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Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Titel: Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Blazon
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undeutlicher wurden, als würden sie verblassen, und schließlich ganz im Grün verschwanden. »Mussten wir deshalb nach Venedig? Weil du so weit wie möglich von ihm wegwolltest?«
    Sara wischte sich unwirsch die Tränen vom Gesicht, obwohl der Regen sie schon alle weggespült hatte. »Na ja, ich konnte euch ja schlecht in unsere Wohngemeinschaft nach Berlin mitnehmen. Da wohnt er jetzt nämlich mit seiner neuen Freundin. Habe ich erst vor drei Tagen erfahren, als ich von einem Einsatz zurückkam. Tolles Weihnachtsgeschenk, oder?«
    Es war komisch, ihre Tante so hilflos und traurig zu erleben. Aber seltsamerweise war ihr Sara gerade durch ihren Kummer wieder fast so nah wie früher, als sie noch bei ihnen wohnte.
    Fieberhaft überlegte Kristina, was sie Tröstliches antworten könnte. Schließlich beschloss sie, einfach das zu sagen, was ihr bei der Geschichte als Erstes in den Sinn gekommen war. »Wie heißt er?«
    »Patrick«, murmelte Sara. »Patrick Brockstone. Er stammt aus England.«
    »Weißt du, was ich glaube? Patrick Brockstone ist ein Arsch.«
    Tante Sara schnappte erschrocken nach Luft und sah sie verdutzt an, doch dann brach sie plötzlich in Gelächter aus. »Lass das bloß nicht deinen Vater hören. Sonst behauptet er am Ende noch, ich hätte dir solche Ausdrücke beigebracht.«
    Kristina grinste. Immerhin wirkte Sara nicht mehr ganz so niedergeschlagen. Sie schniefte und holte entschlossen Luft. Scheinbar fiel ihr erst jetzt auf, dass das Wasser ihr schon bis an die Oberschenkel reichte. Sie machte einen Satz zu Kristina auf die Treppenstufe.
    »Oh Mann, schau dir das an! Was ist mit dem Wasser los? Eines Tages wird die ganze Stadt einfach versinken wie Atlantis.« Sie lächelte zaghaft. »Weißt du, was? Ab heute wird nicht mehr geheult. Versprochen. Wir machen uns eine schöne Zeit in Venedig. Und morgen … huch, was ist das denn?«
    Sie packte Kristina bei der Hand und riss sie mit sich. Ehe Kristina wusste, was los war, standen sie schon oben auf der Treppe im Trockenen.
    Etwas platschte in der Nähe. Eine spitze Schnauze hob sich aus dem Wasser. Gelbe Nagezähne waren zu sehen. Die Ratte schien Kristina boshaft anzugrinsen. »Igitt!«, schrie Kristina auf und hechtete auf die Hotelschwelle. Unten paddelten sicher ein Dutzend Ratten im Kanal herum. Schwarze, längliche Körper in den Fluten.
    »Puh, die haben uns ja gerade noch gefehlt«, stöhnte Sara. »Na ja, so ist das in einer richtig alten Stadt. Manchmal flüchten sie vor der Flut aus irgendwelchen Kellern. Früher haben sie die Pest übertragen, wusstest du das?«
    »So genau wollte ich es gar nicht wissen«, murmelte Kristina und schüttelte sich. Sara lachte.
    »Wollt ihr da draußen Wurzeln schlagen?« Nonna hatte ein Fenster im ersten Stock geöffnet und streckte ihren Kopf heraus.
    »Komm, nichts wie rein!« Sara stapfte ins Haus zurück, wobei Bäche von Wasser aus ihren Schuhen und Hosenbeinen strömten.

Das Mädchen hatte die junge Frau tatsächlich zum Lachen gebracht und damit seinen Bann gebrochen! Und jetzt verschwand SIE im Haus, taub für seinen Befehl und befreit von seinem Zauber, als hätte sie ihn achtlos wie einen Mantel abgestreift. Beinahe hätte er einen Wutschrei ausgestoßen, aber er beherrschte sich mühsam. Nur seine knochigen Finger schlossen sich so fest um den Riemen, dass das Holz knackte und beinahe barst.
    Es war schwierig genug, an SIE heranzukommen. Immer noch war es ihm nicht gelungen, die Schwellen des Palazzo zu überschreiten. Die lilahaarige Alte, die jetzt misstrauisch aus dem Fenster lugte, hütete ihr Haus zu gut. Und jetzt kam ihm auch noch dieses Mädchen in die Quere. Es konnte ihm Schwierigkeiten machen und seine Pläne durchkreuzen, das ahnte er. Das Fenster schloss sich, aber das Mädchen verharrte auf der obersten Stufe und starrte mit ihren wachen Augen über das Wasser, als könnte es seine Anwesenheit spüren. Zeit, wieder unsichtbar zu werden. Der Dunkle öffnete seine linke Hand und wandte die Handfläche zum Himmel. Und der Nebel gehorchte ihm und erhob sich so schnell, als würde Rauch aufsteigen.

Kristina wollte ihrer Tante schon folgen, aber irgendetwas hielt sie ab. War es kälter geworden oder fröstelte sie so sehr, weil sie müde war? Misstrauisch sah sie sich um.
    Die Dämmerungverwandelte die Häuser bereits in dunkle Scherenschnitte vor einem graublauen Wolkenhimmel. Der Kanal war im Abendlicht ein silbernes Band.
    Ein Stück weiter rechts ragte die Rialto -Brücke auf.

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