderschöne Haus sehen zu dürfen?“
Sie entfernten sich von der Menge und gingen in einen Seitenflügel des Gebäudes. Die Flure waren hier dunkler. Schließlich betraten sie einen großen runden Raum mit gläsernen Wänden. Sie zeigten auf einen dunklen See, der ringsherum von Wald umgeben war. In dem Raum befanden sich weitere Ausstellungsstücke.
„Bekommen die anderen Gäste die nicht zu sehen?“, fragte Tanith, während sie von einem zum anderen ging.
Johann lächelte. „Nein. Nur ganz besondere Menschen gelangen in diesen Raum.“
„Dann bin ich ein ganz besonderer Mensch?“
„Dem äußeren Anschein nach auf jeden Fall.“
Sie lächelte. „Sind die Sachen denn sehr viel wert?“
„Irgendwann kommt man an einen Punkt, wo es nicht mehr um Geld geht“, erklärte Johann. „Diese Gegenstände sind aus einer Vielzahl von Gründen unbezahlbar.“
„Was ist mit dem hier?“ Tanith trat zu der Glasvitrine in der Mitte. „Mit dem Messer?“
„Das ist ein Dolch. Und ich wusste doch, dass Sie einen Blick für Qualität haben. Haben Sie schon einmal von einem Göttermörder gehört?“
„Sollte ich das?“
„Wahrscheinlich nicht. Vor langer, langer Zeit, als die Urväter sich gegen die Gesichtslosen erhoben, hatten sie verschiedene wirksame Waffen gegen sie.“
„Oh, das weiß ich“, rief Tanith. „Meine Mutter hat mir die Geschichten immer vorgelesen. Das Zepter, nicht wahr?“
„Das Zepter war der ultimative Göttermörder, ja. Aber es gab auch noch andere. Ein Schwert, einen Bogen, einen Speer und einen Dolch.“
Sie runzelte die Stirn. „Wollen Sie damit sagen, das ist dieser Dolch? Aber Johann, diese Geschichten sind doch Märchen. Die Gesichtslosen hat es nie wirklich gegeben. Das waren keine schrecklichen Götter, die einmal die Welt regiert haben.“
Wieder lächelte Johann. „Für Leute wie mich, die im Sanktuarium arbeiten, haben sich diese Märchen oftmals als wahr erwiesen.“
Sie wandte sich wieder dem Dolch zu. „Er ist wunderschön.“
„Seine Schönheit verblasst im Vergleich zu Ihnen.“
Tanith biss sich auf die Unterlippe. „Könnte ich … könnte ich ihn einmal in die Hand nehmen?“
„Ich würde Ihnen das nur zu gern erlauben, aber die Sicherheitsstandards sind in diesem Fall extrem hoch. Es gibt andere Gegenstände in meiner Sammlung, um die ich nicht so viel Aufhebens mache.“ Er zuckte mit den Schultern und lachte, und Tanith machte ein enttäuschtes Gesicht.
„Oh“, hauchte sie, „es ist nur … es wäre ein handfester Beweis, verstehen Sie? Wenn diese Märchen doch wahr sind, ist das hier … dann ist das ein Teil unserer Geschichte. Mehr noch, es ist Teil der Mythen“
Er schaute von ihr zu dem Dolch. „Wissen Sie was? Das heute Abend war kein Zufall. Es ist Schicksal, dass wir uns begegnet sind, Tabitha. Und wer bin ich, dass ich mich mit dem Schicksal anlege?“
Er bewegte die Hand vor der Vitrine hin und her, und Tanith hörte es klicken, als der gläserne Deckel ein Stückchen aufsprang. Johann klappte ihn hoch.
„Passen Sie auf, dass Sie sich nicht schneiden“,
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