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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Armbanduhren funkelten im Licht der Armaturen, eine druckfeste Rolex und eine digitale Pulsar.
    »Wenn Sie Uhren wollen, haben Sie die freie Auswahl«, sagte eine Stimme hinter ihnen. »Da hinten liegen sie tonnenweise.« Brian sah über die Schulter und erblickte Albert Kaussner, der mit der kleinen schwarzen Kappe und dem T-Shirt sehr adrett und jung aussah. Neben ihm stand der ältere Herr im zerschlissenen Sportmantel.
    »Wirklich?« fragte Nick. Er schien die Fassung zum ersten Mal verloren zu haben.
    »Uhren, Schmuck und Brillen«, sagte Albert. »Außerdem Handtaschen. Aber das Unheimlichste ist … da sind Sachen, die mit ziemlicher Sicherheit aus dem Inneren von Leuten stammen. Zum Beispiel chirurgische Bolzen und Herzschrittmacher.«
    Nick sah Brian Engle an. Der Engländer war sichtlich blass geworden. »Ich hatte etwa dieselbe Vermutung gehegt wie unser unhöflicher und geschwätziger Freund«, sagte er. »Dass das Flugzeug aus irgendwelchen Gründen irgendwo Zwischenlandung gemacht hat, während ich geschlafen habe. Dass der Großteil der Passagiere – und der Besatzung – irgendwo abgesetzt wurde.«
    »Ich wäre in dem Augenblick aufgewacht, wenn der Landeanflug angefangen hätte«, sagte Brian. »Das ist eine Gewohnheit.« Er stellte fest, dass er keinen Blick von den verlassenen Sitzen, der halben Tasse Kaffee und der halbaufgegessenen Gebäckrolle nehmen konnte.
    »Normalerweise würde ich dasselbe sagen«, stimmte Nick zu, »daher habe ich entschieden, dass mein Drink mit etwas versetzt gewesen sein muss.«
    Ich weiß nicht, womit der Bursche seinen Lebensunterhalt verdient, dachte Brian, aber Gebrauchtwagenhändler ist er eindeutig nicht.
    »In meinen Drink hat niemand etwas getan«, sagte Brian, »weil ich keinen zu mir genommen habe.«
    »Ich auch nicht«, sagte Albert.
    »Wie dem auch sei, wir können gar nicht gelandet und wieder gestartet sein, während wir schliefen«, sagte Brian zu ihnen. »Man kann ein Flugzeug mit Autopilot fliegen, und die Concorde kann sogar damit landen, aber man braucht einen Menschen, um es in die Luft zu bringen.«
    »Also sind wir nicht gelandet«, sagte Nick.
    »Nee.«
    »Und wo sind sie dann hin, Brian?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Brian. Er ging zum Pilotensitz und setzte sich.
     
6
     
    Flug Nr. 29 flog tatsächlich in elfeinhalbtausend Meter Höhe, wie Melanie Trevor gesagt hatte, Richtung 090. In einer oder zwei Stunden würde sich das ändern, wenn das Flugzeug weiter Richtung Norden schwenkte. Brian nahm den Atlas des Navigators, sah auf den Geschwindigkeitsmesser und stellte rasch ein paar Berechnungen an. Dann zog er den Kopfhörer auf.
    »Denver Center, hier spricht American-Pride-Flug Nr. 29, Ende.«
    Er kippte den Schalter um … und hörte nichts. Überhaupt nichts. Keine Statik; keine Interferenzen; keine Bodenkontrolle; keine anderen Flugzeuge. Er überprüfte die Kanaleinstellung: 7700, genau wie sie sein sollte. Dann legte er den Schalter wieder auf Senden. »Denver Center, bitte kommen, dies ist American-Pride-Flug Nr. 29, wiederhole, American Pride Heavy, und ich habe ein Problem, Denver, ich habe ein Problem.«
    Brian schaltete wieder auf Empfang. Lauschte.
    Dann machte Brian etwas, bei dem Albert ›Ace‹ Kaussners Herz vor Angst schneller zu schlagen anfing: Er schlug mit dem Handrücken direkt unterhalb des Funkgeräts gegen die Konsole. Die Boeing 767 war ein High-Tech-Passagierflugzeug auf dem neuesten Stand der Technik. Man versuchte nicht, die Geräte in so einem Flugzeug auf diese Weise zum Funktionieren zu bringen. Was der Kapitän gerade gemacht hatte, machte man höchstens mit einem alten Philco-Radio, das man für einen Lappen auf dem Flohmarkt gekauft hatte und das nicht funktionierte, wenn man es heimbrachte.
    Brian versuchte noch einmal, Denver Center zu erreichen. Und bekam keine Antwort. Überhaupt keine Antwort.
     
7
     
    Bis zu diesem Augenblick war Brian benommen und schrecklich verwirrt gewesen. Jetzt bekam er Angst – wirklich Angst. Bis jetzt hatte er keine Zeit gehabt, Angst zu haben. Er wünschte sich, das wäre immer noch so, aber es war eben nicht so. Er schaltete auf den Notrufkanal des Funkgeräts und versuchte es noch einmal. Keine Antwort. Es war so, als würde man in Manhattan 911 wählen und einen Anrufbeantworter bekommen, der sagte, dass alle am Wochenende freigenommen hatten. Wenn man auf dem Notrufkanal um Hilfe bat, bekam man immer eine schnelle Antwort.
    Wenigstens bis jetzt, dachte Brian.
    Er

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