Lass es bloss nicht Liebe sein
bisweilen knallhart, um sie hatte er sich jedoch rührend gekümmert, trotz ihrer gelegentlichen Reibereien. Insofern war ihr ein gerissener roher Dieb bei Weitem lieber als die zwei verlogenen ausgekochten Schweine, die vor ihr saßen. Eben tuschelten sie miteinander, aufgeblasene Wichser, alle beide. Platzten geradezu vor Größenwahn! Sie waren ja sooo clever. Krallten sich das Buch, die Kohle und Lily– und ganz nebenbei eine naive kleine Siebzehnjährige zum Amüsieren. Beweihräucherten sich gegenseitig, wie cool sie waren– eh, Mann, echt krass drauf. Wie bombig sie alles gedeichselt hatten.
Aber nicht mit ihr, no Sir, da spielte sie nicht mehr mit. Die beiden durften sich auf was gefasst machen.
William kehrte erst am Spätnachmittag ins Hotel zurück. Was Robbie ihm erzählt hatte, hatte er erst einmal verdauen müssen. Folglich war er ziellos durch die Straßen von Lucca gelaufen; tief in Gedanken versunken hatte er sich mental zurechtgelegt, wie er gegenüber Lily argumentieren wollte. Es lag ihm sehr am Herzen, die Wahrheit von ihr zu erfahren. Wieso wollte sie zu Robbie zurückkehren? Lily war jedoch nicht im Hotelzimmer, nur ihre Reisetasche stand noch dort.
Lily war fort.
Draußen begann es zu regnen. William registrierte das leise Plätschern vor den Fensterscheiben, das sich schnell in ein lautes Trommeln verwandelte. Er schaute sich suchend im Zimmer um, nach irgendeinem Hinweis auf Lily. Ein blondes Haar auf dem Kissen hätte ihm schon genügt. Aber da war nichts.
Halt dich raus und überlass ihr die Entscheidung; versuch nicht, sie zu manipulieren. Stattdessen hatte er sich wie der hinterletzte Idiot benommen. Er saß auf dem Hotelbett, das Gesicht in den Händen vergraben, sein Kopf schmerzte höllisch.
Sie hatte sich entschieden.
Vor Florenz wurden die Regenfälle heftiger. Sie passierten das Industriegebiet westlich von Florenz, wo Lederjacken, Handtaschen und Fliesen gefertigt wurden. Schwerlaster aus Deutschland und Korsika gesellten sich zu ihnen auf die Autostrada, auf dem Weg nach Süden oder zum Hafen von Neapel, wo die Fähren nach Palermo und Tunesien vor Anker lagen.
Robbie und Sebastian unterhielten sich leise und grienten dabei selbstgefällig. Vermutlich gratulierten sie sich gegenseitig zu ihrem Supercoup. Sie erwähnten mehrfach die Villa Borghese– vermutlich wollten sie sich dort mit dem mysteriösen Käufer treffen, tippte Lily.
Sebastian. Ihr guter alter Seb. Hatte sie belogen, dass sich die Balken bogen. Sie fixierte seinen blond gewellten Hinterkopf und kämpfte mit den Tränen. » Sebastian, wie konntest du mir das antun?«
Er drehte sich halb zu ihr um. » Hey, Moment mal, ich hab mir erlaubt, ein bisschen auf dich aufzupassen. Mit dir wäre alles okay gewesen, wenn dieses Arschloch dich bloß in Sydney gelassen hätte!«
Robbie schüttelte kaum merklich den Kopf.
» Ich hab Robbie die Kontakte hier besorgt«, fuhr Sebastian fort, » und es war meine Idee, dir nach Italien zu folgen. Zumal es unverantwortlich war, dass Isyanov dich mitgenommen hat. Dir hätte wer weiß was zustoßen können!«
» Und du hast geglaubt, William Isyanov kümmert sich rührend um dich«, ätzte Robbie schadenfroh.
Lily ignorierte ihn.
» Von wegen › mit mir war alles okay ‹ , Seb! Nachdem dieser Scheißtyp da vorn am Steuer unser gesamtes gemeinsames Erspartes eingesackt hatte? Was war daran okay?«
» Das mit dem Geld wusste ich nicht, Lil, ganz ehrlich. Erst als du mir davon erzählt hast.« Er schoss einen angesäuerten Blick zu Robbie. » Das mit Graciella im Übrigen auch nicht.«
» Und was ist mit den beiden Mafia-Trotteln, die ihr auf den Laden angesetzt habt? Ihr seid mir zwei Spezialisten– kommt ihr mir nochmal von wegen Stümper und so.«
» Ich wollte dir dabei helfen, wieder ein bisschen Knete in die Kasse zu kriegen, ja, ich gebe zu, das war stümperhaft, aber…«
Robbie seufzte ungeduldig und trommelte mit den Fäusten auf das Lenkrad.
» Mensch, Lily, ich brauchte die Kohle, schnall das doch mal endlich. Die Kopie von dem Scheißbuch war nicht umsonst, klar?«
» Und Graciella, wofür hast du die gebraucht?«, fragte Lily spitz.
» Und was ist mit dir? Kaum bin ich aus dem Haus, steigst du mit dem nächstbesten Kerl in die Federn.«
» William steckt dich locker drei Mal in die Tasche.«
» Sorry, ist eben dumm gelaufen, Lily.« Robbie zuckte wegwerfend mit den Schultern.
» Dumm gelaufen…?« Lily blieb vor Ärger und Empörung die Spucke
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