Lass es bloss nicht Liebe sein
Lily hummelte um ihn herum, traute sich jedoch nicht zu fragen, wo er gewesen war. Als er keine Anstalten machte, aus freien Stücken damit herauszurücken, verzog sie sich in die Küche, wo sie mit Pfannen und Tellern herumklapperte.
» Was machst du da?«, rief er.
An den Türrahmen gelehnt antwortete sie: » Ich mach dir ein paar Pfannkuchen. Was hältst du davon, wenn wir nachher ein bisschen shoppen gehen?«
» Äh… danke, das ist lieb… aber…«
» Aber was?«
» Das hier ist kein Urlaub, Lily. Merk dir das. Wir sind nach Rom geflogen, weil wir deinen Freund ausfindig machen wollen.«
Lily ließ deprimiert die Schultern sinken. Sie spähte zu William, doch seine Miene blieb unbewegt.
» Man kann nicht mit leerem Magen ermitteln«, versetzte sie mit Nachdruck, bevor sie sich abermals in die Küche zurückzog. » Ich hab den Teig vorbereitet, du kannst in ein paar Minuten essen.«
Er verschwand im Bad, sie legte mit den Pfannkuchen los. Sie schnitt ein paar Zitronen auf, legte die Spalten auf einen Teller und stellte diesen mit der Zuckerdose auf den Tisch. Sie kramte in den Küchenschränken und entdeckte zwei Gläser, deren Inhalt verdächtig nach Konfitüre aussah, und stellte sie ebenfalls dazu.
» Setz dich«, befahl sie, als er in den Wohnraum zurückkehrte.
» Hey, was hast du mit mir vor?«, wollte er wissen. Er setzte sich jedoch brav an den Tisch.
» Hast du noch nie Pfannkuchen gegessen? Sie müssen heiß sein.« Sie ließ einen auf seinen Teller gleiten, lief wieder in Richtung Küche und rief ihm über ihre Schulter hinweg zu: » Haben die scharfen, leidenschaftlichen Bräute, mit denen du zusammen warst, dich denn nie bekocht?«
Sie schleppte den nächsten dampfend heißen Pfannkuchen an. » Oder hast du so lange Puschkin zitiert, bis sie ohnmächtig vor dem Herd zusammenbrachen?«
Lachend gab er zurück: » Meine Freundinnen hatten es nicht so mit dem Kochen– dafür fühlten sie sich zu emanzipiert. Von wegen Ausbeutung der Frau und so. Meine bisherigen Lebensabschnittspartnerinnen hörten lieber englische Popmusik als russische Lyrik.«
Lily staunte Bauklötze. » Mit wem warst du denn zusammen? Ich meine, warst du nicht Dozent für Kunstgeschichte? Ist doch allgemein bekannt, dass Künstler geile Sexprotze sind.«
» Künstler vielleicht, aber Kunstgeschichte ist was anderes. Das ist mehr was für die Töchter reicher Eltern, für die Fionas und Prudences dieser Welt, die mit Pumps und mit sündhaft teuren Klunkern behängt im Hörsaal aufkreuzen.«
Lily lief abermals in die Küche und kehrte mit zwei Pfannkuchen zurück, einer für sie und einer für ihn.
» Puh, ich kann nicht mehr, Lily, Gnade!«
» Iss was, du kannst es dir leisten«, sagte sie mit einem verbindlichen Lächeln, ihr Blick in seinen vertieft.
Er sprang plötzlich auf. » Das hat damit nichts zu tun.«
Sie ließ sich auf ihren Stuhl sinken, verblüfft über seine schroffe Reaktion.
» Ich brauch ein bisschen Schlaf. Wenn du shoppen gehen willst, der Schlüssel liegt auf dem Regal neben der Tür. Denk dran, es ist Mittagszeit, da halten die Leute ihre Siesta, und die meisten Läden haben geschlossen.«
» Ich geh ein Stück spazieren«, sagte sie tonlos.
Er nickte. » Ich leg mich in dein Bett, okay? Sei vorsichtig, verlauf dich nicht. Nimm vorsorglich mein Handy mit– die Nummer vom Apartment findest du unter › Gabriella ‹ .«
Damit verschwand er im Schlafzimmer, zog den Vorhang hinter sich zu und ließ sie in der Küche mit dem Abwasch und einem Stapel frisch gebackener Pfannkuchen zurück.
Lily schlüpfte dieses Mal in flache, bequeme Sandalen, trat auf die gepflasterte Straße hinaus und marschierte los. Sie hatte kein bestimmtes Ziel– sie wollte bloß ein bisschen frische Luft schnappen. Die meisten Geschäfte waren geschlossen, wie William gesagt hatte, und auf einen Schaufensterbummel hatte sie keine Lust, obwohl die Juweliere traumhaft schöne Klunker in den Auslagen bereithielten. War sie etwa krank? Sie war das erste Mal in ihrem Leben in Rom und hatte null Bock auf eine Shoppingtour? Der Grund lag in ihrem Bett, in dem malerischen Viertel Trastevere.
Sie überquerte den Ponte Mazzini, blieb mitten auf der Brücke stehen und betrachtete den träge dahinströmenden Fluss. Nachdem sie durch die Straßen in der Nähe des Palazzo Farnese geschlendert war, fand sie eine Bar, setzte sich draußen an einen Tisch und bestellte einen Kaffee.
Eines Tages, schwor sie sich, würde sie wieder
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