Lass den Teufel tanzen
ihr: »Euer Ehemann fühlt sich nicht besonders gut. Lasst ihn die ganze Nacht schlafen, dann werdet Ihr morgen sehen, dass es ihm besser geht. Gehabt Euch wohl, Donna Marianna.«
Marianna bleibt reglos stehen, die Arme verschränkt und den Rücken gegen den Pfosten der Eingangstür gelehnt, in genau der gleichen Haltung, die sie auch vorher schon eingenommen hat, als es noch dämmerte, Nunzio Solimene noch nicht aufgetaucht war und sich noch nicht diese Maus in ihrem Bauch eingenistet hatte.
Die Sapúta, die schwarze Katze und der Stockfisch
NOMEN EST OMEN, und so wusste die Sapúta, die Wissende, wirklich alles. Sie kannte die Zukunft, sie legte die Karten, las aus der Hand, aus Tarockkarten, aus Kaffeesatz, sie goss Öl ins Wasser, verteilte grobes Salz in den Zimmerecken, und sie konnte jemanden vom bösen Blick befreien, wenn ihn ein Fluch getroffen hatte. Nur mit den Katzen, die doch normalerweise ebenfalls in die Zuständigkeit von Hexen fallen, kam sie nicht zurecht. Die Katzen waren nicht ihr Fall, und da sie, wie die Sapúta sagte, direkte Abgesandte des Teufels waren, mochten sie in ihr vielleicht den Erzfeind sehen oder wenigstens eine Vertreterin des Gottvaters, gewiss jedoch nicht sie selbst, die längst viel zu dick war, um ihnen im Hof hinterherzulaufen, wenn eine von diesen vermaledeiten Kreaturen dort Fischreste stibitzen oder mausen wollte. Der Teufel hatte sie geschickt, und Gott würde sie fangen. Und die Sapúta sollten sie bitte in Ruhe lassen.
An jenem Tag war eine dieser Katzen, ein besonders mageres und besonders schwarzes Exemplar, ohne das leiseste Geräusch zu machen, zur Küchentür hereingeschlichen und hatte sich ein schönes Stück Stockfisch geschnappt, das die Sapúta zum Einweichen in die Spüle gelegt hatte.
In genau diesem Moment saß die Sapúta auf dem Klo und war ganz auf diese Tätigkeit konzentriert. Dennoch hörte sie
ein seltsames Geräusch, das aus Richtung Küche kam, und war sogleich beunruhigt, weil doch momentan niemand außer ihr im Haus war. Doch wenn jemand hundertvierzehn Kilo wiegt, über fünfzig ist und immer eine übervolle Blase hat, was auf den vielen Wein, den Magenbitter und die vielen Likörchen zurückzuführen ist, dann ist es ein ziemlich kompliziertes Unterfangen, sich plötzlich von der Schüssel zu erheben. Nach kurzer Einschätzung der Lage und im Interesse der gebotenen Ökonomie der Situation beschloss die Sapúta, um Zeit zu sparen und sogleich nachsehen zu können, was, zum Henker, da draußen vorging, sich weder mit der Benutzung von Toilettenpapier noch mit Händewaschen aufzuhalten und versuchte, nachdem sie sich von der Schüssel erhoben hatte, stehen zu bleiben, ohne wieder zurückzuplumpsen. Unter Aufbietung all ihrer Kräfte hielt sie sich mit beiden Händen am Rand des Waschbeckens fest und zog sich hoch, konnte sich dabei aber die letzten Tröpfchen Urin nicht verkneifen, die teils auf die Fliesen tropften und ihr teils über den rechten Oberschenkel liefen. Kaum stand sie, dabei noch damit beschäftigt, wieder zu Atem zu kommen und sich in der Vertikalen zu halten, stellte sie bereits erste Vermutungen über die Herkunft der Geräusche aus der Küche an. Die Sapúta traf nämlich oft den Nagel auf den Kopf, selbst bei reinen Vermutungen. Und so kam ihr auch tatsächlich gleich als Erstes in den Sinn, dass eine dieser Scheißkatzen sich in ihre Küche geschlichen hatte, um etwas zu klauen. Unwillkürlich entfuhr ihr bei diesem Gedanken ein lautes und böses Zischen, wie es die Leute oft anwenden, um Katzen zu verscheuchen, aber es gab keinerlei Reaktion, nichts. Mittlerweile stand sie jedoch endlich mit beiden Beinen fest auf
dem Boden und konnte ebenso gut auch selber nachschauen. Allerdings war sie auf dem Weg durch den kleinen Flur gezwungen, sich kurz mit dem Ellbogen an der Mauer abzustützen, bloß für einen Moment, weil urplötzlich Übelkeit in ihr hochstieg und sie ins Wanken brachte… Gewiss, der Alkohol tut seine Wirkung, so wie er es immer getan hat, er dämpft die Schläge, lenkt ihre Richtung ab, und dann wird alles erträglich, warm, menschlich, verständlich, akzeptabel, und die Welt ist auf einmal ganz weich und umfängt dich mit offenen Armen… ein großes, schönes Spiel. Aber die Rückkehr ist jedes Mal wie ein harter Schlag, und wenn du dann nach speichelreichem, unruhigem Schlaf die Augen wieder aufmachst, findest du alles dort wieder, diese ganze beschissene Welt, die nur aus schroffen Felsen und steilen
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