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Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Titel: Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Vorfall im Hause Ehlert leicht verstörten Musikerin geben lassen. Zerstreuung war uns immer recht. Graf Thaddäus hatte sich wieder beruhigt und schien uns etwas freundlicher gesonnen. Ich saß mit ihm zusammen in der zweiten Reihe und war letztlich froh, dass der große, irgendwie vom Leben gezeichnete Mann uns nicht die Pistole auf die Brust setzte und zu einem bestimmten Termin Ergebnisse sehen wollte.
    „Waren Sie im Krieg?“, erkundigte er sich, und ich versuchte, mir eine Gesamtheit meiner Zeit im Regiment in Erinnerung zu rufen und die Gefühle nicht bloß auf mein unrühmliches Ende zu beschränken. Es war eine merkwürdige Zeit gewesen. Als Kadett war man noch den stupiden, teils pubertär wirkenden Witzeleien der Kameraden zugetan, aber bald schon hatte ich mich von dem dumpfen Soldatenalltag entfernt. Sowohl im Geiste als auch, was meinen Rang anging. Meine in gewissem Umfang vorhandene Bildung ermöglichte mir diesen schnellen Karrierevorstoß. Damit hatte man mich schließlich auch geködert. Unter den Offizieren herrschte zwar eine gewisse raue Freundlichkeit, aber man war dem Sumpf der brutalen, maskulinen Stumpfsinnigkeit dennoch nicht entflohen. Alkohol, Hurereien und andere Ausschweifungen waren abseits von taktischen und strategischen Besprechungen leider immer noch Thema genug zwischen uns Männern.
    Ich bejahte die Frage des Grafen.
    „Wo waren Sie stationiert?“
    „Erst in Lausanne, dann entlang der Grenzen. Aber ich muss Sie wohl nicht darüber in Kenntnis setzen, dass es für uns kein sonderlich erfolgreicher Krieg war?“
    Der Graf lächelte wissend.
    „Nein“, gestand er. „Ich war vom Dienst befreit, da meine Eltern schon nicht mehr lebten und ich mich der Verwaltung der Eulenbach’schen Ländereien widmen musste. Sind Sie viel herumgekommen?“
    „Ich bin in ein preußisches Regiment gewechselt, ehe ich meine derzeitige Tätigkeit aufgenommen habe, die mich in der Tat schon etwas herumgebracht hat.“
    „Preußen? Waren Sie in Unpässlichkeiten?“
    „Nein, übermotiviert. Aber es hat mich dort nicht gehalten.“
    „So?“
    „Ich wurde angeschossen“, log ich und dachte daran, dass ich bei Nachfrage meine Narbe auf der Brust präsentieren konnte. Eine hässliche, große Schürfwunde, die mir als Kind ein Sturz von einem Birnbaum beschert hatte.
    Draußen heulte der Sturm und ließ mich bei dem Gedanken an jene verregnete Nacht in Belgien erschauern.
    „Dafür halten Sie sich ganz gut“, bekomplimentierte der Graf. Keine Frage, er hatte die Lüge durchschaut.
    „Ich hatte einen Doktor, der in puncto Akkuratesse dem Klischee entsprach, das man meinem eigenen Volk gerne zuschreibt.“
    Dann setzte Anna zu einem neuen Stück an, und wir vertagten das Gespräch.
    Später verabschiedete sich der Graf schließlich, um in seinem Arbeitszimmer nicht gestört zu werden. Wir zogen uns mit einer Flasche Portwein in den Salon zurück, in der Hoffnung, durch Überlegen unsere versteifte Logik aufzulockern und auf etwas zu kommen, das wir übersehen haben mussten.
    Marius hatte uns am frühen Abend berichtet, dass die Roma-Zigeunerin und Mathilda Hauser alte Freundinnen waren. Mehr hatte er nicht herausbekommen, dann hatten sie ihn verscheucht.
    „Kräuterfrauen“, hatte er gesagt. „Schrullig, aber weise. Wenn ihr mich fragt, haben die nichts zu verbergen. Aber vielleicht glauben sie an die alten Geschichten, und ihr solltet mal ein wenig offene Konversation miteinander betreiben.“
    Doch dazu war es zu spät gewesen, und während der Wind draußen den Regen gewaltsam gegen die Fenster peitschte, grübelten wir in meisterlicher Geistesblindheit vor uns hin.
    Unterbrochen wurden wir von Caspar, dem britischen Butler, der etwas gehetzt den Salon betrat und uns um unseren Rat, besser noch um unsere Mithilfe bat, denn der Graf wollte und sollte nicht gestört werden.
    Artig – und ohnehin ergebnislos – folgten wir dem Hausdiener in die Eingangshalle, wo ein völlig durchnässter Mann bibbernd versuchte, nicht allzu viel Wasser auf den ausladenden Teppichen der Residenz zu verteilen.
    „Das ist unser Müller, Herr Roth“, erklärte Caspar.
    „Um Gottes willen“, entfuhr es mir. „Was um alles in der Welt haben Sie denn bei diesem Wetter und um diese Uhrzeit draußen getan?“
    Doch Roth konnte nicht antworten, das Zittern vor der Kälte fraß ihn auf.
    „Es ist eine Angelegenheit, die eventuell in Ihr Metier passen dürfte“, erklärte Caspar. „Zumindest erklärte er das,

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