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Lass mich in Dein Herz

Lass mich in Dein Herz

Titel: Lass mich in Dein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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es schaffte, mit dem Stuhl so zu wippen, dass sie nach vorn auf die Füße kam, konnte sie vielleicht ein paar Schritte laufen und zum Telefon auf dem Richterpult gelangen. Andrea versuchte es. Zunächst schob sie sich so weit von der Tischkante weg, dass sie sich samt Stuhl um etwa neunzig Grad drehen konnte. Dann begann sie zu wippen. Doch die Sache gestaltete sich schwieriger, als sie angenommen hatte. Sie konnte nicht genug Schwung aufnehmen. Nicht, wenn sie nicht ihr ganzes Körpergewicht einsetzte. Aber es war fraglich, ob sie sich dann halten konnte. Doch sie hatte keine Wahl. Musste es riskieren. Sie kippte mit dem Stuhl so weit nach hinten, wie sie sich mit den Füßen vom Boden abdrücken konnte, ließ sich dann mit aller Kraft nach vorn fallen und stellte fest, dass der Schwerpunkt eines Stuhl-Mensch-Gebildes eindeutig an der Kante zwischen Rückenlehne und Sitzfläche lag. Mehr Schwung, Andrea! Ein zweiter Versuch. Das sah schon besser aus. Gleich noch mal. Der Stuhl ächzte unter der Beanspruchung. Plötzlich gab es ein splitterndes Geräusch. Andrea fühlte, wie sie einen Moment in der Luft schwebte, bevor sie nach hinten fiel. Der Aufprall ließ sie vor Schmerz aufstöhnen. Sie schaffte es noch irgendwie, sich auf die Seite zu drehen, dann blieb sie regungslos liegen.
~*~*~*~
    W ie viel Zeit vergangen war, wusste Andrea nicht, als sie jemand ihren Namen rufen hörte. Zunächst glaubte sie an eine Sinnestäuschung. Doch dann hörte sie den Ruf erneut.
    »Andrea?«
    Jemand lief den Flur entlang.
    »Andrea?«
    Gina? Es war Gina!
    »Ich bin hier«, ächzte Andrea. Und dann noch einmal, lauter: »Hier!«
    Die Schritte kamen eilig näher. Die Tür zum Saal wurde geöffnet. »Andrea!«
    »Gina, ich bin hier.«
    Gina lief zu Andrea, schaute entsetzt auf das Bild, das sich ihr bot. Andrea lag, an einen Stuhl gefesselt, auf dem Boden, unnatürlich verrenkt, ihr Gesicht schmerzverzerrt. Sie beeilte sich, die Knoten der Fesseln zu lösen und Andrea zu befreien.
    Andrea stöhnte. Der rechte Arm, auf dem sie die ganze Zeit gelegen hatte, schmerzte höllisch. Auch alle anderen Glieder waren steif.
    »Was ist passiert?« fragte Gina, während sie Andrea half, sich langsam aufzurichten. »War er hier?« Natürlich! Wer sonst.
    »Ich muss zum Telefon«, sagte Andrea statt einer Antwort. Gina reichte Andrea ihr Handy. Die wählte Carmens Nummer. Ließ es klingeln. Wieder und wieder. Doch Carmen meldete sich nicht. »Verdammt«, fluchte Andrea. »Ich muss sofort hinfahren und nachsehen, was los ist.«
    »Aber – dein Arm . . . Willst du nicht zuerst ins Krankenhaus?«
    »Keine Zeit.« Andrea hinkte mit schmerzverzerrtem Gesicht zur Tür.
    Gina begriff nicht, aber sie sah, dass Andrea jetzt nicht aufzuhalten war. Schnell ging sie ihr nach und unterstützte sie mit einem Griff unter ihren gesunden Arm. »Ich komme mit. Unterwegs erzählst du mir, was passiert ist.«
    Sie führte Andrea zu dem Seiteneingang, durch den sie hereingekommen war. »Wir gehen zu meinem Wagen. Du kannst ja ohnehin nicht mehr fahren.«
    Andrea nickte mühsam. Im Auto nannte sie Gina die Adresse ihrer Schwester.
    »Kenne ich, liegt gleich beim Studio um die Ecke«, sagte Gina.
    »Ich weiß.« Andrea versuchte sich während der Fahrt etwas zu beruhigen. Es gelang nur mäßig. Ihre Sorge um Carmen war groß. Zumindest hatte sie ihre Aufregung aber soweit im Griff, dass sie Gina fragen konnte: »Wie kommst du eigentlich hierher? Ich meine . . . warum? Du sagtest doch . . .«
    »Entschuldige«, bat Gina zerknirscht. »Ich war so gekränkt. Da habe ich nicht darüber nachgedacht, was ich sagte. Im Nachhinein wurde mir klar, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat.« Bereits kurz nach ihrem Wutausbruch gegen Andrea hatte sie ihn schon wieder bereut. »Deine Adresse stand im Antragsformular. Ich fuhr zu dir nach Hause, weil du nicht ans Telefon gingst. Ich befürchtete, es könnte etwas passiert sein. Als du nicht aufmachtest, klingelte ich deine Nachbarin aus dem Schlaf. Es gelang mir, sie zu überreden, bei dir nachzusehen. Sie kam unverrichteter Dinge zurück und erzählte, bei dir rühre sich nichts. Ich begann mir Sorgen zu machen. Du gingst auch nicht ans Handy. Ich war ratlos und wusste mir nicht anders zu helfen, als zu dir ins Büro zu fahren. Ich fand den offenen Seiteneingang. Valentin muss ihn geöffnet haben, um ins Gebäude zu kommen, und hat ihn Gott sei Dank nicht wieder verschlossen, als er ging. Als erstes fand ich den

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