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Lass es bloss nicht Liebe sein

Lass es bloss nicht Liebe sein

Titel: Lass es bloss nicht Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillipa Fioretti
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spülte sich gründlich den Mund aus, tappte zur Tür und schloss auf.
    » Lily«, rief er. » Was ist passiert? Alles okay mit Ihnen?«
    » Blöde Frage! Seh ich etwa so aus? Nein. Mit mir ist nichts okay. Ich fühle mich sterbenselend.«
    Sie sank auf ihren Schreibtischstuhl, presste die Hände vor ihr Gesicht und weinte erneut. Sie merkte, dass er neben ihr stand. Die normale menschliche Reaktion wäre gewesen, sie zu trösten, ihr über den Rücken zu streicheln, ein Glas Wasser zu holen und sie begütigend in die Arme zu nehmen. Stattdessen starrte er schweigend auf den Bildschirm.
    » Sie haben ein gemeinsames Konto?«
    » Ja. Das Geld ist alles, was wir hatten, mal abgesehen von dem Haus und dem Geschäft. Das war unser gesamtes Erspartes.« Sie presste ihre bebenden Lippen aufeinander, um nicht gleich wieder loszuheulen. » Warum tut er mir das an?«
    » Woher wollen Sie wissen, dass er das war?«
    Sie hob den Kopf, bemerkte sein Gesicht dicht an ihrem, roch Nelkenaroma und den erotisierenden Moschusduft, den er verströmte. » Wer das Konto leergeräumt hat, muss mit den von uns hinterlegten Unterschriften gezeichnet haben, folglich kann es bloß Robbie gewesen sein.«
    » Nein, das ist nicht unbedingt gesagt. Jeder, der es darauf anlegt, kann Ihre Unterschrift fälschen.«
    » Aber warum? Wofür braucht man mickrige zehntausend Dollar, wenn man dieses kostbare Buch besitzt und den unseligen Verkäufer zu den Fischen im Hafen befördert hat?«
    Er straffte sich und sagte: » Genau das will ich herauszufinden versuchen.«
    » Das ist das finanzielle Ende für mich. Ich kann nicht…«
    » Kommen Sie, gehen wir nach oben. Ich mach Ihnen einen Drink.«
    Sie blieb jedoch sitzen, antriebslos, schlaff, frustriert. Er hockte sich erneut neben sie und fasste zaghaft ihre Hand.
    Sie schüttelte langsam mit dem Kopf. » Das war Robbie. Das hab ich im Gefühl. Er hat sich mit dem Buch und unseren gesamten Ersparnissen abgesetzt, und ich darf jetzt seinen Mist ausbaden.«
    Dieses Mal widersprach William ihr nicht. Sie stand schweigend auf und folgte ihm wie eine Schlafwandlerin. Oben verschwand sie im Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich ab.
    William konzentrierte sich abermals auf die Zahlen im Computer. Robbie hatte sich abgesetzt. Er hatte sich das Buch und ihr gesamtes Geld geschnappt und seine Freundin sitzen lassen. Das war der Gipfel der Beschränktheit. Zweifellos konnte dieser Idiot nicht wissen, wen sie auf ihn angesetzt hatten. Falls er jedoch davon ausgegangen war, William wäre das schlimmste aller Übel, hatte er sich empfindlich getäuscht.
    Er schaute die Stufen hoch und wiegte skeptisch den Kopf. Sollte er Lily in dieser Situation allein lassen, nachdem sie vorhin von dem Betrug erfahren hatte? Sicher, sie konnten sich täuschen, und jemand anders hatte das Konto geplündert, aber für gewöhnlich– das hatte ihn die Erfahrung gelehrt– war die naheliegende Erklärung die zutreffende. War Lily imstande, eine folgenschwere Dummheit zu begehen, wenn er sie jetzt allein ließ? Er hätte es nicht zu sagen vermocht, schließlich kannten sie sich erst kurz. Außerdem wollte er sie auch nicht wirklich allein lassen, folglich kletterte er die Stufen hoch und setzte sich im Wohnzimmer auf die Couch.
    Er und Otto sahen einander an.
    Otto mochte diesen Typen gern. Vielleicht füllte er ihm seinen Napf, was sein Frauchen anscheinend vergessen hatte.
    William griff in die Innentasche seiner Jacke und zog einen kleinen Skizzenblock von der Größe einer Zigarettenschachtel und einen Bleistift heraus. Er blickte sich im Zimmer um, nahm schließlich einen antiken Krug, der auf einem Bücherbord stand, ins Visier und begann zu zeichnen.
    Lily lag auf dem zerwühlten Bett und starrte auf einen imaginären Punkt an der Decke, sie fühlte sich innerlich leer. Robbie war egoistisch, das wusste sie schon länger. Er dachte immer zuerst an sich, er hatte sie auch schon mit anderen Frauen betrogen, aber diesmal war die Situation eine völlig andere. Bislang hatte er versucht, für seinen Mist geradezustehen und sie aus allem rauszuhalten. Wenn sie weinte, weil er sie wieder einmal enttäuscht hatte, weinte er vor schlechtem Gewissen gleich mit.
    So lag sie stundenlang. Sie hörte, dass Otto an der Tür schnupperte, und rührte sich nicht. Irgendwann erfüllte tiefe Dunkelheit den Raum.
    Gegen Mitternacht wurde sie wach. Sie setzte sich auf, rieb sich die Augen und schaute sich verdutzt in ihrem Schlafzimmer um.

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