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Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Titel: Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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raschelten und wisperten unter unseren Stiefeln.
    Wir schwiegen lange, gingen einfach hintereinander her durch die Dämmerung des scheinbar endlosen Waldes. Kalt war es geworden – sicherlich schon vor einigen Wochen, doch wann stand ich schon vor Sonnenaufgang auf? Die Nacht war mein Freund, und häufig genug hatte ich sie in ihrer ganzen Pracht erlebt, wenn sie einsetzte und das Orchester der Welt zum Verstummen brachte. Ja, es war die Nacht, zu der ich mich hingezogen fühlte.
    Schließlich war es auch die Nacht, die die meisten Kreaturen hervorbrachte, die ich jagte und verdammte. Sie war ebenso ihre Freundin wie die meine, denn in der Nacht fürchteten sich diejenigen, denen zu schaden sie sich geschworen hatten – oder denen zu schaden sie erschaffen oder gerufen waren.
    Der Morgen war die Rettung – so häufig.
    Maria imponierte mir. Ihr Selbstbewusstsein reichte wahrscheinlich weit über das jeder anderen Frau hinaus, die mir bisher begegnet war.
    Die Schatten des Lebens hatten ihre Seele abgehärtet. Ihr war nichts geblieben außer dem eigenen Sein. Verband uns das? Oder machte es uns nur zu ebenbürtigen Spielern in ein und demselben schicksalhaften Spiel?
    Ganz gleich, wie es sich auch verhielt: Ich bewunderte sie. Nicht nur ihr Äußeres, diese wilde Schönheit, die sich dennoch nie aus der Weise ergab, wie sie erscheinen wollte, denn alles an ihr war praktischer Natur. Sogar eine lange Büchse hing an einem Lederriemen über ihren Rücken.
    Ich überlegte, welcher Teil von ihr einst zu leben aufgehört hatte und ob dieser Teil zu seinem Ende hin gequält worden war, oder ob er einfach beschlossen hatte, vor dem düsteren Bild der Welt die Augen zu schließen und bald darüber vergessen hatte zu atmen?
    Wir wanderten und wanderten. Eine Stunde, zwei. Vielleicht mehr.
    Schließlich bedeutete sie mir, leise zu sein, meine Schritte im Laub zu dämpfen. Doch ich war kein Fallensteller oder Waldbewohner, woher sollte ich also die Fertigkeit erlangt haben, mich im knöchelhoch gefallenen Laub lautlos zu bewegen?
    Ich tat mein Bestes, auch wenn dies bedeutete, dass ich erheblich langsamer wurde als Maria. Sie schenkte dem keine Beachtung, sondern pirschte sich bis zum Rand einer Senke vor, an der sie innehielt und mir bedeutete, es ihr gleich zu tun.
    Wir nahmen unsere schweren Lodenmäntel ab und breiteten sie unter uns als Decken aus, sodass wir, ohne völlig zu durchnässen, über den Rand der Mulde spähen konnten.
    Ein Kreis aus Findlingen befand sich dort. Vielleicht zwanzig oder dreißig Meter von uns entfernt, am Tiefpunkt der Mulde. Vereinzelte Nebelfetzen waberten zwischen den Steinen umher.
    „Es müsste gleich beginnen“, flüsterte Maria mir in einer Art und Weise zu, die ich nie hätte nachahmen können. Ihre Stimme war so unsagbar leise, dass sie beinahe mit der Stille des Morgens zu verschwimmen schien, aber dennoch klar verständlich.
    Angestrengt spähte ich auf den Steinkreis unter uns. Natürlich war mir bewusst, dass Kreise aller Art immer schon Teil der verschiedensten okkulten Praktiken aller Völker der Welt gewesen waren. Aber es war immer wieder erstaunlich, zu welchen Überraschungen diese perfekte geometrische Form doch in der Lage war.
    Leises Flötenspiel ertönte, seine Herkunft war kaum zu lokalisieren. Eine ruhige, traurige Melodie schwebte über den brüchigen Nebelschwaden, die sich an den Findlingen festzuhalten schienen.
    Plötzlich erschien ein Kind in dem Kreis. Oder zumindest so etwas Ähnliches. Die kleine Gestalt schien aus Blättern und Wurzeln zu bestehen und erinnerte nur von ihrer Silhouette her an ein Kind. Weitere Kinder entstiegen dem Nebel.
    Als sie ungefähr zehn an der Zahl waren, ging die Melodie in eine lustige, verspielte Weise über – und die Kinder begannen zu tanzen. Wild und ausgelassen, wobei die Blätter unter ihren Füßen liegen blieben, als würden sie diese gar nicht berühren.
    Bald erschien auch der Spielmann und trat in ihre Mitte. Auch er schien aus Wurzelwerk und Blättern geformt zu sein. Links und rechts an seinem Kopf hingen Äste herab, die an eines Narren Kappe erinnerten. Eicheln baumelten daran wie Glöckchen.
    Um ihn herum tanzten die Kinder mal einen Reigen, mal wild und ohne gleichen Schritt.
    Die Szene mutete so bizarr an, dass ich mir die Augen reiben musste, um das Geschehen nicht bloß irgendeinem Schmutz in meinen Augen zuzuschreiben.
    Dann bemerkte ich, wie Maria nach ihrem Gewehr griff.
    Unwillkürlich legte ich meine

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