Langenscheidts Handbuch zum Glück (German Edition)
paar Minuten mit dem Handy um den Block gehen, um meine Liebste anzurufen, eine innere Auszeit während einer langweiligen Rede, ein Minispaziergang durch einen Park, ein Kurzschlaf im Flugzeug oder noch lieber Zug fahren und übers Leben nachdenken.
Dieser Wechsel zwischen Komplexität und Einfachheit entspricht mir. Ich habe das Leben gefunden, das für mich gut ist. Das wünsche ich jedem anderen Menschen auf dieser Welt.
Wenn Sie mal wieder am Leben verzweifeln, denken Sie an
… SAMUEL KOCH
Ganz Deutschland hielt den Atem an, als der junge Mann am 4. Dezember 2010 bei Wetten, dass …? Schwer stürzte. Seitdem ist er vom Hals abwärts gelähmt. Er meint, dass er danach manchmal die Tiere beneidet habe, denen man in bestimmten Situationen einfach einen Gnadenschuss gebe. Trotzdem sagt er in einem Interview ein paar Wochen nach dem Unfall: »Ich werde wieder glücklich sein, ich werde Spaß am Leben haben, das war immer so. Grundsätzlich sehe ich das Leben als Geschenk an. Und es wäre doof, wenn ich das Geschenk des Lebens nicht ausnutze und nicht annehme.« Und ergänzt, vielen Menschen ginge es um einiges schlechter als ihm …
VII
Das Glück liegt im Jetzt
ICH KANN ES NICHT MEHR HÖREN – das so beliebte Lebensmotto »Lebe jeden Tag, als wäre er dein letzter!« Sind wir Tiere oder Menschen? Kennen wir nicht die Länge unseres Lebens? Ist uns nicht bewusst, welche Folgen bestimmte Verhaltensweisen haben? Haben wir nicht Verpflichtungen unseren Kollegen und Familien gegenüber? Gibt es nicht vielleicht Kinder, die uns langfristig brauchen in Erziehung und Bildung? Arbeiten wir nicht an politischen oder wirtschaftlichen Visionen und Projekten, die über den Tag hinausgehen?
Unsere Welt würde zusammenbrechen, fiele all das plötzlich weg und jede/r würde nur noch der spontanen Lust frönen. Es gibt sicher einige wenige Menschen, die bei einer Todesprognose für übermorgen einfach ihr Leben am letzten Tag unbeirrt weiterleben würden. Die meisten denken an verrückte Trips, irrwitzige Abenteuer, Champagner und Kaviar, Liebe auf dem Strand und Ähnliches. Wie anstrengend, das jeden Tag des Lebens (der ja in der Tat unser letzter sein könnte) so zu leben. Nicht beglückend und befriedigend für den Einzelnen und erst recht nicht für alle anderen, die von ihm abhängen. Wir leben in einem fein gesponnenen Netz von Abhängigkeiten und Zusammenarbeit. Klassische Beispiele sind sicher Kinder, die auf ihre Eltern angewiesen sind (und später umgekehrt), und Rentner, deren Auskommen von den Berufstätigen erwirtschaftet wird. Aber in Wirklichkeit sind die Strukturen der Teamarbeit allgegenwärtig. Wir merken das bei jedem Streik der Müllmänner, Lokomotivführer oder Fluglotsen. Von daher ist es eine absolute Illusion, dass gemeinsames Leben noch funktionieren würde, lebte jeder jeden Tag, als ob es sein letzter wäre. Denn die fehlende Perspektive auf die Zukunft und all das, wo wir selbst andere zum Überleben brauchen, führt zwangsläufig zu Egoismus und damit zum Zusammenbruch aller geschriebenen und ungeschriebenen Gesellschaftsverträge.
Wer liebt schon Versicherungen – und trotzdem beschäftigen wir uns damit, um im Fall der Fälle nicht ohne Schutz dazustehen. Wer liebt schon Rentenzahlungen – und doch leisten wir sie, damit wir im Alter nicht verarmen. Wer kümmert sich schon gern um Bausparverträge – aber wir tun es, damit wir mal in den eigenen vier Wänden leben können.
Das unterscheidet uns vom Tier. Es weiß nicht, wie lang und unter welchen Umständen es leben wird, und kümmert sich daher nur selten um Vorsorge. Wir wissen es, wir erinnern uns, wir planen, wir gestalten für uns und andere. Wir arbeiten an Energieversorgung und Notfallszenarien, wir bauen Krankenhäuser und Autobahnen, wir zahlen Steuern und Pflegeversicherung, wir haben das Handy und das Internet erfunden, wir kümmern uns um Verhungernde und Verdurstende, wir versuchen AIDS und Malaria einzudämmen. Alles ist wichtig für unser langfristiges Glück, und nichts davon lässt sich am letzten Tag des Lebens verwirklichen. Alles braucht Planung, Budgets, Computer, Zeitpläne, Mitarbeiter/-innen, Infrastruktur. Also Dinge, die auf den ersten Blick nicht unbedingt Spaß machen und die man nicht unbedingt in den letzten Stunden des Lebens betreiben würde, aber die essenziell sind für unseren Erfolg als Spezies und für unser aller Glück.
Also machen wir sie uns nicht madig durch eine oberflächliche Sehnsucht nach
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