Lange Zähne
erkannte, daß
die Stadt mir gehört«, sprach er deutlich und langsam in seine Zahnbürste.
»Hier schrieb ich einige meiner bedeutendsten Werke, und hier lernte ich auch
meine erste Frau kennen, die liebliche, aber tief gestörte Jody ...«
Tommy winkte das
Zahnbürsten-Mikrofon beiseite, so als wäre die Erinnerung zu schmerzlich, aber
in Wirklichkeit versuchte er, sich an Jodys Nachnamen zu erinnern. Ich sollte ihren
Mädchennamen kennen, dachte er bei sich, allein schon aus historischen Gründen.
Er sah zum Schlafzimmerfenster
hinüber, wo die liebliche, aber tief gestörte Jody nackt und halb zugedeckt im
Bett lag. Es wird ihr nichts ausmachen, wenn ich sie aufwecke, überlegte er.
Sie muß ja schließlich nicht arbeiten oder so was.
Er näherte sich dem Bett und
berührte ihre Wange. »He, wach auf.« Sie reagierte nicht.
Er rüttelte sie leicht. »Jody,
Schatz.«
Nichts.
»He« . , sagte er und
packte sie bei den Schultern. »He, wach auf.« Sie reagierte nicht.
Er zog ihr die Decke weg, wie sein
Vater es immer an kalten Wintermorgen bei ihm getan hatte, wenn er nicht zur
Schule gehen wollte. »Aus den Federn, Soldat - Arsch in die Höhe und Füße auf
den Boden«, bellte er in seinem besten Kommißton.
Sie sah wirklich toll aus, wie sie
da so nackt im Zwielicht vom Badezimmer lag. Leichte Erregung machte sich bei
ihm bemerkbar.
Wie würde ich mich fühlen, wenn
ich aufwachen würde und sie würde mich gerade lieben? überlegte er. Nun, ich denke,
ich wäre angenehm überrascht. Ich denke, es wäre besser als mit dem Duft von
bratendem Speck und der Aussicht auf die Sonntagsbeilage aufzuwachen. Ja, ich
bin sicher, daß es ihr gefallen wird.
Er legte sich zu ihr ins Bett und
wagte einen zaghaften Kuß. Sie war ein wenig kalt und vollkommen reglos, aber
er war sicher, daß es ihr gefiel. Er fuhr mit einem Finger durch das Tal
zwischen ihren Brüsten und über ihren Bauch.
Was, wenn sie nicht aufwachte?
Was, wenn wir es tun, und sie wacht überhaupt nicht auf? Wie würde ich mich
fühlen, wenn ich aufwachen würde und sie würde mir erzählen, daß wir es getan
hätten während ich schlief? Ich hätte nichts dagegen. Ich wäre ein wenig
traurig, daß ich es verpaßt hätte, aber ich wäre ihr nicht böse. Ich würde sie nur
fragen, ob es mir Spaß gemacht hat. Aber Frauen sind anders.
Er kitzelte sie, um ihr eine
Reaktion zu entlocken. Wieder rührte sie sich nicht.
Sie ist so kalt. Es könnte ein
bißchen morbid sein, wenn sie sich gar nicht bewegt. Vielleicht sollte ich doch
lieber warten. Ich sage ihr, daß ich darüber nachgedacht und entschieden hätte,
daß es nicht höflich wäre. Das wird ihr gefallen.
Er stieß einen tiefen Seufzer aus,
stand auf und deckte sie zu. Ich sollte ihr etwas kaufen, überlegte er.
Jody schoß aus dem Schlaf auf und
biß auf etwas. Sie öffnete die Augen und sah Tommy auf der Bettkante sitzen.
Sie lächelte.
Sie griff nach dem Ding in ihrem
Mund.
Tommy hielt ihre Hand fest. »Beiß
nicht zu. Es ist ein Thermometer.« Er warf einen Blick auf seine Uhr, dann zog
er das Thermometer aus Jodys Mund und las es ab. »Fünfunddreißig Grad. Du bist
auf dem Weg.«
Jody setzte sich auf und sah auf
das Thermometer. »Auf dem Weg wohin?«
Er lächelte verlegen. »Auf dem Weg
zur normalen Körpertemperatur. Ich habe dir eine Heizdecke gekauft. Du liegst
jetzt seit sechs Stunden drunter.«
Jody strich mit der Hand über die
Decke. »Du hast mich aufgewärmt?«
»Echt cool, was?« strahlte Tommy.
»Ich bin auch in der Bibliothek gewesen und habe Bücher ausgeliehen. Ich habe
den ganzen Nachmittag gelesen.« Er griff nach einem Stapel Bücher und machte
sich daran, ihre Titel vorzulesen und sie dann Jody jeweils zu reichen. »Handbuch
des Vampirismus, Vampire - Mythen und Legenden, Jäger der Nacht - ein
gruseliger Titel, was?«
Jody hielt die Bücher, als wären
sie aus madigem Fruchtfleisch. Die Illustrationen auf den Einbänden zeigten
monströse Kreaturen, die sich aus Särgen erhoben, Frauen in verschiedensten
Zuständen der Entkleidung überfielen und sich auf Burgen herumtrieben, die auf
kahlen Bergspitzen thronten. Die Lettern der Titel troffen von Blut. »Die sind
alle über Vampire?«
»Das sind nur die Sachbücher, die
sie im Bestand hatten. Ich habe noch einen ganzen Haufen über Fernleihe
bestellt. Du mußt dir erst mal die Romane ansehen.« Er hob einen weiteren
Stapel hoch.
»Der Todeskuß der Sonja Blue ; Biß für Biß ; Ich bin die Dunkelheit ;
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