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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Kopfschmerzen. Heftige Boxhiebe gegen das Innere seines Schädels.
    Die Magenschmerzen nahmen zu, ihm wurde übel.
    Scheiße. Verdammte Scheiße.
    Das Bullenmädel kam näher. Sie war groß und blond. Die Hände in den Gürtel eingehakt: machte einen auf entspannt. Jorge erkannte ein Halfter.
    Mist.
    Das Mädel ging auf die Fahrertür zu. Klopfte gegen die Scheibe. Jorge ließ sie herunter. Wie langsam konnte man eine Autofensterscheibe herunterlassen?
    Er schaute stur geradeaus.
    Tausend Gedanken in seinem Kopf.
    Keine gute Idee, irgendwelche Tricks anzuwenden. Keine gute Idee, allein den Gedanken zu denken.
    Er allerdings: immer noch schnell. Er wurde Ausreißer genannt,
for a reason
.
    Draußen vor dem Wagen sah er die verschlissenen Fassaden im Malmväg. Die Haustüren – alle gleich. Die Verbindungsgänge unter den Gebäuden, die Innenhöfe, die Kellerräume. Nur die Graffitis waren unterschiedlich.
    Hier kannte er sich aus.
    Hier kannte er sich besser aus, als Michael Scofield sich in
Prison Break
zurechtgefunden hatte.
    Das Bullenmädel steckte den Kopf herein. »Würden Sie bitte kurz aussteigen.«
    Jorge reagierte unmittelbar. Er drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Der Wagen machte einen Satz. Der V8 heulte auf. Dreihundert Pferdestärken in vollem Gange.
    Das Bullenmädel rief ihm etwas hinterher. Jorge reagierte nicht.
    Mahmud schrie: »Fahr, zum Teufel, fahr!«
    Jorge bog rechts ab, riss regelrecht am Steuer. Sein Körper knallte fast gegen die Innenseite der Tür.
    Er sah, wie die Bullenkarre das Blaulicht einschaltete. Hörte die Sirenen.
    Er gab Gas.
    Mit neunzig Sachen in der Stunde über den Malmväg. Die Bullenkarre hundert Meter hinter ihm.
    Er überlegte in Überschallgeschwindigkeit. Hatte vor, in eine der Fußgängerzonen einzubiegen. Zugleich: Auch wenn es ihnen gelänge, die Waffe irgendwie loszuwerden, würden die verdammten Bullen trotzdem versuchen, sie wegen grober Fahrlässigkeit im Straßenverkehr dranzukriegen.
    Er fuhr weiter geradeaus. Ging
all in
.
    Superkrasses Abbiegemanöver in den Bagarbyväg. Er reduzierte die Geschwindigkeit nicht mehr als notwendig.
    Mahmud brüllte etwas. »Ich werf die Gun raus.«
    Jorge sagte: »Tu das nicht«.
    Sie bogen erneut ab. Ins Villengebiet. Jorge hatte als Kind so viele Äpfel hier geklaut, dass er damit ’ne Cidrekelterei hätte aufziehen können. Er kannte sich in diesen Straßen aus. Fand sich besser zurecht als Andy Dufresne in
Die Verurteilten
.
    Ein Stück entfernt: zwei Querstraßen, die abzweigten. Perfekt. Wenn sie eine von beiden nahmen, würden die Bullen keine Ahnung haben, welche. Sie würden ihn nicht mehr sehen können – vorausgesetzt, sie schafften es um die Kurve. Alles, was sie brauchten: Sie mussten anhalten können und die Tasche mit der Gun rauswerfen.
    Mussten irgendwie das heiße Eisen loswerden.
    Es durfte noch nicht das Ende sein.

11
    Seit einigen Wochen im Knast. Als Aufseher.
    Offiziell war Hägerström vom Polizeidienst suspendiert worden.
    Inoffiziell war er Informant.
    Offiziell hatte er einen Job als Bediensteter im Strafvollzug in der Anstalt von Salberga bekommen. Inoffiziell lautete sein neuer Auftrag: UC -Agent vor Ort.
    Seine Mutter Lottie sagte nicht viel dazu, aber er wusste, dass sie sich Sorgen darüber machte, dass er als Polizist aufhören musste.
     
    Martin Hägerström wusste bereits einiges über das Leben im Knast. Er hatte Erhebungen zum Anstaltsleben gelesen, Analysen des Strafvollzugs zu den Lebensumständen und Problemen der Insassen studiert sowie Torsfjälls eigene Berichte mit Insiderinformationen eingesehen. Obwohl die Wirklichkeit anders aussah. Die Theorien und einstudierten Methoden verschwanden regelrecht im realen Alltag. Die Sicherheitsvorkehrungen wirkten geradezu starr und bedeutungslos.
    Die Menschen hingegen waren wichtig. Jede Person stellte im Umgang eine persönliche Herausforderung dar. Jede Situation war eine kleine Theatervorführung. Doch Hägerström war ein Profi, das wusste er. Es kam ihm vor, als spiele er die ganze Zeit über eine Rolle.
    Eine Kollegin nahm sich seiner an. Esmeralda – ein Mädel mit mindestens zehn Ohrringen in jedem Ohr und muskulöseren Oberarmen als Madonna – klärte ihn darüber auf, wie die Dinge funktionierten. In jeder Kaffeepause plapperte sie drauflos und informierte ihn über das, was er ihrer Meinung nach wissen musste. Die Gerüchte, die kursierten. Die Hackordnung unter den Insassen. Was eigentlich genau passierte,

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