Lasse
Kaffee?«, fragt er auf Deutsch, als ob er entschieden hätte, dass diese Sprache besser zu mir passte oder das Gespräch auf Deutsch einfacher wäre.
»Gerne.«
Er hantierte mit dem Rücken zu mir mit der Kaffeemaschine herum, während ich nach Spuren von Moon suchte. Fotos am Kühlschrank, ein Kleidungsstück, irgendetwas, denn auf einmal kam es mir so vor, als ob sie gar nicht hier wohnte.
»Ich wollte eigentlich zu Moon.«
Paul Parker drehte sich zu mir um und kniff die Augen zusammen. »Das habe ich mir gedacht.«
»Wohnt sie ... überhaupt hier?«
Er stellte die Kaffeemaschine an, kam an den Tisch, setzte sich aber nicht. »Nicht mehr. Sie ist mit ihrer Mutter vor einer Woche ausgezogen. Ich löse die Wohnung gerade auf.«
Ich brauchte nicht zu fragen, warum. Die Affäre mit Nora.
»Und ... wo wohnt sie jetzt?«
Er schenkte zwei Becher mit Kaffee ein, reichte mir einen und setzte sich endlich. Er sah mich offen an und fuhr sich mit einer Hand erschöpft durch das Haar.
»Lasse ... ich verstehe dich. Ich finde meine Tochter auch großartig. Aber sie ist noch längst nicht erwachsen und leicht zu verführen. Vielleicht war ich in letzter Zeit kein besonders guter Vater, aber ich werde sie trotzdem immer beschützen. Du wirst daher verstehen, dass ich dir ihre neue Adresse unter keinen Umständen geben werde.«
»Wieso nicht? Ich will sie nur sehen, mit ihr reden.«
»Ach ja? So, wie du dich auf der Filmparty mit ihr unterhalten hast? Im Schlafzimmer?«
»Ich dachte sie wäre Noras Tochter ...«
»Ach, und dann wäre es okay gewesen, sie einfach mit nach oben zu nehmen?«
Das Gespräch lief nicht sehr gut. Vor allem musste ich das Thema weg von der Party bei Nora bringen.
»Nun, wir waren ...«
»Wir?«, unterbrach er mich. »Da gibt es kein wir . Moon ist fast noch ein Kind. Sie geht zur Schule, sie hat absolut nichts mit dem Filmgeschäft zu tun, während du ... soll ich dir die Geschichten noch mal aufzählen, die über dich kursieren? Oder dir die Bilder im Internet zeigen?«
»Hat sie ...«
»Nein. Ich habe das W-Lan abgestellt und sie hat kein Smartphone. Außerdem hatten wir hier andere Probleme. Zum Glück sind Ferien.« Er beugte sich über den Tisch.
»Vergiss die Sache, vergiss sie. Glaub mir, du hast mehr Schaden angerichtet, als du dir vorstellen kannst. Du wirst verstehen, dass sie dich nicht mehr sehen will.«
Ich schluckte. »Hat sie das gesagt?«
Er zuckte leicht mit den Schultern und lehnte sich zurück.
Ich war nach München gefahren, um Klarheit in mein Leben zu bringen und vielleicht war es genau das, was ich hier fand. Gerion wollte mich nicht mehr sehen, Moon wollte mich nicht mehr sehen. Es war überdeutlich, ich musste es nur noch begreifen.
Eine Stunde später saß ich in einer kleinen Kneipe in der Isarvorstadt und betrank mich. Ich hatte es nicht unbedingt vorgehabt, aber nach dem zweiten Bier auf leeren Magen war es ein Fakt. Ich drückte zweimal den Anruf meiner Mutter weg und überlegte, was ich jetzt tun wollte. Im Olympic , das ganz in der Nähe war, gab es kein Zimmer mehr, aber die Vorstellung, mich gleich wieder auf den Zug zu setzen, deprimierte mich noch mehr. Gab es niemanden, mit dem ich sprechen konnte und der mir sagte, was eigentlich los war? Ich scrollte durch mein Adressverzeichnis. Wen kannte ich in München? Agnes . Ich wählte ihre Nummer und wusste gleichzeitig, dass die Dinge dadurch auf keinen Fall besser, aber vermutlich sehr viel schlechter werden würden. Das alte Muster . Sie nahm den Anruf sofort an, als hätte sie ihr iPhone in der Hand gehabt, was ich mir gut vorstellen konnte, da sie es kaum eine Sekunde weglegte.
»Lasse?«
Natürlich ich, sie hatte meinen Namen samt Foto in ihrem iPhone eingespeichert.
»Schön, dass du anrufst.«
Okay, ich war betrunken. Und ich war einsam und verletzt. Und falls das als Ausrede oder Entschuldigung nicht ausreicht: Ich war am Boden zerstört.
Kurze Zeit später saß ich im Taxi auf dem Weg zu Agnes' kleiner Zwei-Zimmer-Eigentumswohnung, die ihr ihre Eltern in Schwabing gekauft hatten. Ich hatte noch nicht einmal vor, bei ihr zu übernachten, eigentlich wollte ich nur Bestätigung und an einem nicht öffentlichen Ort sein, wo niemand Fotos von mir schießen konnte, wenn ich mich betrunken daneben benahm. Doch schon als ich das Appartementhaus betrat und mir ein winziger Hund entgegen kläffte, wusste ich, dass ich einen riesigen Fehler beging. Aber kam es noch auf einen Fehler an?
Als ich am
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