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Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Titel: Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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Ruhe, die in einem zuverlässigen Menschen waltet. Denn Zuverlässigkeit heißt ja nicht nur, dass die anderen sich auf jemanden verlassen können, sondern auch, dass derjenige sich selbst vertrauen kann. Da gibt es also einen engen Zusammenhang zum Selbstvertrauen – und wer das hat, der wird weniger durch kraftzehrende Ängste belastet. Nicht umsonst sagte der norwegische Dramatiker Henrik Ibsen: »Wer an sich selbst glaubt, ist gerettet.«
    Voraussetzung ist jedoch, wie wir schon eingangs dieses Kapitels gesehen haben, dass Zuverlässigkeit das Leben nicht erstarren lässt und den Menschen nicht in einem Gefängnis aus fixen Terminen und unverhandelbaren Verpflichtungen einsperrt. Zuverlässigkeit darf nicht zwanghaft und übergestülpt sein, sondern muss locker von innen heraus wachsen. Routine und Gewohnheiten können dabei eine wertvolle Hilfe bilden.
    Immer gleich: Die lebensverlängernde Macht der Gewohnheit
    Es gibt Gewohnheiten und Rituale, da muss man nicht viel Fantasie haben, um sich ihre lebensverlängernde Wirkung vorstellen zu können. Der alte Schopenhauer etwa rückte täglich  – immer zur gleichen Zeit und zusammen mit seinem
Pudel »Atma« (deutsch: Die »Weltseele«) – für zwei Stunden zum Spaziergang aus. Dass solche Bewegungsrituale zur Gesundheit beitragen, kann man sich auch ohne sportmedizinische Vorbildung ausmalen. Dies gilt auch für John Rockefellers Gewohnheit, jeden Vormittag um Punkt zehn Uhr seinen ersten Golfball in die Wiesen zu schlagen. Es musste schon ein orkanartiges Unwetter aufziehen, um ihn davon abzuhalten. Der Ölmagnat und Milliardär starb im 98. Lebensjahr, unmittelbar nach seiner täglichen Golfrunde.
    Demgegenüber wirkt es schon ziemlich kauzig, wenn Immanuel Kant sich Abend für Abend – kokonartig und immer auf die gleiche Weise – in sein Bettzeug einrollte, als plante er, am nächsten Morgen als Schmetterling aufzuwachen. Aber vermutlich half es ihm beim Einschlafen, und da ein guter Schlaf bekanntlich gesundheitsfördernd ist, dürfen wir auch diese Macke getrost unter der Rubrik der lebensverlängernden Rituale verbuchen. Doch wenn Françoise Gilot von den Ritualen ihres Lebensgefährten Picasso erzählt, klingt das eher nach handfester Neurose als nach lebensverlängernder Routine: »Jedesmal, wenn wir zu einem Ausflug aufbrachen, wie kurz er auch sein mochte, hatten wir eine russische Sitte zu befolgen, nach der sich alle Familienmitglieder in dem Raum niedersetzen mussten, von dem aus der Aufbruch erfolgen sollte, und mindestens eine Minute lang kein Wort sprechen durften. Danach konnten wir unseren Ausflug in der absoluten Gewissheit antreten, dass uns nichts Schlimmes widerfahren würde.« Das Schweigen war freilich nicht einfach, denn die zwei Kinder des Paares waren noch im Grundschulalter. Aber »wenn eines der Kinder lachte oder sprach, bevor die Zeit abgelaufen war, mussten wir von vorn anfangen; andernfalls hätte er sich geweigert, das Haus zu verlassen.« Auf diese Weise konnten diverse Minuten vergehen, ohne dass die ausflugbereite Familie auch nur einen Fuß vor die Tür setzte. Der Mann und Vater des Hauses kannte jedoch keine Gnade, selbst wenn sein Ritual abergläubisch
und spleenig wirkte. Immerhin: Seine Rituale bescherten Pablo Picasso 92 Lebensjahre.
    Picasso, Kant, Rockefeller und Schopenhauer waren außergewöhnliche Menschen mit außergewöhnlichen Macken, Ticks und Ritualen. Doch ansonsten sind Gewohnheiten, und das steckt ja schon in ihrem Namen, eher gewöhnlich als schräg. So ist es beispielsweise eine »gewöhnliche Gewohnheit«, wenn man immer zur gleichen Zeit aufsteht und sich dann immer ein Stückchen Würfelzucker, keines mehr und keines weniger, in den Kaffee wirft. Oder auch, wenn man jeden Tag den gleichen Weg zu Arbeit nimmt und dabei den gleichen Radiosender hört. Wenn man hingegen zum Geburtstag eines Familienmitglieds stets ein »Happy Birthday« anstimmt und beim Fußballspiel im Fernsehen die Nationalhymne mitgrölt, ist das zwar auch nicht gerade außergewöhnlich, aber weil es betont feierlich und symbolisch dabei zugeht, spricht man dann schon eher von Ritualen. Vom Prinzip her gehören jedoch auch die zu den Gewohnheiten, nur dass sie eben nicht ganz so banal und trivial sind wie die Angewohnheit, seine Aktentasche bei der Arbeit immer auf eine bestimmte Seite vom Bürostuhl zu stellen und in der Kantine immer an demselben Tisch zu sitzen.
    Doch egal, ob Ritual oder plumpe Gewohnheit: Ihr Wesen

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