Lange Zähne
Casanova. Ich baggere eine ältere Frau an -
eine ältere Frau mit Geld. Was jetzt? Mein Arm liegt auf ihrer Schulter wie ein
toter Fisch. Ich bin ein Arsch. Wenn ich doch nur mein Gehirn ausschalten
könnte, bis alles vorbei ist. Sauf dich einfach zu und tu es. Nein, nicht so.
Nicht noch einmal.
Jody erstarrte. Mir ist nicht
kalt, ging es ihr durch den Sinn. Mir ist nicht mehr kalt gewesen, seit ich
mich verwandelt habe, und auch nicht heiß. Kurt hat immer gesagt, ich wäre
kalt. Wie komisch. Ich kann Wärme um Tommy herum sehen, aber ich gebe keine ab.
»Fühl meine Stirn«, sagte sie zu
Tommy.
»Jody, wir müssen es nicht tun, wenn
du noch nicht bereit bist«, erklärte Tommy. »Ich meine, vielleicht sollten wir
einfach nur Wohnungsgenossen sein, wie du schon gesagt hast. Ich will dich
nicht zu etwas drängen.«
»Nein, fühl meine Stirn und sag
mir, ob ich Fieber habe.« »Oh.« Er legte seine Hand auf ihre Stirn. »Du bist
kalt wie Eis. Fühlst du dich gut?«
O mein Gott! Wie konnte ich so
dumm sein? Sie riß sich von Tommy los und begann, auf und ab zu tigern. Der
Kerl vor ihrer Wohnung, der lachende Mann an der Kearney Street, er war kalt gewesen.
Genau wie sie. Wie viele Vampire gab es dort draußen, die sie noch nicht
gesehen hatte?
»Was ist los?« fragte Tommy. »Habe
ich etwas Falsches gesagt?«
Ich muß es ihm sagen, dachte sie.
Er wird mir nicht vertrauen, wenn ich es vor ihm verheimliche.
Sie ergriff abermals seine Hand.
»Tommy, ich denke, du solltest wissen, daß ich nicht das bin, was ich scheine.«
Er trat einen Schritt zurück. »Du
bist ein Mann, stimmt's? Ich wußte es. Mein Dad hat mich gewarnt, daß mir so
was hier passieren könnte.«
Vielleicht besser nicht, dachte
sie bei sich.
»Nein, ich bin kein Mann.«
»Bist du sicher?«
»Bist du es denn?«
»Du mußt ja nicht gleich
schnippisch werden.«
»Nun, wie würdest du dich fühlen,
wenn ich dich fragte, ob du ein Mädchen bist?«
Tommy senkte den Kopf. Du hast
recht. Tut mir leid. Aber wie würdest du dich fühlen, wenn fünf Chinesinnen um
deine Hand anhielten? So was gibt es in Indiana nicht. Ich kann nicht einmal
mehr in mein Zimmer zurück.«
»Ich auch nicht«, erwiderte sie.
»Warum nicht?«
»Laß mich einen Moment nachdenken,
ja?«
Sie wollte nicht wieder in das
Hotel an der Van Ness zurück. Der Vampir wußte, daß sie dort gewesen war. Aber
er würde es vermutlich auch mitbekommen, wenn sie umzog.
»Tommy, wir müssen dir ein
Motelzimmer besorgen.«
»Jody, ich blicke da langsam nicht
mehr durch.«
»Nein, versteh es nicht falsch.
Ich möchte dich nicht wieder zurück in das Zimmer zu den Wongs schicken. Ich
denke, wir sollten dir ein Zimmer besorgen.«
»Ich habe doch schon gesagt, ich
bekomme meinen ersten Lohn erst ...«
»Geht auf meine Rechnung.
Betrachte es als Vorschuß auf deinen neuen Job als mein Assistent.«
Tommy setzte sich auf den
Bürgersteig und starrte den beleuchteten Schaft des Coit Towers hinauf. Ich
habe keine Ahnung, was ich sein soll oder was ich tun soll, dachte er bei sich.
Zuerst will sie meinen Körper, dann will sie mich als ihren Angestellten, dann
will sie mich überhaupt nicht. Ich weiß nicht, ob ich sie küssen oder eine
Bewerbung ausfüllen soll. Ich komme mir vor wie einer dieser nervösen kleinen
Hunde bei den Elektroschock-Versuchen. Hier ist ein Knochen, Spot. Zisch! Den
wolltest du doch nicht wirklich, oder?
»Ich werde tun, was du von mir
willst«, sagte er.
»In Ordnung«, erwiderte Jody.
»Danke.« Sie beugte sich hinunter und küßte ihn auf die Stirn.
Ich habe keine Ahnung, was ich tun
soll, dachte sie bei sich. Wenn wir in ein Motel gehen und miteinander
schlafen, wird er anschließend zur Arbeit gehen, und wenn er morgen früh
wiederkommt, wird er zum Zimmer kommen, die Tür öffnen, und das Sonnenlicht
wird mich treffen. In Flammen aufzugehen ist nicht die beste Art, um jemanden
beim ersten Date zu beeindrucken. Getrennte Zimmer sind die einzige Lösung. Er
wird es bald leid sein und mich verlassen, wie alle anderen.
»Tommy, kannst du morgen deine Sachen
holen?“ »Was immer du sagst.«
»Ich kann es dir jetzt nicht
erklären, aber ich könnte in Schwierigkeiten stecken, und ich habe eine Menge
zu erledigen. Du mußt morgen etliche Dinge für mich tun. Schaffst du das,
nachdem du die ganze Nacht gearbeitet hast?«
»Was immer du sagst«, sagte er.
»Ich werde dir ein Zimmer in
meinem Motel besorgen. Ich werde bloß morgen abend nicht erreichbar sein.
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