Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
kam es, dass es keine Welleninterferenz auf dem Radarschirm gab? Warum nur diese tote Leere? Und er glaubte nicht, dass die Aurora borealis für das Verschwinden von hundertfünfzig bis zweihundert Passagieren verantwortlich war.
    »Nun?« fragte Nick.
    »Sie sind schon ein Mechaniker, Nick«, sagte Brian schließlich, »aber ich glaube nicht, dass es sich um EMP handelt. Die gesamte bordeigene Ausrüstung – einschließlich der Richtungsarmaturen – scheint ausgezeichnet zu funktionieren.« Er deutete auf den Digitalkompaß. »Wenn wir einen elektromagnetischen Puls gehabt hätten, würde dieses Ding da völlig durchdrehen. Aber es ist absolut konstant.«
    »Gut. Haben Sie die Absicht, weiter nach Boston zu fliegen?«
    Haben Sie die Absicht …?
    Und damit verschwand der letzte Rest von Brians Panik. Ganz recht, dachte er. Ich bin jetzt Kapitän dieses Schiffes … und letztendlich läuft es nur darauf hinaus. Du hättest mich gleich daran erinnern sollen, mein Freund, das hatte uns beiden eine Menge Ärger erspart.
    »Logan in der Dämmerung, ohne eine Ahnung, was unter uns im Land oder dem Rest der Welt los ist? Auf keinen Fall.«
    »Und was haben wir dann für ein Ziel? Oder brauchen Sie Zeit, um über diese Frage nachzudenken?«
    Brauchte Brian nicht. Und allmählich fügte sich auch alles andere zusammen, was er erledigen musste.
    »Ich weiß es«, sagte er. »Und ich glaube, es ist an der Zeit, mit den Passagieren zu reden. Zumindest mit den wenigen, die noch da sind.«
    Er griff zum Mikrofon, und in diesem Augenblick streckte der kahle Mann, der in der Business Class geschlafen hatte, den Kopf ins Cockpit, »Könnte einer der Herren so freundlich sein und mir sagen, was mit der Besatzung dieses Flugzeugs passiert ist?« fragte er quengelnd. »Ich habe ein schönes Nickerchen gehalten … aber jetzt möchte ich mein Essen.«
     
10
     
    Dinah Bell man ging es viel besser. Es war gut, andere Menschen um sich zu haben, ihre tröstliche Anwesenheit zu spüren. Sie saß in einer kleinen Gruppe mit Albert Kaussner, Laurel Stevenson und dem Mann im zerschlissenen Mantel, der sich als Robert Jenkins vorgestellt hatte. Er war, sagte er, Verfasser von mehr als dreißig Kriminalromanen und auf dem Weg nach Boston gewesen, um auf einer Tagung vor Krimifans zu sprechen.
    »Jetzt aber«, sagte er, »bin ich in ein Geheimnis verwickelt, das weit außergewöhnlicher ist, als ich es je zu schildern gewagt haben würde.«
    Diese vier saßen in der Mittelreihe im vorderen Teil der Hauptkabine. Der Mann im Rollkragenpullover saß im Steuerbordgang mehrere Reihen weiter hinten, hielt sich ein Taschentuch an die Nase (die tatsächlich schon vor ein paar Minuten zu bluten aufgehört hatte) und trotzte einsam vor sich hin. Don Gaffney saß in der Nähe und behielt ihn unbehaglich im Auge. Gaffney hatte nur einmal gesprochen und Rollkragen nach dessen Namen gefragt. Rollkragen hatte nicht geantwortet. Er hatte Gaffney über das zerknüllte Taschentuch hinweg lediglich mit einem Blick hasserfüllter Verachtung angesehen.
    Gaffney hatte nicht noch einmal gefragt.
    »Hat jemand die leiseste Ahnung, was hier los ist?« flehte Laurel fast. »Ich will morgen meinen ersten richtigen Urlaub seit zehn Jahren antreten, und jetzt so etwas.«
    Albert sah Miss Stevenson direkt an, während diese sprach. Als sie sagte, dass es ihr erster richtiger Urlaub seit zehn Jahren war, sah er, wie ihre Augen plötzlich nach rechts blickten und drei- oder viermal rasch blinzelten, als wäre ein Staubkörnchen hineingeraten. Er hatte einen so starken Verdacht dass es fast eine Gewissheit war: Die Dame log. Die Dame log aus irgendeinem Grund. Er betrachtete sie eingehender und sah nichts Außergewöhnliches – eine Frau mit verblassender Schönheit, eine Frau, die die Zwanzig rapide hinter sich ließ und sich den mittleren Jahren näherte (und für Albert begannen die mittleren Jahren eindeutig mit dreißig), eine Frau, die bald farblos und unsichtbar werden würde. Aber jetzt hatte sie Farbe; ihre Wangen leuchteten förmlich. Er wusste nicht, was die Lüge zu bedeuten hatte, aber er konnte sehen, dass sie ihre Schönheit vorübergehend erfrischt und sie beinahe hübsch gemacht hatte.
    Die Dame sollte öfter lügen, dachte Albert. Bevor ihr er oder jemand anders antworten konnte, drang plötzlich Brians Stimme aus dem Bordlautsprecher.
    »Meine Damen und Herren, hier spricht der Kapitän.«
    »Scheiße, von wegen Kapitän«, fauchte Rollkragen.
    »Schweigen

Weitere Kostenlose Bücher