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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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gräbt, stellt sich selbst ein Bein
     
    Simon McQueen war einmal auf den
Rücken einer Tonne wütenden Rindfleischs namens Muffin gestiegen und prompt vor
den Augen eines verblüfften Rodeo-Publikums ungespitzt in den Boden gestampft
worden und hatte es trotzdem noch geschafft, eine verhunzte Version von »I've
Got Friends in Low Places« zu singen und einer Sanitäterin in den Hintern zu
kneifen, während man ihn auf einer Trage wegbrachte. Simon McQueen hatte einmal
mit einer Bande von Skinheads einen Streit vom Zaun gebrochen und es geschafft,
drei von ihnen k.o. zu schlagen, bis ein Messer im Bauch und ein
Springerstiefel gegen den Kopf ihn kampfunfähig machten. Simon war aus einem
Flugzeug gesprungen, vom Dach einer lutheranischen Kirche gefallen, hatte mit
einem Pickup einen Streifenwagen plattgewalzt, eine halbe Tonne Marihuana in
einer ausgestopften Kuh aus Mexiko über die Grenze geschmuggelt und war
aufgrund einer Wette halb nach Alcatraz Island hinübergeschwommen, bis die
Küstenwache ihn aus der Bucht gefischt und wiederbelebt hatte. Simon hatte all
das ohne ein Wimpernzucken getan. Aber heute nacht, während er sich mit tief
ins Gesicht gezogenem schwarzen Stetson in seinen hautengen Wranglers und
seinen aus bedrohten Tierarten hergestellten Tony-Lama-Stiefeln mit den
silbernen Sporen auf Kasse 3 lümmelte, hatte Simon McQueen Angst. Angst, daß
schon bald eines seiner beiden großen Geheimnisse ans Licht kommen würde.
    Die anderen Tiere tauschten
Geschichten über ihre Wochenendabenteuer aus, bei denen sie die Ausmaße der
Saufereien und die Maße ihrer Puppen schamlos übertrieben, während Clint Gott
erklärte, daß sie nicht wußten, was sie taten.
    Simon setzte sich auf, schob den
Stetson aus seinem Gesicht und sagte: »Ihr würdet doch nicht mal eine heiße
Muschi erkennen, wenn ein Schild daran hängen würde.«
    Die Tiere verstummten, und jeder
einzelne suchte gerade nach einer neuen, interessanten Formulierung, um Simon
zu sagen, daß er sie am Arsch lecken könne, als Tommy zur Tür hereinkam.
    »Furchtloser Führer!« rief Lash
aus.
    Simon war extrem ärgerlich über
diese zusätzliche Ablenkung von seinen Sorgen. »Was war los, bist du noch mal
kurz in die Castro Street gegangen, um zu konvertieren?«
    Tommy winkte ab. »Nein, Sime - ich
darf dich doch Sime nennen, oder? Siehst du, letzte Nacht, ungefähr um diese
Zeit« - er warf einen Blick auf seine Uhr -, »hat eine nackte Rothaarige an der
Decke meines neuen Lofts gebaumelt und mir Kerouac vorgelesen. Wenn ich jetzt
sterbe, weiß ich, daß ich nicht umsonst gelebt habe. Ich bin bereit zum
Abladen. Wie sieht's mit dem Laster aus?«
    »Ist ein großer«, antwortete Troy
Lee. »Dreitausend Kartons. Aber die Scheiße ist, der Scanner ist kaputt. Wir
müssen die Bestellbücher benutzen.«
    Troys Bemerkung traf Simon wie der
Schmerz von festgesetzten Blähungen. Er überlegte, sich krank zu melden und
nach Hause zu gehen, aber ohne seine Hilfe würden die Tiere niemals bis zum
Morgen mit dem Entladen fertig werden. Angst stieg wie ein Kloß in seiner Kehle
hoch. Er konnte die Bestellbücher nicht benutzen. Simon McQueen konnte nicht
lesen.
    »Dann laß sie uns holen«, sagte
Tommy.
    Die Tiere stürzten sich mit einer
Begeisterung auf die Arbeit, die sie ansonsten fürs Sau-Rauslassen reservierten.
Papierschneider surrten, Etikettierpistolen klickten, und Pappen türmten sich
zu hohen Bergen am Ende der Gänge.
    Zusätzlich zum Entladen und
Auspacken einer überdurchschnittlich großen Lieferung mußten sie noch eine
Stunde zusätzlich einplanen, um ihre Bestellungen aufzuschreiben. Normalerweise
wurden die Bestellungen über einen Barcode-Scanner gemacht, aber da der Scanner
kaputt war, mußte jeder von ihnen einen riesigen Bestellordner durchgehen und
die benötigten Waren per Hand eintragen. Um fünf hatten sie den größten Teil
der Lieferung in den Regalen, und Simon McQueen überlegte, seinen
Papierschneider ausrutschen zu lassen und sich ins Bein zu schneiden, damit er
Zuflucht in der Notaufnahme suchen konnte. Aber das könnte ein Geheimnis ans Tageslicht
bringen, das noch schlimmer als sein Analphabetentum war.
    Tommy kam mit dem Bestellbuch in
Simons Gang. »Du solltest dich besser dranmachen, Sime.« Er hielt ihm den
Ordner und einen Bleistift hin.
    »Ich muß noch hundert Kartons
auspacken«, erwiderte Simon, ohne aufzublicken. »Laß einen der anderen
anfangen.-
    »Nein, du hast den größten
Bereich. Fang an.« Tommy stupste

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