Lassie bei den Rangers - Schneestürme
Zweifel waren die
Hunde hier über den Vorsprung gekommen. Sicherlich hatten sie die Straße
gesucht. Und bis dahin war es ja gar nicht mehr weit.
Die Männer
schwärmten aus und arbeiteten sich in gefächerter Formation schräg den Hang
hinunter.
Wieder
vergingen Minuten. Auf einmal hallte ein lang gezogenes Heulen durch die
verschneite Stille. Die Sucher fuhren herum — und da wurde es wieder still.
Niemand vermochte mit Sicherheit zu sagen, aus welcher Richtung der Ruf
gekommen war.
Die Männer
blieben lautlos stehen. Würde das Heulen noch einmal ertönen? Doch so
angestrengt sie auch lauschten, sie vernahmen nichts als das Rauschen des
Windes und das Knarren gefrorener Äste.
Irgendwoher
erklang Motorengeräusch. Doch das Brummen kam nicht aus der Richtung, in der
sich der Motorschlitten befand. Corey knöpfte sich die Pelzhaube auf und schob
sie nach hinten. Dann kletterte er noch einmal auf den Vorsprung zurück. Dort
blieb er stehen und lauschte angestrengt.
Wieder
erklang das Heulen, begann ziemlich leise und stieg dann zu einem klagenden,
flehenden Rufen an. Allen, die es hörten, überlief ein Schauer.
Chinook!
Diesmal
wußte Corey genau, aus welcher Richtung das Heulen kam. Er winkte den
Gefährten.
„Dort!
Hinter uns!“
Gespannt
stapften sie los. Kaum hundert Meter vor der Stelle, wo Lassie im Schnee lag,
sprang der zottige Chinook ihnen entgegen.
Wenig später
beugte sich Corey über seine Hündin, die schon fast vollkommen eingeschneit
war. Liebevoll strich er ihr den Schnee vom Fell. Winselnd ließ sie es
geschehen, daß er ihr die Beine streichelte und ihren Herzschlag fühlte.
„Ich glaube
nicht, daß ihr etwas Schlimmes fehlt!“ jubelte der Ranger. „Aber wir müssen sie
so schnell wie möglich heimschaffen.“
Vorsichtig
hüllten sie sie in eine Decke und legten eine zweite Decke über sie. So
ungebärdig gab Chinook seiner Freude Ausdruck, daß er allen lästig fiel: Er
leckte Lassie den Kopf, sprang Corey an und drängte sich dem Nächsten gegen die
Beine. Dann plötzlich sprang er Parris auf die Schneeschuhe und ließ ihn in den
Schnee stolpern.
„Paß doch
auf, du ausgewachsenes Pferd“, schimpfte der junge Mann.
Pete funkte
die andern an.
„Wir haben
die Hunde gefunden und tragen Lassie zum Parkplatz. Ungefähr zwei Kilometer vor
der Einmündung werden wir die Straße erreichen.“
Sheriff
Briscoe ließ ihn kaum ausreden.
„Dr. Inman
kommt Ihnen mit seinem Kombiwagen entgegen“, rief er. „Wie geht es Lassie
denn?“
„Offenbar
ist alles in Ordnung“, war die beruhigende Antwort.
Die Männer
breiteten eine dritte Decke aus und legten Lassie darauf. Corey faßte die
hinteren Zipfel, während Pete und Parris die vorderen ergriffen. Chinook schien
überhaupt nicht müde zu sein, sondern sprang freudig voran,
Obwohl der
Erfolg sie alle beflügelte, fiel ihnen der Heimweg doch recht schwer. Corey
rutschte mit seinen Schneeschuhen immer wieder seitlich in Vertiefungen. Nach
einiger Zeit löste Pete ihn ab, doch auch er stolperte und geriet immer wieder
ins Rutschen.
„Absetzen“,
rief Parris.
Sacht legten
sie Lassie in den Schnee. Parris schlug sie auch noch in die untere Decke, hob sie
dann hoch und trug sie allein auf den Armen.
So ging es
besser. Die drei Männer lösten sich ab, weil keiner von ihnen es auf die Dauer
aushielt. Noch immer sprang der unermüdliche Chinook vor ihnen her.
„Das Vieh
ist einfach nicht umzubringen“, knurrte Corey.
„Wo war er
eigentlich, als wir das erste Mal in der Gegend waren?“ fragte Pete. „Etwa
zusammen mit Lassie eingeschneit?“
„Vermutlich“,
sagte Corey. „Als ich die Stelle erreichte, habe ich deutlich eine Mulde
gesehen, die ganz so aussah, als wäre Chinook gerade erst daraus aufgestanden.“
Halbwegs
mochten sie den Weg zur Straße zurückgelegt haben, als Jerry Wayne und drei
andere sie einholten. Einer nach dem andern half nun, Lassie zu tragen.
Kurz bevor
sie den letzten Hang erreichten, der zur Chaussee hinunterführte, legte Wayne
dem Ranger die Hand auf den Arm.
„Corey, wir
dürfen den Schnee-Zwillingen keinen Vorwurf machen“, sagte er nachdrücklich.
„Sie haben den Schaden gehabt — doch schuldig sind ungefähr hundertsiebzig
andere Leute!“
Corey
schwieg, aber Parris, der die Worte mitgehört hatte, nickte nachdrücklich.
Sollten die
Erlebnisse der vergangenen beiden Tage doch nicht vergeblich gewesen sein?
überlegte der Ranger. Das wäre ein Segen — obwohl er recht teuer
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