Lange Zähne
daß er es gewesen wäre, der das Blut aus der Leiche
abgezapft hätte, aber das hat er zuvor noch nie getan. Und ich wußte, daß der
Typ ermordet worden war. Deshalb hatte ich eine Vermutung. Dann entdeckte ich
in der Wochenzeitung die Anzeige einer Selbsthilfegruppe für Vampire, also habe
ich mich auf die Lauer gelegt.«
»Mal angenommen, ich glaube Ihnen,
was Sie da sagen. Mal angenommen, ich glaube, daß Sie diesen Mist glauben, wie
könnten Sie mir helfen? Mal angenommen, ich würde Hilfe wollen.«
»Mein Fachgebiet ist die
Gentherapie. Es besteht die Chance, daß ich den Prozeß umkehren kann.«
»Das hier hat nichts mit
Wissenschaft zu tun. Ich sage nicht, daß Sie recht haben mit Ihrer Theorie. Es
gibt viele Dinge, die Sie nicht wissen und für die es keine wissenschaftliche
Erklärung gibt. Wenn Sie das noch nicht festgestellt haben, dann werden Sie es
noch feststellen. Wir reden hier von Magie.«
»Magie ist nur Wissenschaft, die
wir noch nicht ergründet haben. Wollen Sie nun meine Hilfe oder nicht?«
»Warum wollen Sie mir helfen?
Schließlich sind Sie der Meinung, ich würde Menschen umbringen.«
»Das tut der Krebs auch, aber
trotzdem arbeite ich daran. Haben Sie auch nur die leiseste Vorstellung,
welcher Konkurrenzkampf um die freien Stellen in meinem Fachgebiet herrscht? Es
geht nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip. Ich könnte damit enden, Ratten für fünf
Dollar die Stunde Sacharin-Einläufe zu verpassen. Was ich von Ihnen lernen
kann, würde meine Bewerbung ganz nach oben auf den Stapel katapultieren.«
Jody wußte nicht, was sie sagen
sollte. Ein Teil von ihr wollte den Hörer fallen lassen und sich den Kerl
schnappen. Ein anderer Teil wollte seine Hilfe annehmen.
»Was soll ich tun?« fragte sie
schließlich.
»Noch nichts. Wie kann ich Sie
erreichen?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.
Ich rufe Sie an. Wie lautet Ihre Nummer?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
Jody seufzte. »Hören Sie, Mr.
Wissenschaftswunder, denken Sie sich etwas aus. Und ganz nebenbei, ich habe
diese Leute wirklich nicht umgebracht.«
»Warum haben Sie mir dann
überhaupt zugehört?«
»Ich denke, die Unterhaltung ist
hiermit beendet. Steigen Sie in Ihren Wagen und gewöhnen Sie sich schon mal an
den Gedanken, Ratten zu bitten, sich vornüberzubeugen. Wiederhören.«
»Warten Sie, wir könnten uns
irgendwo treffen. Morgen. Irgendwo, wo Leute sind.«
»Nein, es muß in der Nacht sein.
Irgendwo, wo wir allein sind. Sie könnten sonst überall Cops postieren...« Sie
beobachtete ihn, während sie sprach. Er hatte das Fernglas heruntergenommen,
und Jody konnte sehen, daß er Asiate war.
»Sie sind hier der Killer. Würden Sie sich an meiner Stelle mit Ihnen an einem abgeschiedenen, dunklen Ort
verabreden?«
»Also gut. Morgen abend. Sieben
Uhr, bei Enrico's am Broadway. Sind Ihnen da genug Menschen?«
»Sicher. Dürfte ich eine Blutprobe
von Ihnen nehmen? Würden Sie mich lassen?«
»Würden Sie mich lassen?« fragte
sie.
Er antwortete nicht.
»War nur ein Scherz«, sagte sie.
»Hören Sie, ich will Ihnen nichts tun, aber ich will auch nicht, daß mir etwas
geschieht. Wenn Sie jetzt hier wegfahren, geben Sie richtig Gas und fahren Sie
nicht auf direktem Weg nach Hause.«
»Warum?“
»Weil ich diese Leute wirklich
nicht umgebracht habe, aber ich weiß, wer es getan hat, und dieser jemand
beschattet mich. Wenn er Sie gesehen hat, sind Sie in Gefahr.«
In der Leitung herrschte eine
Weile Stille, nur die leisen geisterhaften Stimmen einer anderen Verbindung
waren zu hören. Jody beobachtete den Asiaten dabei, wie er sie beobachtete.
Schließlich räusperte er sich.
»Wie viele von Ihnen gibt es?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete
sie.
»Ich weiß, daß sich nicht alle
Opfer in Vampire verwandeln. Das würde nicht funktionieren. Binnen eines Monats
hätte sich die gesamte Weltbevölkerung in Vampire verwandelt.« Er klang nun
selbstsicherer, da er die Unterhaltung wieder zur Wissenschaft zurückgesteuert
hatte.
»Ich erzähle Ihnen morgen alles,
was ich weiß. Aber erwarten Sie nicht zuviel. Ich weiß nicht viel. Oder ich
kann es Ihnen auch jetzt gleich erzählen, wenn sie bereit sind, sich von
Angesicht zu Angesicht mit mir zu unterhalten, aber ich halte es für keine gute
Idee, über ein Handy darüber zu sprechen.«
»Ja, Sie haben recht. Aber nicht
jetzt. Nicht hier. Das verstehen Sie doch, oder?«
Jody nickte übertrieben, damit er
es sehen konnte. »Je länger Sie hier stehen, desto
Weitere Kostenlose Bücher