Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
milchigen Frühlicht in die Küche, um starken Kaffee zu machen. Aber die teuflische, leise Stimme ließ ihn nicht in Ruhe. Mort betrachtete Amys Set Küchenmesser, die an der magnetischen Stahlhalterung hingen, und überlegte sich, wenn er diese kleine Stimme herausschneiden könnte, würde er unverzüglich mit der Operation anfangen.
    Du hast gedacht, dass du dem Mann das Wasser abgegraben hast – dass du ihm endlich das Wasser abgegraben hast. Du hast gedacht, dass die Geschichte wieder das zentrale Thema geworden ist, die Geschichte und der Vorwurf des Plagiats. Dass Skooter dich wie einen verdammten Collegebengel behandelt, war das Thema. Wie einen verdammten Collegebengel. Wie einen …
    »Sei still«, sagte Mort heiser. »Sei endlich still.«
    Die Stimme gehorchte, aber er musste feststellen, dass er trotzdem nicht aufhören konnte, an John Kintner zu denken.
    Während er mit zitternden Händen Kaffee abmaß, dachte er daran, wie er beharrlich und nachdrücklich bestritten hatte, Shooters Geschichte plagiiert zu haben, niemals etwas plagiiert zu haben.
    Aber das hatte er natürlich.
    Einmal.
    Nur einmal.
    »Aber das ist doch schon so lange her«, flüsterte er. »Und es hat gar nichts hiermit zu tun.«
    Das mochte stimmen, konnte seine Gedanken aber keinen Einhalt gebieten.

 
42
     
    Er war Studienanfänger im Frühjahrssemester gewesen. Die Klasse in kreativem Schreiben, der er angehörte, konzentrierte sich in diesem Semester auf die Kurzgeschichte. Der Lehrer war ein Mann namens Richard Perkins, Jr., der zwei Romane geschrieben hatte, die sehr lobende Besprechungen bekommen, sich aber kaum nennenswert verkauft hatten. Mort hatte einen zu lesen versucht und war zum Ergebnis gekommen, die guten Rezensionen und schlechten Verkaufszahlen hatten dieselbe Ursache: Die Bücher waren unverständlich. Aber der Mann war kein schlechter Lehrer gewesen – zumindest hatte er sie gut unterhalten.
    Die Klasse hatte etwa aus einem Dutzend Studenten bestanden. Einer von ihnen war John Kintner. Kintner war noch Anfänger, hatte aber eine Sondererlaubnis bekommen, am Unterricht teilzunehmen. Und Mort schätzte, er hatte es verdient. Elender nuschelnder Südstaatler oder nicht, der Wichser war gut gewesen.
    Der Kurs verlangte, dass jeder von ihnen sechs Kurzgeschichten oder drei längere Erzählungen schrieb. Jede Woche vervielfältigte Perkins diejenigen, die seiner Meinung nach den besten Stoff für Diskussionen abgaben, und teilte sie am Ende des Unterrichts aus. Die Studenten sollten für die kommende Woche vorbereitet sein, um darüber zu diskutieren und Kritik zu üben. So wurden derartige Kurse normalerweise abgehalten. Und in einer Woche gab Perkins ihnen eine Geschichte von John Kintner. Sie trug den Titel … was für einen Titel hatte sie gleich gehabt?
    Mort hatte das Wasser aufgedreht, um die Kaffeemaschine zu füllen, aber jetzt stand er nur da und sah abwesend in den wallenden Nebel jenseits der Fensterwand und hörte dem fließenden Wasser zu.
    Du weißt verdammt gut, was für einen Titel sie trug. ›Das heimliche Fenster, der heimliche Garten.‹
    »Aber das stimmt nicht!« schrie er quengelnd in das leere Haus. Er dachte verbissen nach und war entschlossen, diese teuflische, leise Stimme ein für allemal zum Schweigen zu bringen … und plötzlich fiel es ihm ein.
    ›»Hahnenfuß-Meile!‹«, kreischte er. »Der Titel der Geschichte war ›Hahnenfuß-Meile‹, und sie hat nichts mit irgend etwas zu tun!«
    Aber auch das stimmte nicht ganz, und er brauchte diese leise Stimme irgendwo in seinem schmerzenden Kopf eigentlich nicht, um auf diese Tatsache hinzuweisen.
    Kintner hatte drei, möglicherweise vier Kurzgeschichten eingereicht, bevor er verschwunden war, wohin auch immer {hätte man ihn nach einer Vermutung gefragt, hätte Mort Vietnam gesagt – dorthin waren in den späten sechziger Jahren die meisten verschwunden, jedenfalls die jungen Männer). ›Hahnfuß-Meile‹ war nicht die beste Geschichte von Kintner gewesen, aber sie war gut, Kintner war eindeutig der beste Schriftsteller in der Klasse von Richard Perkins, Jr. Perkins behandelte den Jungen fast als Gleichberechtigten, und das war nach Morts gar nicht so bescheidener Meinung nur recht und billig von Perkins, denn er fand, Kintner war um einiges besseres Richard Perkins, Jr. Aber da das Thema gerade angeschnitten worden ist, Mort glaubte auch, dass er selbst besser war.
    Aber war er besser als Kintner gewesen?
    »Hm-hmm«, hauchte er,

Weitere Kostenlose Bücher